Als Volkspartei erhebt die CDU den Anspruch, die Interessen des Volkes zu vertreten. Im digitalen Zeitalter stellt sich damit zunehmend die Frage, wie Bürger ihre Interessen gegenüber der Partei auch online artikulieren und Politik aktiv mitgestalten können. politik-digital.de wirft einen Blick auf die E-Partizipationsversuche der Union auf Länderebene und was damit erreicht wurde.
Der Begriff "E-Partizipation" ist nicht trennscharf definiert, beschreibt aber im Allgemeinen die Interessenartikulation und politische Mitgestaltung von Bürgern durch digitale Kommunikationskanäle.
Diese Kanäle werden von den einzelnen CDU-Landesverbänden bisher sehr unterschiedlich genutzt. Während beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg oder Nordrhein-Westfalen weder für Mitglieder noch Nicht-Mitglieder E-Partizipationsmöglichkeiten bestehen, laufen in anderen Bundesländern wie Hessen, Sachsen und Schleswig-Holstein aktuelle Online-Debatten zur programmatischen Grundausrichtung der Partei. In Bremen und Niedersachsen gibt es bereits erste Ergebnisse.
Thüringen
Mit der Zukunftsdebatte "Thüringen 2020" hat die CDU Thüringen eine Initiative gestartet, die On- und Offline-Aktivitäten verzahnen soll. Mitglieder wie Nicht-Mitglieder der Partei können sich zu Konferenzen anmelden oder auf dem Portal in vorgegebenen Kategorien inhaltliche Vorschläge zur Ausrichtung der CDU Thüringen einreichen. Sowohl die Kommentare/Anregungen aus dem Forum als auch die Ergebnisse der Konferenzen sollen von der Partei online diskutiert werden. Geplant ist, dass sich ab 2011 auch Landespolitiker in die Online-Debatte einschalten, um ein zukunftsfähiges Programm zu erstellen.
Hessen
Ein ähnliche Programmdebatte wie in Thüringen wurde auch von der Hessen-CDU initiiert. Hier können alle interessierte Bürger thematische Vorschläge einreichen und Kommentare verfassen, die 2011 auf einem "Zukunftskongress" diskutiert werden sollen. Allerdings fällt die Beteiligung derzeit sehr verhalten aus.
Schleswig-Holstein
Auch in Schleswig-Holstein gibt es mit dem Portal "Bildungsland" ein vergleichbares, wenn auch monothematisches Konzept: Begleitend zu 15 Themenkonferenzen, die seit November 2010 im ganzen Bundesland stattfinden, können Parteimitglieder wie auch Nicht-Mitglieder im Forum ihre Auffassungen zur zukünftigen Bildungspolitik mitteilen. Spitzenpolitiker des Landes, wie zum Beispiel Christian v. Boetticher und Heike Franzen, wollen nach Angaben der CDU Schleswig-Holstein auch an der Diskussion teilnehmen. Die Beiträge der User sollen im Februar 2011 auf der Webseite des Landesverbands veröffentlicht und im Sommer 2011 in einer Kommission diskutiert werden.
Sachsen
Die CDU Sachsen erarbeitet seit September 2010 ein neues Grundsatzprogramm. Analog zu den Kommissionssitzungen hat der Landesverband ein Diskussionsforum eingerichtet, in dem parallel zu den Sitzungen die einzelnen Themen sukzessive für die Debatte freigeschaltet werden. Das Forum ist öffentlich, allerdings können derzeit nur CDU-Mitglieder zu den vorgegebenen Themen Stellung beziehen und sich untereinander austauschen. Im weiteren Verlauf soll noch ein Wiki erstellt werden, in dem dann ein erster Programmvorschlag öffentlich geändert bzw. umformuliert werden kann. Zudem können dann auch Nicht-Mitglieder an der Diskussion teilnehmen.
Rheinland-Pfalz
Auch in Rheinland-Pfalz, wo im März 2011 ein neuer Landtag gewählt wird, hatten die Christdemokraten für ein neues Zukunftsprogramm eine offene Plattform geschaltet, in dem alle interessierten Bürger Fragen und Beiträge posten konnten. Konkrete Fragen wurden nach Auskunft der Pressestelle direkt beantwortet. Nach Verabschiedung des Programmes sollen User, deren Vorschläge aufgegriffen oder diskutiert wurden, ein Feedback erhalten.
Saarland
Die Programmdebatte der CDU Saar ist, ähnlich wie in Thüringen, auf eine enge Verzahnung von Online- und Offline-Partizipation angelegt. Registrierte CDU-Mitglieder können in einem Forum die auf den Regionalkonferenzen geführten Diskussionen aufgreifen. Gegenüber politik-digital.de erklärte ein Pressesprecher der CDU Saar, dass vor allem die Möglichkeit, sich online zu den Themenabenden anzumelden, genutzt wurde. Da die Registrierung für www.programmdebatte.de zugleich die Nutzung des internen Bereichs der CDU-Saar-Homepage ermöglicht, erhoffen sich die Verantwortlichen eine langfristige digitale Anbindung der Parteimitglieder über die Programmdebatte hinaus.
Bremen
Die Bremer CDU hatte 2008 zur Diskussion eines neuen Grundsatzprogrammes ein Forum eingerichtet. Dort bestand die Möglichkeit, nach Registrierung auch als Nicht-Mitglied an Diskussionen teilzunehmen und eigene Themen zu setzen. Die Diskussionen fanden hauptsächlich unter den Mitgliedern, nicht aber mit der CDU-Spitze der Hansestadt statt. Nach Angaben der CDU Bremen wurden die im Forum geforderte Änderungen am Grundsatzprogramm vorgenommen, ein konkretes Beispiel konnte die Partei gegenüber politik-digital.de allerdings nicht vorlegen. Im Rahmen des Wahlkampfes zur Bürgerschaftswahl im Mai 2011 listet die Bremer CDU darüber hinaus die von Usern eingesandten und von der Partei übernommenen Sparvorschläge auf.
Niedersachsen
Die CDU Niedersachsen hat im vergangenen Jahr eine Mitglieder-Befragung durchgeführt, an der sich über 9.000 Christdemokraten beteiligten. Aus den Ergebnissen der Befragung sei ein Leitantrag für den Landesparteitag erarbeitet und verabschiedet worden, erklärte ein Pressesprecher. Wenn die Ergebnisse der Mitglieder-Befragung konsequent umgesetzt werden, könnte es sich allerdings um einen einmaligen Vorgang handeln: Nur 44 Prozent der Befragten waren der Ansicht, dass eine stärkere Mitgliederbeteiligung an Entscheidungen für die Volkspartei CDU zukünftig ein besonders wichtiges Thema sei.