Der Konflikt zwischen den Koalitionspartnern auf Bundesebene schwelt auf dem Feld der Innen- und Rechtspolitik schon seit längerem. Nun hat, folgt man aktuellen Presseberichten, die Bundesministerin der Justiz (FDP) einen Gesetzentwurf zur Ausgestaltung der Vorratsdatenspeicherung vorgelegt. Ein weiteres Mal droht ein Konflikt mit dem CSU-geführten Innenministerium.
Wenn in den aktuell laufenden parlamentarischen Beratungen um finanzielle Hilfen für den akut gefährdeten griechischen Staatshaushalt Differenzen nicht nur zwischen Regierung und Opposition, sondern zwischen CDU/CSU und FDP deutlich werden, so ist dieser Streitfall nur einer von mehreren Konfliktherden zwischen den regierungstragenden Parteien. Zündstoff droht auch auf einem Politikfeld, das neben der Wirtschafts-, Finanz- und Gesundheitspolitik in den vergangenen Tagen und Wochen zumindest in der medialen Wahrnehmung in den Hintergrund getreten war.
Der zwischen dem Innen- und dem Justizministerium umstrittene Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung trägt den offiziellen Titel „Gesetz zur Sicherung vorhandener Verkehrsdaten und Gewährleistung von Bestandsdatenauskünften im Internet“. Jedoch ist nicht nur die Bezeichnung des Vorhabens sperrig, auch inhaltlich sind bei der vom höchsten deutschen Gericht angeordneten Neuregelung noch nicht alle Hürden genommen. Der jüngste Entwurf aus Sabine Leutheuser-Schnarrenbergers Ministerium (FDP) berücksichtigt, so berichtet Welt-Online es heute morgen, die Vorgaben des Karlsruher Urteils und soll für eine Begrenzung der Menge an gespeicherten Daten sorgen.
Die technische Grundlage von Leutheuser-Schnarrenbergers Plan ist das sogenannte „Quick-Freeze-Verfahren“, mit dessen Hilfe die bei den Service-Providern ohnehin gespeicherten Daten „eingefroren“ werden und den Sicherheitsbehörden zur Bekämpfung schwerer Straftaten nutzbar gemacht werden sollen. Vertreter der Unionsparteien, die das von der FDP favorisierte Quick-Freeze-Verfahren ablehnen und den Strafverfolgungsbehörden die Speicherung von Verbindungsdaten am liebsten für einen Zeitraum von sechs Monaten ohne konkreten Anlass ermöglichen würden, hatten in den vergangenen Wochen zwar Kompromissbereitschaft signalisiert, jedoch nur in der Frage der Speicherdauer. So hatte Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier laut Presseberichten jüngst eine Speicherfrist von drei statt sechs Monaten als Kompromissvorschlag in die Diskussion eingebracht.
Bereits in den vergangenen Tagen und Wochen hatten sowohl Gegner als auch Befürworter in der Debatte ihr Terrain mit deutlichen Worten abgesteckt. So nannte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich die Gegner der Vorratsdatenspeicherung „linksliberale Fundamentalisten“. Lasse Becker, Bundesvorsitzender der Jungen Liberalen, grenzte sich daraufhin in Anspielung auf Friedrichs Äußerungen von „konservativen Verfassungsgegnern“ ab.
Die gesetzliche Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung war nötig geworden, nachdem sich das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe im März 2010 zwar nicht grundsätzlich gegen das Instrument der Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen hatte, die konkrete Ausgestaltung der damals gültigen Gesetze zur Vorratsdatenspeicherung im Zuge einer Sammelklage jedoch für verfassungswidrig erklärt hatte.