Die von Bürgerreportern geschriebene südkoreanische Online-Zeitung OhmyNews hat sich nach ihrer Gründung 2000 schnell zu einem ernsthaften Konkurrenten der etablierten regierungsnahen Blätter entwickelt. Sie galt lange Zeit als Zukunftsmodell der Medien. Doch die Finanzkrise traf auch dieses Zeitungsportal. Zehn Jahre nach dem Launch kämpft OhmyNews nun ums Überleben.
Das Prinzip von OhmyNews basiert auf modernem Bürgerjournalismus: Hobby-Journalisten schreiben über ihre Beobachtungen, Erfahrungen und Erlebnisse, eine professionelle Redaktion überarbeitet die Berichte und stellt sie online. Gründer Oh Yeon-ho begann das Projekt mit vier Festangestellten und 727 Bürgerjournalisten, heute redigieren nach Ohs Angaben 70 Festangestellte die Beiträge von 70.000 Schreibern. Zwischenzeitlich schaffte es OhmyNews unter die Top Ten der koreanischen Medien.
Begünstigt wurde der Aufstieg der Online-Zeitung durch die hohe Affinität der Südkoreaner zum Internet – lange Jahre war Südkorea das Land mit den prozentual meisten Breitband-Anschlüssen.
OhmyNews prägte auch den Präsidenten-Wahlkampf 2002, aus dem der von ihr unterstützte Kandidat Roh Moo-hyun als Sieger hervorging. 2004 entstand ein internationaler Ableger, 2006 folgte eine japanische Ausgabe.
Klassische Medien unter staatlichem Einfluss
Dass der Journalist Oh Yeon-ho mit diesem Modell anfangs einen derart durchschlagenden Erfolg erzielen konnte, lag aber nicht nur an den vielen Autoren und der netzaffinen Leserschaft, sondern vor allem an der Medienlandschaft Südkoreas. Zwar herrscht in Südkorea offiziell Pressefreiheit, viele Massenmedien unterliegen dennoch dem Einfluss der Regierung.
So wird kritischen Journalisten oft die Akkreditierung zu staatlichen Pressekonferenzen verweigert, während linientreue Kollegen sich berechtigte Hoffnung auf Präsente, bevorzugte Behandlung und gut dotierte Posten in der Regierung machen können. Dementsprechend unkritisch ist oftmals die innenpolitische Berichterstattung im Lande.
Stagnation und Verluste
Zehn Jahre nach der Gründung allerdings steht OhmyNews kurz vor dem Aus. 2009 wurde das japanische Schwesterblatt eingestellt, 2010 die englischsprachige Seite in ein Forum über Graswurzel-Journalismus umgewandelt. Durch die Wirtschaftskrise, aber auch wegen der Konkurrenz durch andere Social-Media-Plattformen, schreibt OhmyNews mittlerweile Verluste.
Versuche, diese durch eine Kombination aus Werbung, freiwilliger Artikel-Honorierung und den Geldern aus einem Unterstützer-Kreis zu kompensieren, hatten bisher keinen nachhaltigen Erfolg. Und auch die täglichen Klicks erreichen nicht mehr die Spitzenwerte früherer Jahre. Dennoch: Im Schnitt greifen immer noch 2,5 Millionen User täglich auf die Seite zu.