Der Geschäftsordnungsausschuss des Deutschen Bundestags hat beschlossen, Tablet-PC´s und "ähnliche Geräte, die nicht aufgeklappt werden müssen", für die Verwendung im Plenarsaal des Parlaments zuzulassen. Die Benutzung von Mobiltelefonen und Laptops bleibt jedoch weiterhin untersagt. Andere Länder sind hier schon weiter, wie eine Umfrage von politik-digital.de zeigt.

Der Ausschuss musste sich mit dem Thema beschäftigen, nachdem der FDP-Abgeordnete Jimmy Schulz im Juni diesen Jahres ein I-Pad einen sogenannten Tablet-PC mit an das Rednerpult brachte. Einer der Bundestagspräsidenten hatte Schulz damals darauf hingewiesen, dass die Benutzung von Computern im Plenarsaal verboten sei. In der Tat gibt es Entscheidungen des Bundestages aus den Jahren 1995 und 2003, wonach das Telefonieren mit Mobiltelefonen und der Gebrauch von Laptops im Plenarsaal nicht gestattet sind.

Handys verboten

Nun ist es leicht nachvollziehbar, dass mehrere ins Mobiltelefon plappernde Abgeordnete einer konstruktiven Debatte nicht unbedingt zuträglich sind – von den unterschiedlichen Klingeltönen ganz zu schweigen. Warum aber das Lesen und Umblättern solch unhandlicher Zeitungsgrößen wie dem nordischen (z.B. FAZ) oder dem rheinischen Format (z.B. Oberbayerisches Volksblatt) für den Sitznachbarn angenehmer sein soll als Lüfter- und Tastaturgeräusche eines Laptops, bleibt unklar. Denn das, so war aus dem Ausschuss zu hören, sei einer der Hauptgründe für das weiterhin bestehende Verbot von Notebook-Computern.

Österreich ganz vorne

Ein Blick auf zwei Nachbarländer Deutschlands zeigt, dass diese schon einen Schritt weiter sind als der Deutsche Bundestag. So ist es nach Aussagen der Presseabteilung des Österreichischen Nationalrats in der Alpenrebublik sogar erwünscht, Notebooks zu verwenden. Die Abgeordneten könnten so "effektiver ihrer Arbeit nachgehen, Verhandlungsgegenstände nachlesen und E-Mails schreiben". Ein begrüßenswerter Nebeneffekt sei die überdurchschnittliche Anwesenheit während der Sitzungen. Auch im Schweizer Nationalratssaal ist alles erlaubt, d.h. die Benutzung von Mobiltelefonen (keine Gesprächskommunikation), Laptops und Smartphones stehen der Würde des Hohen Hauses nicht entgegen.

 

Jimmy Schulz und sein Tablet-PC
MdB Jimmy Schulz freut sich über den Beschluss
(Foto: FDP-Fraktion im Bundestag)

 

Eher praktische Gründe für ein Verbot von Laptops führt das House of Commons (Britsches Parlament) an: Nach Aussage der Pressestelle wäre eine Nutzung aufgrund der äußerst engen Platzverhältnisse und der fehlenden Steckdosen schwer möglich. Hier geht Tradition noch vor Moderne. Smartphones stellen allerdings auch in Westminster kein Problem dar.

Aufmerksamkeit leidet gelegentlich

Dass es auch in Deutschland anders gehen kann, zeigt die Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft". Wer eine Sitzung dieses Gremiums verfolgt stellt fest, dass kaum einer der 34 Mitglieder ohne Notebook, Tablet-PC oder Smartphone auskommt. Dass diese auch ausgiebig genutzt werden, zeigt sich an den Einträgen der Kommissionsmitglieder u.a. auf Facebook oder Blogs. Warum die Geräte hier und nicht im Plenarsaal genutzt werden dürfen, ist auch Mitgliedern der Kommission nicht ganz klar. "Wir haben es einfach gemacht", ist zu hören. Die gleiche Quelle berichtet allerdings auch von gelegentlichen Aufmerksamkeitsschwächen einiger elektronisch besonders aktiver Mitglieder.

Chance vertan

Die Entscheidung des Deutschen Bundestags bedeutet trotz dieses Schritts nach vorne jedoch auch zwei zurück. Der moderne Abgeordnete (und davon gibt es immer mehr) arbeitet elektronisch vernetzt und muss immer erreichbar sein. Kann er dies nicht, bleibt er eher einer Sitzung fern und arbeitet aus seinem Büro oder der Lobby. Das Parlamentsfernsehen wird ja schließlich auch dorthin übertragen. Kommt es zu einer wichtigen Abstimmung, springt er rüber in das Plenum, hebt die Hand und zieht sich wieder zurück. Der überwiegend leere Plenarsaal, über den sich auch Bundestagspräsident Norbert Lammert beklagt, ist ein deutliches Zeichen für diesen Umstand. Der Bundestag ist ein Arbeitsparlament und sollte die Zeichen der Zeit erkennen. Oder einmal in einem Technikmarkt vorbeischauen, denn laut klickende Tastaturen und rauschende Lüfter sind seit geraumer Zeit nicht mehr Up-to-date.

Unter Mitarbeit von Janek Reimann.

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