Die Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ sucht ein Tool für die Online-Bürgerbeteiligung und hat offenbar zwei im Blick: Adhocracy und Liquid Feedback. Eine Wunschliste an das neue System beschlossen die Abgeordneten und Sachverständigen auf jeden Fall schon.
(5. Sitzung der Internet-Enquete)
Das ePartizpations-System soll Fragen, Textvorschläge und Anträge auch von Nutzern öffentlich zur Diskussion stellen. Per Abstimmung sollen diese Beiträge dann gewichtet werden. Die Ergebnisse der Abstimmungen will die Enquete-Kommission dann als Wortmeldung oder Frage des „18. Sachverständigen“ (also der Online-Teilnehmer) nach einem vorher definierten Verfahren in ihre Diskussion einbringen. Außerdem muss das System laut Beschluss (siehe Anhang) eine große Menge Nutzer verkraften und einen weit reichenden Trollschutz haben – auch wenn das jetzige Forum auf der Bundestags-Microsite derzeit mit 312 registrierten Benutzern noch vergleichsweise wenig Beteiligung aufweist.
Was Adhocracy und Liquid Feedback können
Die Open-Source-Tools Adhocracy vom Liquid Democracy e.V. und das in der Piratenpartei eingesetzte Liquid Feedback erfüllen diese Anforderungen locker – je nach eingesetztem Funktionsumfang übererfüllen sie die Wünsche des Bundestages sogar. Beide Werkzeuge ermöglichen das kollektive Erarbeiten und Abstimmen von Vorschlägen. Mit Adhocracy ist sogar die gemeinsame Erarbeitung von Antragstexten nach dem Wiki-Prinzip möglich.
Würde die Enquete-Kommission eines der beiden Tools mit vollem Funktionsumfang einsetzen, wäre dies eines der bisher radikalsten Online-Beteiligungsverfahren an parlamentarischen Prozessen. Bis es soweit ist, wird jedoch noch einige Zeit vergehen – wenn es überhaupt so weit kommt. Zuerst einmal soll die Arbeitsgruppe Online der Enquete-Kommission in Abstimmung mit den Obleuten aller fünf Fraktionen ein System auswählen. Erste Einschränkungen sind bereits im heute angenommenen Beschluss formuliert: Der Administrations- und Betreuungsaufwand für das Sekretariat soll „überschaubar“ bleiben.
Formaler Hinweis: Im Bundestag gibt es fünf Fraktionen.
Danke für den Hinweis, der Text wurde entsprechend korrigiert.
Gruß
DR
http://www.echo.to und andere Software Projekte fehlen anscheinend noch in der Liste?
Ein breites Bild haben die Abgeordneten nicht von ihrem Gesprächthema. In Amerika und England gibt es auch einige Projekte, die sie sich anschauen sollten.
@Peter: Die Beispiele würden mich interessieren! Interessant finde ich ein Projekt aus Brasilien – da wird die Vorlage für ein Gesetz zur Netzregulierung mittels Online-Beteiligung entwickelt (http://culturadigital.br/marcocivil/). Unabhängig von der technischen Plattform bin ich skeptisch, was die Nutzungszahlen irgendeines Beteiligungsprojekts der Internet-Enquete angeht. Denn warum soll man hier mitdiskutieren? Damit als “Belohnung” irgendeine Frage im Plenum verlesen wird? Wieviel Kompetenz soll der “18. Sachverständige” bekommen?