Am 29. Mai war Anke Gröner von ankegroener.de
zu Gast in der Blogsprechstunde von politik-digital.de und den Blogpiloten.
Warum sie bei deutschen Filmen keine Gänsehaut bekommt, welche
Streifen ihr Leben prägten und wie sie die Blogger-Welt sieht,
steht im Chattranskript.

Moderator: Hallo und herzlich
willkommen zur Blogsprechstunde von politik-digital.de in Kooperation
mit den Blogpiloten. Heute ist Anke Gröner unser Gast. Auf
ihrem Blog
schreibt Sie über ihr Leben und immer wieder übers Kino.
Hier ist es jetzt 19.00 Uhr. Frau Gröner, können wir starten?Anke Gröner

Anke Gröner: Yep, gerne.

Moderator: Im Vorfeld haben wir unsere Nutzer schon Fragen stellen
und darüber abstimmen lassen. Die Fragen mit den meisten Stimmen
eröffnen heute den Chat. Die erste stellt gleich eine recht
provokante These auf:

sakra: Ich lese Blogs ganz gerne, mich stört
allerdings, wie ernst sich die Blogger-Szene nimmt. Blogs sind eher
wie die Witzseiten in Zeitungen, nett, schnell konsumierbar, aber
mehr eben nicht. Siehst du das anders?

Anke Gröner: Die Frage habe ich im Warteraum auch schon gelesen
und was Kleines vorbereitet. Ich sehe es teilweise anders. Ich persönlich
habe mit meinem Blog nicht den Anspruch, den Journalismus zu revolutionieren
oder Skandale aufzudecken; ich möchte einfach ein bisschen
vor mich hin plaudern, so wie ich mit Kollegen an der Kaffeemaschine
plaudere, während der Espresso durchläuft: Wie war’s im
Kino, hast du einen hübschen Link entdeckt, wie geht’s denn
so, wer hat „Deutschland sucht den Superstar" gewonnen
und so weiter.

Manche Blogs haben aber den Anspruch, eher journalistisch zu arbeiten
und auf Dinge hinzuweisen, die ihrer Meinung nach in den klassischen
Medien zu kurz kommen. Das Bildblog
zum Beispiel. Oder Stefan
Niggemeier
, der nicht müde wird, auf halbgares Zeug wie
9Live hinzuweisen. Oder Don
Alphonso
und Jörg-Olaf
Schäfers
, die StudiVZ auf den Zahn gefühlt haben.
Derartige Blogs sind für mich weitaus mehr als mal eben weggelesene
Witzseiten.

Aber ich glaube, das hängt auch mit der Neuigkeit des Mediums
zusammen. Wahrscheinlich gab es bei den ersten Zeitungen auch Diskussionen
wie „Du hast ja gar keine Leserbriefseite, du bist ja gar
keine richtige Zeitung.“ Oder beim Fernsehen: „Iiiihh,
du sendest ja jetzt in Farbe … wo bleibt die Glaubwürdigkeit?“
Und die Außenstehenden haben sich gewundert, warum die Jungs
sich so ernst nehmen.

Moderator: In der zweiten Frage geht’s ums Lieblingsthema Kino:

Edda: Wie viel Zeit verbringst du eigentlich im
Kino?

Anke Gröner: Längst nicht mehr so viel Zeit wie früher.
Heute warte ich eher ein paar Monate, bis die DVD raus ist, damit
ich den Film ohne nervige Tacoesser neben mir genießen kann.
Aber wenn du nach DVD-Zeit fragst: Meist gucke ich am Wochenende
vier bis sechs Filme. Manchmal auch eine Serienstaffel. Und manchmal
gehe ich lieber golfen oder lese ein gutes Buch. Kommt also immer
auf Lust und Laune an.

luise: Was bieten uns Kinofilme mehr als die privaten
Clips, die wir ins Internet laden können? Was wären wir
ohne das Kino?

Anke Gröner: Kino bietet durchgeplante Unterhaltung, während
die vielen kleinen Clips eher Situationskomik sind. Hat beides seine
Berechtigung, aber wenn ich zwei Stunden Zeit habe, leg ich doch
lieber eine DVD ein, anstatt auf YouTube herumzuklicken. Und ich
wäre ohne Kino: verdammt gelangweilt.

delayla: Dein Filmgeschmack ist ja eher Mainstream,
oder täuscht das? Zumindest hast du wenig alternative Filme,
die du besprichst. Gibt es dafür auch schon mal Kritik von
Kinofans?

Anke Gröner: (Das ist im Moment alles copy und paste, ich
kann nicht wirklich so schnell tippen 🙂 Mein Filmgeschmack ist
absoluter Mainstream, keine Frage. Ich warte noch auf den Tag, an
dem ich die Geduld für einen Fassbinderfilm aufbringe. Manchmal
gibt’s eine Beschwerdemail deswegen. Und meine Standardantwort:
Wenn du eine Besprechung über Film xyz lesen willst, dann schreib
sie selber. Mach ich ja auch.

martijn: Welches sind die Unterschiede zwischen
den Filmkritiken in Magazinen und denen auf deinem und auf anderen
Blogs?

Anke Gröner: Ich glaube, in richtigen Zeitschriften muss man
sich ein bisschen mehr Mühe geben. Was nicht heißt, dass
ich mir keine gebe.

Rainer: Stell dir vor, ein Filmmagazin klingelt
bei dir – würdest auch für die Kritiken schreiben? Oder
lieber umsonst weiter bloggen?

Anke Gröner: Es hat schon mal ein Magazin geklingelt und wollte
meine Kritiken. Die hätte aber vor Veröffentlichung ein
Redakteur absegnen müssen, und damit war die Idee tot. Das
ist ja das Schöne am eigenen Blog: Man kann machen, was man
will.

lolo: Was gehört für dich eigentlich
zum perfekten Kinobesuch?

Anke Gröner: Ruhe 🙂 Scharfgestelltes Bild, guter Ton, keine
Labernasen neben mir. Und ein Parkplatz vor der Kinotür.

Dr. Kubrick: Was ist dein schlechtester Film aller
Zeiten?

Anke Gröner: Da ich bis heute „Daniel, der Zauberer“
mit Herrn Küblböck noch nicht gesehen habe, nehme ich
„Raging Angels“ mit Sean Patrick Flanery. Der war schon
ganz schön scheiße.

Moderator: Sagt mir gar nichts… vielleicht eine kurze Erklärung:
Worum geht’s und warum ist der so schlecht?

Anke Gröner: Ich hab ihn auf einer verranzten Kassette auf
ebay ersteigert, weil Herr Flanery mitspielt und ich natürlich
in ihn verknallt war. Daher hab ich die Kassette auch noch nicht
weggeschmissen, ist eine Jugendsünde, sowas wird aufbewahrt.
Aber trotz Schnuckel hab ich das Ding nicht bis zum Schluss gucken
können. Ich weiß nicht mal mehr, worum es geht, wenn
ich ehrlich bin. Aber Alan Smithee [unter diesem Decknamen veröffentlichen
Regisseure ihre Filme, wenn sie sich davon distanzieren möchten,
Anm. d. Red.] hat Regie geführt. Ein Beweis für Qualität,
wie wir wissen.

lolo: Wie findest du eigentlich das deutsche Kino
inzwischen? Das hat ja meiner Meinung nach eine ansehnliche Entwicklung
durchgemacht, oder gibt es da ganz bestimmte Schwachstellen, die
dich nerven ?

Anke Gröner: Die Entwicklung sehe ich auch. Auch, dass es
netterweise nicht mehr nur Autorenkino oder „Stadtgespräch“
gibt. Eine persönlich empfundene Schwachstelle ist: Wir haben
keine Stars. Ich kenne kaum einen deutschen Schauspieler oder eine
Schauspielerin, für die ich verranzte Kassetten auf ebay ersteigern
würde. Und manchmal hab ich das Gefühl. dass das Mittelfeld
zwischen ausgebildetem Mimen und „Gute Zeiten schlechte Zeiten"
fehlt.

Moderator: Zustimmung gibt es von lolo:

lolo: Stimmt! Was macht denn einen Kinostar aus?

Anke Gröner: Charisma. Glaube ich. Dieses Strahlen von der
Leinwand runter, das Verzaubern des Publikums. Hört sich jetzt
esoterisch an, aber ich kriege Gänsehaut, wenn ich alte Leinwandgötter
wie Liz Taylor sehe. Kriege ich bei Katja Riemann nicht.

Moderator: Eine Nachfrage zum Thema Ruhe im Kino:

june: Die Erfindung der DVD ist für dich
also eine reine Segnung? Gibt es nicht auch Nachteile für die
Kinos?

Anke Gröner: Reine Segnung nicht. Gerade bei Komödien
fehlt mir schon dieses Gemeinschaftslachen. Aber ich lege inzwischen
eher Wert darauf, den Film in einer für mich perfekten Zeit
und Stimmung zu sehen und nicht, weil die UFA eben gerne um 20.00
Uhr anfangen möchte. Aber ich glaube, das Publikum hält
sich da die Waage. Die eine Hälfte will wie ich Ruhe, die gucken
dann DVD, und die anderen geht eben weiter ins Kino. Ich glaub nicht,
dass sich das groß in die Quere kommt.

HansFranz: Woher kommt deine Begeisterung fürs
Bewegtbild? Beruflich hast du eher nichts damit zu tun, oder?

Anke Gröner: Nee, ein 30-Sekünder im Werbeblock ist keine
Kunst, daher hab ich beruflich nichts damit zu tun. Ich bin schon
als Teenager (benutzt man das Wort eigentlich noch?) gerne ins Kino
gegangen, weil mir dort Geschichten erzählt wurde, die ich
selbst nicht erlebt habe. Ich lese wahnsinnig gerne, weil es da
auch Geschichten gibt. Aber Kino macht das ganze noch eine Ecke
größer: die Musik, die Menschen, Schnitte. Teilweise
ist Kino immer noch Eskapismus für mich. Woher das kommt, weiß
ich allerdings nicht.

jonathan: Was gefällt dir nicht an den Filmkritiken
anderer? Oder machst du deine eigenen Kritiken gar nicht, um es
besser zu machen, sondern um dir deine Gedanken von der Seele zu
reden?

Anke Gröner: Ja, manchmal merke ich erst während der
Kritik, wie mir ein Film eigentlich gefallen hat. Aber ich mag andere
Kritiken durchaus. Ich empfehle immer Anthony Lane vom New Yorker
oder Stephanie Zacharek von Salon.com. Und natürlich Roger
Ebert.

Moderator: Roger Ebert schreibt wo? (Entschuldigung, bin eher Banause
in der Richtung.)

Anke Gröner: In der Chicago Sun-Times. Er hat den Anfang einer
meiner Lieblingskritiken geschrieben, über „Battlefield
Earth”: „Battlefield Earth is like taking a bus trip
with someone who has needed a bath for a long time. It’s not merely
bad; it’s unpleasant in a hostile way.“

daniel: Filmmusik spielt ja auch eine starke Rolle
– was ist da dein Tipp zur besten Filmmusik ever?

Anke Gröner: Ha, mein erster Gedanke war „Yentl“.
Ich hab meine CDs gerade nicht im Blick, daher vergesse ich jetzt
garantiert alles, was mir am Herzen liegt. Mein Lieblingskomponist
ist Danny Elfman, ich mag aber auch den Bombast von John Williams.
Und so Larifarisoundtracks, wo alles drauf ist, wie „The Commitments“
oder „American Beauty“.

Troll: Neben Filmen scheinst du auch Musicals
zu mögen. Auf deinem Blog hast du zumindest über das Udo
Jürgens Musical geschrieben. Entspricht das deinem Musikgeschmack?

Anke Gröner: Ja, leider. Musik interessiert mich einfach nicht
mehr so, da bin ich stilistisch in der Pubertät oder bei der
Schallplattensammlung meiner Eltern hängengeblieben.

Moderator: Kommen wir mal zum Blog ankegroener.de:

rabiata: Warum schreibst du eigentlich ins Internet?
Reicht dir ein ganz normales Tagebuch nicht?

Anke Gröner: Ich habe mir anfangs keine großen Gedanken
darüber gemacht, wo ich schreibe. Und jetzt mache ich das schon
so lange, dass ich auch nicht mehr drüber nachdenke. Ich glaube,
im Tagebuch würden mir die Links fehlen. Und die Diskussionen
um die Blogkultur. Ich finde das Medium zwar nicht mehr ganz so
spannend wie anfangs, aber immer noch spannend genug, um es nicht
sein zu lassen.

Moderator: Die nächste Frage war fast unvermeidlich:

Schreiber: Wie fühlt man sich so als eine
der wenigen Frauen in den deutschen Blogcharts?

Anke Gröner: Einsam 🙂 Mir ist gar nicht aufgefallen, wie
wenig Frauen es inzwischen in den Top 100 gibt, ich habe das erst
beim Popkulturjunkie gelesen. Danach habe ich mal einige Kerle gefragt,
ob sie sich das erklären könnten. Meistens habe ich Antworten
gekriegt wie: Wir lesen euch schon, aber wir verlinken euch nicht,
weil es uns zu peinlich ist, zuzugeben, dass wir Mädchenkram
lesen.

Guppy: Warum gelingt es Themen aus Kleinbloggersdorf
so selten, in den „richtigen" Medien unterzukommen? Wer
sich mit der Materie auseinandersetzt, müsste doch wissen,
wie seriös zum Beispiel Bildblog arbeitet.

Anke Gröner: Ich glaube, es gibt noch zu wenige Blogs, um
wirklich große Aufmerksamkeit zu bekommen. Die Zugriffszahlen
vom Bildblog sind ja relativ außergewöhnlich. Alles andere
bewegt sich auf dem Niveau von Lokalblättchen, wenn überhaupt.
Daher fehlt, glaube ich, einfach die Masse, um schnell in den alten
Medien unterzukommen. Wenn es Dinge gibt wie die StudiVZ-Sache,
dauert es auch eine Woche, bis Spiegel Online es hat.

Moderator: Zur Verlinkung:

daniel: Da müssen dann wohl die Frauen unter
sich ausmachen, dass sie sich fleißig verlinken. Machst du
das?

Anke Gröner: Ich kenne meine Blogroll nicht auswendig, aber
ich ahne, dass da auch mehr Männer drauf sind als Frauen. Beim
Verlinken achte ich nicht drauf, wer etwas geschrieben hat, sondern
worum es geht. Und ich verlinke gerne Geschichten, Erzählungen,
Erlebtes. Das kommt eher von Frauen, denke ich. Nur leider nicht
so oft wie irgendein lustiges YouTube-Video.

tryster: Gibt’s eigentlich typische Männer-
und Frauenthemen für Weblogs?

Anke Gröner: Vor zehn Jahren war ich der Überzeugung,
Männer und Frauen können alle das gleiche und wollen alle
das gleiche und überhaupt sind wir alle gleich. Heute freue
ich mich über die Unterschiede (oder verfluche sie). Daher
glaube ich schon, dass es Themen gibt, für die sich eher Frauen
oder eher Männer interessieren. Ich will das jetzt nicht auf
Grillen gegen Schuhe kaufen oder andere Klischeebeispiele eingrenzen.
Aber ich denke schon, dass Technikblogs eher männliche Leser
haben und Tagebuchblogs eher weibliche.

rosarot: Deine Frage zur ersten Periode deiner
Leserinnen hat ja eine Menge Antworten und Teen-Geschichten ausgelöst
:-). Wolltest du das wirklich alles wissen oder war das mehr als
rhetorische Frage gedacht, mit der du ironisch auf Frauentalk in
weiblichen Blogs Bezug nehmen wolltest?

Anke Gröner: Ich wollte das wirklich wissen! Ich mag Themen,
zu denen Männer mal gar nichts sagen können 🙂 Ich wollte
damit keinesfalls den „Frauentalk“ auf weiblichen Blogs
auf die Schippe nehmen. Ich hab zwar auch am Anfang über die
Strickblogs gelästert, aber inzwischen bin ich der Meinung,
dass jeder über das schreiben sollte, worüber er oder
sie schreiben will. Und anscheinend gibt es ja auch zu jedem Thema
Leser, die sich dafür interessieren. Insofern: macht, was ihr
wollt. (Wobei ich immer noch nicht weiß, warum Seiten wie
Rate My Poo"
Leser haben. Aber das verstehe ich vielleicht auch erst in ein paar
Jahren.)

luna: Wie erklärst du dir, dass dein Blog
so erfolgreich geworden ist? Hättest du damit gerechnet?

Anke Gröner: Weiß ich nicht, ob man mein Blog als erfolgreich
bezeichnen kann. Und, nein, natürlich hab ich damit nicht gerechnet.
Wenn ich damit gerechnet hätte, hätte ich mir ein schickes
Pseudonym einfallen lassen.

Moderator: Kam es denn so überraschend, dass das Blog viele
Leser finden konnte und in den Blogcharts auftauchte?

Anke Gröner: Das hat sich ja über die Jahre (Oma erzählt
vom Krieg) entwickelt. Ich weiß bis heute nicht, warum Leute
mein Blog lesen. Ob das nur die Filmkritiken sind oder weil ich
manchmal so schön rumjammere oder weil ich mir neue Leserschichten
erschleiche, indem ich Trendsportarten erlerne, keine Ahnung. Was
mich überrascht hat, war, dass die Leserzahlen ungefähr
gleich geblieben sind, auch wenn die Kommentarfunktion aus ist.
Freut mich sehr, liebe Leserchen.

Moderator: Direkt dazu:

Troll: Warum hast du eigentlich die Kommentare
in deinem Blog ausgeschaltet?

Anke Gröner: Das habe ich schon mehrfach in meinem Blog erklärt
(wen’s interessiert, einfach mal die FAQ durchlesen). Die Kurzfassung:
Irgendwann war es mir zu anstrengend, mich eher um die Kommentare
zu kümmern als um den Rest meines Tages, und unter anderem
deswegen sind sie aus.

runkel: Wie ist die Resonanz, die du für
dein Blog bekommst? Gibt es auch Kritik?

Anke Gröner: Die Resonanz sehe ich ja indirekt am Counter,
und die gefällt mir gut. Und klar gibt es auch Kritik. Jetzt
allerdings nur noch per Mail. Sehr angenehm. Da muss man sich nicht
so oft rechtfertigen.

Steilzeit: Du bist ja auch schon ein wenig länger
im Internet dabei – hat sich die Blogosphäre verändert?

Anke Gröner: Sie ist auf jeden Fall größer geworden.
Und damit vielleicht etwas weniger kuschelig. Aber gleichzeitig
natürlich auch vielfältiger. Nee, Moment, das kuschelig
zieh ich zurück. Cliquenwirtschaft und Schulhofgekloppe gab
es schon immer. Aber jetzt verlinken eben nicht mehr drei, sondern
300 Blogs auf irgendeinen Schauplatz. Und schon kriegt alles eine
Bedeutung, die ein kleiner, hingerotzter Satz vielleicht gar nicht
haben wollte.

Sample: Du schreibst ja auch viel übers Bloggen
an sich – könntest du ohne dein Blog überhaupt noch leben?
Was ist so faszinierend daran?

Anke Gröner: Für mich persönlich ist es faszinierend,
dass ich über eine komische Webseite im Internet so viele spannende
Leute kennengelernt habe, wie ich es im Beruf oder auf Partys nie
geschafft hätte. Es haben sich berufliche und private Kontakte
ergeben, und das ist mich immer noch so faszinierend. Dass du jeden
Tag, wenn du Glück hast, eine neue Stimme lesen und entdecken
kannst. Und vielleicht irgendwann den Menschen dahinter. Ach so,
die Blogfrage: Ich könnte sicherlich ohne mein Blog leben.
Aber ich glaube schon, dass mir etwas fehlen würde. Etwas,
was mir in den letzten Jahren ziemlich ans Herz gewachsen ist.

StillesWasser: Wieviel Zeit verbringst du am Tag
damit, Blogs zu lesen? Welche liest du besonders gerne?

Anke Gröner: Kommt drauf an, wieviel ich zu tun habe :-).
Ist nicht mehr so viel wie früher, zwei, drei Stunden, schätze
ich. Was ich immer noch für verdammt viel halte. Und für
die Frage mit den Lieblingsblogs hab ich auch was zum copypasten:
Da Herr Schwenzel mich sein Lieblingsblog genannt hat, gebe ich
diesen Ritterschlag natürlich sofort zurück:
wirres.net
ist mein Lieblingsblog. Weitere meiner Lieblinge
finden sich in meiner Blogroll, unter anderem viele Frauen, die
zu Unrecht nicht (mehr) in den Top 100 sind. Franziskript,
Journelle,
Lu, Vorspeisenplatte,
Moni,
die Schwadroneuse,
Fragmente
und so weiter. Und natürlich liebe ich Knuts
Blog
, aber das darf ich nicht zugeben, weil es mir peinlich
ist, Eisbärenkram zu lesen.

Troll: Was hältst du denn eigentlich von
Weblog-Awards für Frauen, wie diese Blogine-Geschichte? Ich
hab die nicht ganz verfolgt, aber meinst du, sowas macht Sinn?

Anke Gröner: Ha, was für’n Spackenkram! Die Blogine war
ja bloß eine billige Werbenummer, und dass die so gefloppt
ist, finde ich persönlich sehr gut. Der Award hatte für
mich den fiesen Beigeschmack von „Jetzt wanzen wir uns mal
an was ran, von dem wir keine Ahnung haben“. Aber Awards wie
Grimme Online oder die BOBs [Best of Blog Awards, Anm. d. Red.]
finde ich spannend. Bei den Bloggie Awards hab ich mir die Sieger
auch mal angeguckt, bin aber außer bei dooce.com
nirgends hängengeblieben.

Hollywood: Bist du eigentlich genauso drauf wie
du dich in deinem Blog gibst?

Anke Gröner: Nee 🙂 Aber meistens.

Moderator: Und zurück zu den bewegten Bildern:

Guppy: Hallo aus Stuttgart. Vor einiger Zeit hast
Du immer mal wieder was über das hervorragende „West
Wing" geschrieben. Warum gibt es in Deutschland keinen Mut
zu einer durcherzählten und anspruchsvollen Serie?

Anke Gröner: Vielleicht weil das Publikum lieber Schrott wie
„Die Camper“ sieht. Es gab ja mal den Versuch eines
West-Wing-Klons: „Das Kanzleramt“. Hab ich eine Folge
von gesehen und fand’s langweilig. Ich glaube schon, dass es den
Mut von Autoren gibt, so was zu schreiben. Aber es gibt anscheinend
keine Redakteure, die es durchboxen. Und, siehe oben, kein Publikum,
das es sehen will.

Moderator: Dazu passend:

daniel: Guckst du auch gern so viel fern wie Kino?
Oder ist das Kino deine perfekte Alternative zum Flimmerkasten?
Wie würde deine Kritik des deutschen Fernsehprogramms ausfallen?

Anke Gröner: Ich sehe kaum noch fern. Gerade verpasse ich
„Das perfekte Dinner“, aber das ist mein einziger fester
Fernsehtermin. Serien gucke ich mir in der Synchronisation einfach
nicht mehr an, geht nicht mehr. Daher kann ich zum Rest des Programms
kaum was sagen. Außer, dass ich es schätze, dass ich
ab und zu in irgendwelchen Dokus hängenbleibe. .Und dass die
jetzige „Big-Brother“-Staffel doof ist. Ich wollte sie
doch lieben. (Ach ja, „Popstars“ und „Deutschland
sucht den Superstar“ gucke ich auch. Sorry.)

Sunny: Guckst du denn Filme synchronisiert?

Anke Gröner: Nein, überhaupt nicht mehr. Selbst bei französischen
und spanischen (kann ich beides nicht) gucke ich die Originalversion
mit Untertiteln. Ich mag es einfach nicht mehr.

sophie: Was hieltest du davon, mal synchron zu
sprechen? Hast bestimmt einen Blick dafür.

Anke Gröner: Um Gottes Willen, ich kann überhaupt nicht
schauspielern geschweige denn überzeugende Dialoge sprechen.
Aber als Plan B, wenn die Werbung keinen Spaß mehr macht,
würde ich gerne Untertitel für amerikanische Filme schreiben.

Sunny: Gibt es denn amerikanische oder britische
oder andere Serien, die unbedingt ins deutsche Fernsehen sollten?

Anke Gröner: Ich würde mir jeden Schrott angucken, so
lange auf im Original ist. Nein, Quatsch. Da fällt mir im Moment
nichts ein. Ich kriege Serien auch immer erst viel zu spät
mit, weil ich brav auf die DVD warte und keine Ahnung hab, wie BitTorrent
funktioniert.

sophie: Die Unterschiede im Filmdreh sind unter
den Nationen ja enorm verschieden (natürlich hängt es
auch vom Regisseur ab…)- welche Machart findest du am interessantesten
und warum?

Anke Gröner: Mir liegt das amerikanische Kino, weil ich das
Land und die Leute und ihre ganzen seltsamen Macken mag. Daher mag
ich auch die Art, wie sie mir Geschichten erzählen. Ich denke,
wenn ich Freunde aus Italien oder Frankreich hätte und öfter
da gewesen wäre und die Sprache sprechen könnte, würden
mir Filme aus diesen Ländern auch eher etwas bedeuten.

TheDom: Hast du dich jemals mit Animes auseinandergesetzt?

Anke Gröner: Gar nicht. Ich hab „Ghost in the Shell“
gesehen und sofort wieder vergessen.

nielsson: Bei dir hängt sicher alles voll
mit Filmplakaten, oder? Welches ist dir da das liebste?

Anke Gröner: Nee, Filmplakate aufhängen ist so Studi-WG.
Früher hab ich mein Zimmer dauernd umdekoriert: Mal die ganzen
Woody-Allans, die sind ja eher schlicht . Dann so Kombis wie „Jagd
auf Roter Oktober“ neben „Blue Steel“, weil’s
farblich so schön passt. Und, ja, gut, ein Plakat hängt
noch bei uns. „Delikatessen“. In der Küche. Superwitze,
selbstgemacht.

Moderator: Die Frage nach dem schlechtesten Film hatten wir ja
schon. Jetzt mal das Gegenteil:

filmfreak: Was ist den dein Lieblingsfilm?

Anke Gröner: Ich habe keinen Lieblingsfilm. Ich hab auch kein
Lieblingsbuch, ich hab ja nicht mal eine Lieblingsfarbe. Das ändert
sich alle fünf Minuten. Filme, die ich mir allerdings immer
wieder gerne angucke, sind die, in denen Kiefer Sutherland mitspielt.
Oder wo zum Schluss irgendwer mit irgendwem knutscht.

nielsson: Gibt es eine witzige Filmstelle, bei
der du dich schon beim Gedanken daran vor Lachen kringelst? Die
würde ich jetzt gern wissen, falls man die erzählen kann
😉

Anke Gröner: Der Klassiker natürlich: „Jehova!
Jehova!“ Und aus „Eins, zwei, drei“ von Billy
Wilder (alle angucken! sofort!), wenn James Cagney: SCHLEMMER! brüllt.

Moderator: Und die schönsten Stellen zum Weinen?

Anke Gröner: Die letzten 15 Minuten von „Vom Winde verweht“.
Mein Exfreund hat mal in Leipzig studiert, kurz nach Grenzöffnung
– kein Telefon in der Wohnung – und hat mich allen Ernstes beim
verwehten Wind angerufen. (Damals noch auf deutsch im Fernsehen
geguckt.) Aus einer Telefonzelle. Der arme Mann musste mir 15 Minuten
lang beim Heulen zuhören. Dafür ist er heute mein bester
Freund und total schnaffte.

Moderator: Schnaffte? Auch ein nettes Wort, kannte ich noch nicht.

charakter: Was macht süchtiger – Kino oder
bloggen?

Anke Gröner: Knorke geht auch. Oder ust, wie ich neulich bei
Herrn Niggemeier lernen durfte. Süchtiger macht beides auf
seine Art. Aber beides, weil immer etwas Neues passiert.

Moderator: So, das waren 60 Minuten Blogsprechstunde. Vielen Dank
für Ihre Fragen und vielen Dank an Anke Gröner für
die Antworten. Das Transkript finden Sie in Kürze auf politik-digital.de.
Nächste Woche chatten wir mit Nico Lumma, dem Mann hinter blogg.de
und shoppero – Dienstag, 5. Juni, 16.00 bis 17.00 Uhr also schon
mal freihalten. Fragen können Sie auch wieder im Warteraum
stellen und bewerten. Das letzte Wort gebührt dem Gast:

Anke Gröner: Wie der Papa beim Doppelkopfspielen
immer gesagt hat: Wer schreibt, der bleibt.