Im Jahr 2010 berichteten die sechs wichtigsten Nachrichtensendungen des deutschen Fernsehens insgesamt über 20 Stunden (1243 Minuten) über die Finanzkrise in der Europäischen Union ("Eurokrise"). Dies geht aus der Jahresbilanz des InfoMonitors des IFEM-Instituts, Köln, hervor.
An zweiter und dritter Stelle der Topthemen-Liste folgen der Krieg in Afghanistan (bereits in den beiden Vorjahren unter den Topthemen) mit fast 19 Stunden (1125 Minuten) und die Fußball-WM in Südafrika mit knapp 17 Stunden (1009 Minuten). Mit einigem Abstand platzierte sich auf Platz 4 das Thema Winterwetter/Verkehrsprobleme (739 Minuten) vor dem Erdbeben in Haiti (612 Minuten) und dem Regierungswechsel in Nordrhein-Westfalen (582 Minuten). Weitere Themen unter den Top-10 waren: die Debatte über Atomkraft und Energiepolitik, Skandal um Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche und anderen Institutionen, Ölpest im Golf von Mexiko und der Rücktritt von Bundespräsident Horst Köhler mit der folgenden Neuwahl des Bundespräsidenten.
Untersuchungszeitraum: 1.01.-31.12.2010
Untersuchte Sendungen: Tagesschau 20 Uhr; heute 19 Uhr; RTL aktuell; Sat.1 Nachrichten; Tagesthemen; heute-journal.
Quelle: IFEM, Köln.
Grafik: politik-digital.de
Unterschiede zwischen den untersuchten Sendungen zeigen sich bereits bei der Gewichtung der ersten Themen der Top-10-Liste: Während die Nachrichten von ARD und ZDF ("Tagesschau", "heute", "Tagesthemen", "heute-journal") die Eurokrise auf Platz 1 oder 2 setzten, war sowohl bei "RTL aktuell" als auch den "Sat.1 Nachrichten" die Fußball-WM das am meisten beachtete Thema, während die Eurokrise lediglich Rang 5 erreichte. Bei den Privaten rangierten das Winterwetter/Verkehrsprobleme sowie das Unglück bei der Love Parade in Duisburg deutlich höher als bei den öffentlich-rechtlichen Nachrichten, während bei ARD und ZDF u.a. der Machtwechsel in NRW, das Thema Kindesmissbrauch, die Kontroverse um das Projekt Stuttgart 21 oder auch Auslandsthemen wie die Überschwemmungen in Pakistan deutlich mehr Sendezeit erhielten. Die Nachrichtenmagazine setzten ihre längere Sendedauer zur vertiefenden Berichterstattung vor allem über politische Themen ein. Über die Themen Eurokrise und Afghanistan berichteten "Tagesthemen" und "heute-journal" zusammengenommen jeweils zwischen zehn und elf Stunden.
Umfang der wichtigsten Themenbereiche im monatlichen Vergleich
Die Berichterstattung im Themenbereich Politik zeigt im Vergleich über die Monate des Jahres hinweg ein klares Profil der Sendungen: Die Politikmagazine "Tagesthemen" und "heute-journal" weisen regelmäßig den größten Umfang (Sendedauer) an Politikberichterstattung auf, "Tagesschau" und "heute" liegen deutlich vor den Hauptnachrichten von RTL und Sat.1. Der "Einbruch" der Politik im Sommer erklärt sich vor allem durch außergewöhnlich hohe Aufmerksamkeit für nicht-politische Topthemen im Juli und August (Fußball-WM, Loveparade-Unglück, Überschwemmungen).
Untersuchungszeitraum: 1.01.-31.12.2010
Untersuchte Sendungen: Tagesschau 20 Uhr; heute 19 Uhr; RTL aktuell; Sat.1 Nachrichten; Tagesthemen; heute-journal.
Quelle: IFEM, Köln.
Grafik: politik-digital.de
Die Wirtschaftsberichterstattung zeigt im Jahresverlauf größere Schwankungen. Zu bedenken ist hierbei, dass das Thema "Eurokrise" (beispielsweise die Krise wegen des drohenden Staatsbankrotts in Griechenland im Frühjahr) zum größten Teil als politisches Thema eingeordnet wurde, da es intensive politische Debatten in der EU und den Mitgliedstaaten auslöste. Im Juni ist ein deutlicher Effekt der Fußball-WM und anderer Ereignisse zu erkennen. Wie auch bei der Politikberichterstattung ist der Umfang der Wirtschaftsberichterstattung bei den Nachrichtenmagazinen durchgängig höher als bei den Hauptnachrichtensendungen. Unter den Letzteren sind die Profile nicht so eindeutig unterscheidbar wie bei den Politikthemen.
Untersuchungszeitraum: 1.01.-31.12.2010
Untersuchte Sendungen: Tagesschau 20 Uhr; heute 19 Uhr; RTL aktuell; Sat.1 Nachrichten; Tagesthemen; heute-journal.
Quelle: IFEM, Köln.
Grafik: politik-digital.de
Bei der Sportberichterstattung tritt die Fußball-WM in Südafrika als Buckel in den Verlaufslinien im Juni/Juli deutlich zutage. "RTL aktuell" weist darüber hinaus das ganze Jahr über mit Abstand den größten Umfang an Sportberichten auf, gefolgt von "Tagesthemen" und "heute".
Untersuchungszeitraum: 1.01.-31.12.2010
Untersuchte Sendungen: Tagesschau 20 Uhr; heute 19 Uhr; RTL aktuell; Sat.1 Nachrichten; Tagesthemen; heute-journal.
Quelle: IFEM, Köln.
Grafik: politik-digital.de
Beim Themenbereich Human Interest/Alltag/Buntes liegen "RTL aktuell" und "Sat.1 Nachrichten" über das gesamte Jahr an der Spitze. Im Sommer macht sich erneut die Fußball-WM mit diversen bunten Themen am Rande des Sports bemerkbar, im Dezember vor allem weihnachtliche und winterliche Themen. "Tagesschau" und "heute" weisen den geringsten Umfang an "bunter" Berichterstattung auf.
Untersuchungszeitraum: 1.01.-31.12.2010
Untersuchte Sendungen: Tagesschau 20 Uhr; heute 19 Uhr; RTL aktuell; Sat.1 Nachrichten; Tagesthemen; heute-journal.
Quelle: IFEM, Köln.
Grafik: politik-digital.de
Die monatlichen Verlaufskurven für den Themenbereich Unfall/Katastrophe sind für alle Sendungen eindeutig geprägt durch zwei besondere Ereignisse: das Erdbeben in Haiti im Januar und die Überschwemmungen in Pakistan und Mitteleuropa im August. Der leichte Anstieg im Oktober ist vor allem durch die dramatische Rettung verschütteter Bergleute in Chile zu erklären.
Untersuchungszeitraum: 1.01.-31.12.2010
Untersuchte Sendungen: Tagesschau 20 Uhr; heute 19 Uhr; RTL aktuell; Sat.1 Nachrichten; Tagesthemen; heute-journal.
Quelle: IFEM, Köln.
Grafik: politik-digital.de
Die unterschiedlichen Profile der Nachrichtensendungen werden auch beim Vergleich der durchschnittlichen Anteile der Themenbereiche auf das ganze Jahr bezogen deutlich. Bei den Sendungen von ARD und ZDF dominiert eindeutig die Politikberichterstattung. Die "Tagesschau" kam auf einen durchschnittlichen Politikanteil von 48 Prozent (entspricht 7 Minuten pro Ausgabe), bei "heute" betrug er 38 Prozent (7 Minuten), "Tagesthemen" und "heute-journal" kamen auf 41 bzw. 44 Prozent (10 bzw. 11 Minuten). Diese Werte liegen auf dem gleichen Niveau wie im Vorjahr und belegen damit eine Stabilität der Politikanteile.
Bei "RTL aktuell" und "Sat.1 Nachrichten" sind die Politikanteile geringer, dafür nehmen Themen aus den Bereichen Human Interest/Alltag/Buntes, Kriminalität sowie Unfall/Katastrophe erheblich mehr Raum ein als bei den Nachrichten von ARD und ZDF. Bei "RTL aktuell" erreicht der Sport fast den gleichen Anteil wie die Politik.
Untersuchungszeitraum: 1.01.-31.12.2010
Untersuchte Sendungen: Tagesschau (20 Uhr); heute (19 Uhr); RTL aktuell; Sat.1 Nachrichten; Tagesthemen; heute-journal.
Quelle: IFEM, Köln.
Grafik: politik-digital.de
Untersuchungszeitraum: 1.01.-31.12.2010
Untersuchte Sendungen: Tagesschau (20 Uhr); heute (19 Uhr); RTL aktuell; Sat.1 Nachrichten; Tagesthemen; heute-journal.
Quelle: IFEM, Köln.
Grafik: politik-digital.de
Parteienpräsenz und Politikerauftritte in den Fernsehnachrichten
Lag im Jahr 2009 die SPD noch weitgehend gleichauf mit der CDU, was die Zahl der Auftritte ihrer Politiker in den Fernsehnachrichten anbetrifft, spiegeln die Zahlen für 2010 den Machtwechsel seit der Bundestagswahl im September 2009 in eindeutiger Weise wider: Die CDU liegt 2010 in allen Monaten klar vor allen anderen Parteien. SPD und FDP wechseln sich an Position 2 ab, dahinter liegen CSU und Grüne in etwa auf einem Niveau (die Grünen mit steigender Tendenz in der zweiten Jahreshälfte), während die Linke in den meisten Monaten weniger Auftritte in den Nachrichten verzeichnet als die anderen Parteien.
Untersuchungszeitraum: 1.01.-31.12.2010
Untersuchte Sendungen: Tagesschau (20 Uhr); heute (19 Uhr); RTL aktuell; Sat.1 Nachrichten; Tagesthemen; heute-journal.
Quelle: IFEM, Köln.
Grafik: politik-digital.de
Das Ergebnis für die CDU wird wesentlich beeinflusst durch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die von allen Politikern mit Abstand am häufigsten in den Fernsehnachrichten auftrat. Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle liegt an zweiter Position, welches nicht nur durch seine Rolle als Außenminister und Vizekanzler zu erklären ist, sondern auch durch die intensive FDP-interne Debatte über seine Person zum Ende des Jahres. Auf den Plätzen 3 und 4 folgen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Auf den weiteren Plätzen der Top-20 finden sich vor allem Bundesminister aus dem Kabinett Merkel, aber auch die Oppositionspolitiker Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier (SPD), Renate Künast und Jürgen Trittin (Grüne) sowie Gregor Gysi (Linke). Der ehemalige niedersächsische Ministerpräsident und im Juni 2010 zum Bundespräsidenten gewählte Christian Wulff findet sich auf Rang 6.
Untersuchungszeitraum: 1.01.-31.12.2010
Untersuchte Sendungen: Tagesschau (20 Uhr); heute (19 Uhr); RTL aktuell; Sat.1 Nachrichten; Tagesthemen; heute-journal.
Quelle: IFEM, Köln.
Grafik: politik-digital.de
Länder in der Auslandsberichterstattung
Die USA waren auch 2010 erneut dasjenige Land, über das in den Fernsehnachrichten (mit Ausnahme Deutschlands) am häufigsten berichtet wurde. Mit einigem Abstand liegen Frankreich und Afghanistan auf den Plätzen 2 und 3. Griechenland (Finanzkrise), Südafrika (Fußball-WM) und Haiti (Erdbeben) sind Beispiele für Länder, über die in anderen Jahren weniger berichtet wurde, die aber 2010 aus unterschiedlichen Gründen ebenfalls Aufmerksamkeit auf sich zogen. Andere Länder tauchen entweder wegen großer politischer, nachbarschaftlicher und/oder wirtschaftlicher Bedeutung für Deutschland (etwa Russland, Schweiz, Großbritannien) oder wegen dauerhafter politischer Konflikte (Israel, Iran, Pakistan) regelmäßiger in dieser Rangliste auf.
Untersuchungszeitraum: 1.01.-31.12.2010
Untersuchte Sendungen: Tagesschau 20 Uhr; heute 19 Uhr; RTL aktuell; Sat.1 Nachrichten; Tagesthemen; heute-journal.
Quelle: IFEM, Köln.
Grafik: politik-digital.de