(Buchbesprechung) Internet für umsonst: Im Buch „Freie Netze. Freies Wissen“ fordern die Betreiber freier Funknetze Gratis-Internetzugänge für alle. Wie das funktioniert und welche Möglichkeiten Nutzer haben, Sofware und Inhalte zu verändern und weiterzuverbreiten, hat Markus Lang für uns nachgelesen.
Das Buch „Freie Netze. Freies Wissen“ lässt Vordenker wie Richard Stallman, Gründer der Free Software Foundation, und Lawrence Lessig zu Wort kommen. Lessig ist Schöpfer der Creative Commons Lizenz, mit der Rechteinhaber ihre Werke mit mehr Freiheiten ausstatten können: Statt unter der Voraussetzung “alle Rechte vorbehalten” zu veröffentlichen, können sie nun wählen, wer ihre Inhalte zu welchem Zweck weiterveröffentlichen darf.
Neben theoretischen Betrachtungen machen die Experten auch konkrete Vorschläge, wie man ihre Ideen in die Praxis umsetzen kann. Am Ende soll nämlich die österreichische Stadt Linz fit sein für ihre Rolle als europäische Kulturhauptstadt 2009. Dafür setzen sich die Herausgeber des Buches ein, der Rechtswissenschaftler Leonhard Dobusch und der Linzer Gemeinderat Christian Forsterleitner. Mitgeschrieben haben Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler. Die rund 300 Seiten bieten dem unerfahrenen Leser einen faszinierenden Einstieg in die freie Szene, dem Experten neue Anekdoten.
Freies Internet für alle
Das Besondere: Passend zur Thematik kann das Buch kostenlos unter www.freienetze.at heruntergeladen werden. Sämtliche Autoren und Autorinnen haben sich bereit erklärt, ihre Beiträge unter Creative Commons Lizenz zur Verfügung zu stellen. Damit ist einerseits das Recht verbunden, alle Texte dieses Bandes für nichtkommerzielle Zwecke (weiter-)zuverbreiten und zu nutzen, solange die Namen der Autoren genannt werden. Andererseits dürfen die Inhalte abgeändert werden, solange diese Änderungen wiederum kostenlos verfügbar sind.
Das schön gestaltete Buch widmet sich im ersten Kapitel dem Thema „Internet Grundversorgung“. An die Stelle kommerzieller Provider sollen freie Funknetze treten. Online sein zu können, soll zum Grundrecht für alle Bürger werden. Die Botschaft ist: Die digitale Spaltung der Gesellschaft in jene mit Laptop und Internetzugang und jene ohne kann überwunden werden. Linz soll sich diese Gedanken zu eigen machen, so dass 2009 allen Linzern der kostenlose Zugang zu einem drahtlosen Netzwerk möglich ist.
Software zur persönlichen Bearbeitung
Vehement setzt sich im nächsten Kapitel Lawrence Lessig, der Mitbegründer der „Creative Commons“ Initiative, gegen zu restriktive Urheberrechtsbestimmungen für immaterielle Güter ein. „Creative Commons“ gibt dem Benutzer die Möglichkeit, eine Lizenz zu wählen und dadurch mögliche juristische Hindernisse auszuschließen. Die wichtigste Bedingungen für eine Creative Commons Lizenz: Das Werk darf nicht kommerziell verwendet werden und der Autor muss genannt werden.
Einen faszinierenden Ausflug in Geschichte und Gegenwart der freien Software ermöglicht das Interview mit Richard Stallman, dem Gründer der Free Software Foundation sowie des GNU-Projektes. Dieses hat zum Ziel, eine vollständig frei benutz- und veränderbare Software zu entwickeln. Die Herausgeber führen mit anschaulichen Erklärungen und Schaubildern in das Thema ein, so dass jeder Leser verstehen kann, worum es der Bewegung geht und warum freie Software mehr sein kann als nur die kostenlose Alternative zu Apple und Microsoft. Dahinter steht nicht nur die Möglichkeit, gemeinsam bessere Technik zu entwickeln, sondern auch der Grundsatz anderen zu helfen. Die Ausführungen von Stallmann muten dabei beinahe religiös an.
Anschaulicher Einstieg in die freie Szene
Der gute Aufbau des Buches macht es dem Leser allgemein leicht, sich in das Thema einzulesen. Wenn es dann um Blogs, Wikis, Open Access und die Freiheit digitaler Kunst geht, ist das Bewusstsein für neue Herausforderungen bereits geschärft. Christoph Schultheis vom beliebten Bildblog, der die kleinen und großen Verfehlungen der Bildzeitung zum Thema macht, tritt als Kind der freien Bewegung auf. So steht das Bildblog unter einer Creative Commons Lizenz und Autoren wie Leser tragen dazu bei, ein finanziell unabhängiges Kritikinstrument zu kreieren.
Einfache Nutzer werden immer mehr zu citoyens, mündigen, aufgeklärten Bürgern, die selbst darüber bestimmen, was sie mit Büchern, Musik und Filmen machen wollen. Wenn einem dieser Gedanke sympathisch erscheint, sollte man das Buch lesen und gerne auch bearbeiten, vervielfältigen und weiter veröffentlichen.