Twitter, Youtube und Facebook – das ist mittlerweile Standardprogramm im Online-Wahlkampf. Passiert an Rhein und Ruhr etwas Anderes oder Neues? Im Parteien-Check hat sich politik-digital.de angeschaut, wie innovativ und partizipativ der Online-Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen ist.
CDU
Die CDU richtet ihren Wahlkampf auf
Ministerpräsident Jürgen Rüttgers aus. Es gibt ein
„Unterstützerportal“,
auf dem vormals prominente CDU-Politiker wie Friedrich Merz und
Norbert Blüm erzählen, warum sie den CDU-Spitzenkandidaten gut
finden. Auf seiner persönlichen Homepage verkündet der Landesvater
von der Startseite
aus: „Der Dialog ist mir wichtig“. Dazu wurde ein
altes Format nach Monaten der Ruhe wieder zum Leben erweckt: „Jürgen
Rüttgers im Bürgergespräch“
ähnelt einem gescheiterten Versuch seines rheinland-pfälzischen
SPD-Amtskollegen Kurt Beck, sich per Videobotschaft den Fragen der
Bürger zu stellen.
Rüttgers antwortet in kurzen Videoclips auf Fragen von Menschen,
die auf der Straße angesprochen wurden – der Online-User kann
dabei nur tatenlos zusehen. Eigene Fragen kann man nicht stellen. Der
Twitter-Account des Unterstützerportals läuft
fast schon unter Ausschluss der Öffentlichkeit: Gerade mal 185
Follower interessieren sich für das was dort gepostet wird.
Bemerkenswert ist auch, dass die mit weitem Abstand beliebtesten
Rüttgers-Videos auf Youtube von der SPD hochgeladen wurden. Die
Folgen Zwei + Drei von „Rüttgers
Welt“ zeigen einige diskussionswürdige Auftritte des Ministerpräsidenten,
bei denen er im Jahr 2009 in wenig gepflegten Worten über rumänische
Arbeiter und chinesische Investoren herzog.
SPD
Die Resonanz auf das
Negative-Campaigning mit den Rüttgers-Rumänen-Videos ist bei den
Sozialdemokraten eher ein Ausnahme-Erfolg. Neu ist die Idee, dass
sich die SPD-Kandidaten der einzelnen Landtags-Kreise in einem
Web-Restaurant "Kraftvoll"vorstellen. Die Resonanz ist weniger als drei Wochen vor der Wahl
noch mäßig. Die Schallmauer von 1000 Aufrufen pro Video konnte bisher nicht
durchbrochen werden. Zum Vergleich: Das Negativvideo „Rüttgers
Welt“ wurde in sieben Monaten mehr als 130.000mal angesehen.
Bündnis90/Die Grünen
Die Grünen gestalten ihren
Online-Wahlkampf allgemein kreativer als die Platzhirsche von CDU und
SPD – setzen aber auch häufig auf bewährte Formate. Die
Startseite
der Landespartei zeigt die neuesten Netzaktivitäten von
Grünen-Mitgliedern, der Youtube-Channel wurde zu Grüntube
und auch Twitter präsentiert sich in grünem Gewand.
Das im Jahr 2009 eingeführte Aktionsportal „Meine Kampagne“
soll nun auch in NRW die Grünen-Anhänger mobilisieren. Unter dem
Motto „Versetzung gefährdet“ können sie Schulministerin Barbara
Sommer (CDU) und Wissenschaftsminister Pinkwart (FDP) ein Zeugnis
ausstellen und per Mail schicken. In einer Aktion gegen
Studiengebühren wird dazu aufgerufen, das letzte Hemd bei Ebay zu
versteigern.
In einer anderen Initiative sollen Gedichte gegen
Kohlekraftwerke geschrieben werden. Der beste Poet gewinnt stilecht
einen Solarrucksack. In den letzten Tagen vor der Wahl wollen die
Grünen dann wie schon vor Bundestags- und Europa-Wahl „Drei Tage
Wach“ bleiben und in einem 72 Stunden langen Livestream auf dem
Parteiportal die letzten Fragen der Wähler klären.
FDP
Zum Mitmachen lud die FDP bei ihrer
Online-Programmdebatte ein. Die ist aber mittlerweile im Archiv
gelandet. In der Mitmach-Arena,
einer Art liberalem Äquivalent zu „Meine Kampagne“, das
ebenfalls bereits im Jahr 2009 gestartet wurde, kann
man das Deutschland-Programm und Argumentationslisten für die
nächste Diskussion am Stammtisch nachlesen. Speziell auf NRW
zugeschnittene Projekte findet man dort nicht.
LINKSPARTEI
Der Webauftritt der NRW-Linken
ist nicht nur nicht innovativ. Er ist nicht einmal zeitgemäß.
Facebook und Youtube-Seiten gibt es nur auf Bundesebene. Und nimmt
man Twitter als Bemessungsgrundlage, so könnte der 9. Mai 2009 ein
bitterer Abend für die Linkspartei werden: Gerade einmal 121 User
folgen den sporadischen Tweets der Landespartei.
Eine Linkliste mit allen Angeboten der Parteien im Netz gibt es hier.