Müssen Kinder vor Internet-Inhalten geschützt werden? Welche Rolle spielten Facebook und Co in Tunesien und Ägypten? Wie kann Partizipation online gestärkt werden? Diese und andere Fragen wurden am Wochenende beim Politcamp in Bonn von Polit-Profis, Aktivisten und Interessierten diskutiert.
Über 300 Teilnehmer trafen sich am 4. und 5. Juni in der ehemaligen Bundeshauptstadt, um aktuelle Fragen aus der Schnittmenge von Politik und Internet zu diskutieren. Während vormittags im alten Wasserwerk zuvor festgelegte Sessions stattfanden, konnten im Barcamp am Nachmittag in den Räumen der Deutschen Welle spontan eigene Vorschläge für Themen- und Diskussionsrunden eingereicht werden. Neben dem Schwerpunkt des Kinder- und Jugendschutzes bzw. der Medienkompetenz wurden verstärkt die Geschehnisse in Nordafrika und im Nahen Osten sowie die Möglichkeiten und Grenzen der E-Partizipation, sei es im Rahmen der Internet-Enquete oder in der Interaktion zwischen Parteien und Bürgern, diskutiert.
Die Referenten- und Diskutantenrunden war gemischt besetzt: Neben Politikern, Netzaktivisten und IT-Experten fanden sich auch Teilnehmende aus der Jugendarbeit, von der NRW-Landeszentrale für Politische Bildung, außerdem Wissenschaftler und Journalisten sowie aktive Partei-Mitglieder.
Auffällig war, dass in den Diskussionen die Bedeutung der digitalen Kommunikation wesentlich nüchterner als bei anderen Veranstaltungen und in vielen Medienberichten der vergangenen Zeit beurteilt wurde.
In der Betrachtung der Entwicklungen im Nahen Osten und Nordafrika etwa herrschte überwiegend die Meinung, dass Twitter und Facebook zwar bei der anfänglichen Organisation der Proteste eine wichtige Rolle spielten, insgesamt aber von untergeordneter Bedeutung waren. Bei der Rückschau auf die Landtagswahlen 2011 betonten Politiker die größere Relevanz des Offline-Wahlkampfes – eine These, die von wissenschaftlicher Seite durch empirische Erhebungen gestützt wurde.
Und auch die bisherige Bürgerbeteiligung bei der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ des Bundestages zeigt, dass die Bereitstellung digitaler Partizipations- und Informationswerkzeuge allein nicht ausreichend ist.
Gerade angesichts der teilweise verbreiteten Ansicht, viele der Themen seien schon in den vergangenen Jahren besprochen worden, herrscht kein Grund zur Euphorie. Das Politcamp bot jedoch Anlass, den nach wie vor vorhandenen Handlungsbedarf zu betonen. Dazu können und sollten Veranstaltungen dieser Art auch in Zukunft beitragen.