In der Regierungskoalition herrscht weiter Uneinigkeit beim Thema Vorratsdatenspeicherung. Eine schnelle Einigung scheint trotz leichten Einlenkens von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger nicht in Sicht. Nun schaltet sich die EU-Kommission ein und verlangt eine Stellungnahme des Ministeriums zum Sachverhalt.
In der heutigen Innenministerkonferenz werden CDU/CSU und SPD versuchen, den Druck auf die FDP weiterhin zu erhöhen. Sie wollen dies erreichen, indem sie geschlossen für die Vorratsdatenspeicherung abstimmen. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hatte sich wiederholt gegen die von der Union geforderte sechsmonatige Speicherung sämtlicher Daten ausgesprochen, kürzlich aber dem Druck nachgegeben und eingeräumt, dass IP-Adressen für sieben Tage gespeichert werden könnten. Anlässlich dieses Rückzuges protestierte heute die Nichtregierungsorganisationen Campact gemeinsam mit dem Arbeitskreis (AK) Vorratsdatenspeicherung und ließen der Justizministerin über 57.000 Unterschriften gegen die Wiedereinführung des Gesetzes zukommen.
Nachdem das Bundesverfassungsgericht im März des vergangenen Jahres das damalige Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung als verfassungswidrig erklärt hatte, muss die Regierung nun eine Kompromisslösung in der neu entfachten Debatte finden. Der Druck auf die Koalition erhöht sich, da sich nun die EU-Kommission eingeschaltet hat, wie Focus Online unter Berufung auf einen Bericht der "Neuen Osnabrücker Zeitung" berichtet. Die Brüsseler Kommission sieht in der fehlenden Eingliederung des EU-Gesetzes in das nationale Recht einen Vertragsbruch und verlangte zunächst eine Stellungnahme des Bundesjustizministeriums.
Doch es ist unklar, inwiefern Deutschland dazu verpflichtet ist, den EU-Gesetzesbeschluss zu übernehmen. Schon zu Beginn des Jahres hatte beispielsweise die Neue Richtervereinigung in einem Schreiben an verschiedene Ministerien, Parteien und Ausschüsse des Bundestages darauf verwiesen, dass es laut des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union eine Möglichkeit gäbe, ein nationales Gesetz abweichend von den Forderungen der EU zu verabschieden. Bedingung dafür wäre, dass „dieses durch wichtige Gründe des Grundrechtsschutzes als Bestandteil unserer öffentlichen Ordnung gerechtfertigt und geboten ist“. Leutheusser-Schnarrenberger ließ zum Thema des Grundrechtsschutzes im Zusammenhang mit der Vorratsdatenspeicherung verlauten, dass die Freiheitsrechte der Bürger durch die Forderungen von sowohl EU als auch von Union und SPD in Gefahr seien.