Seitdem der Microblogging-Dienst Twitter als Motor der iranischen Protestbewegung ausgemacht ist, überbieten sich Kommentatoren mit euphorischen Berichten. Es scheint, als könne man Regime nun mit 140 Zeichen stürzen. Dabei kann die iranische Regierung anscheinend jeden Tweet mitlesen und zurückverfolgen. Wird Twitter für Regimekritiker jetzt zum Boomerang?
Von entscheidender Bedeutung in dieser Debatte ist die Rolle der "Deep Packet Inspection" (DPI) als Überwachungstechnologie geworden. DPI ist eine Technologie, die den Internet-Traffic in Echtzeit nach bestimmten Schlagworten scannen, bestimmte Inhalte blockieren und deren Absender ermitteln kann.
Europäische Technologien
Die Vorgeschichte ist brisant: Im Juni vergangenen Jahres, als die Proteste um die Wahlen einen Siedepunkt erreicht hatten, veröffentlichte das Wall Street Journal einen Artikel, demzufolge europäische Technologielieferanten dem iranischen Regime die Überwachungstechnik verkauft hätten. Technische Komponenten seien unter anderem auch von Nokia und Siemens bereitgestellt worden.
"Nokia Siemens Networks" reagierte prompt, und teilte mit, dass ihr Produkt nicht zu Zensur und Überwachung genutzt werden könnte. Ein Sprecher des Unternehmens hatte jedoch zuvor dem Wall Street Journal berichtet, dass das betreffende "Monitoring Center" (eine Art Überwachungssoftware) bei dem Deal automatisch enthalten sei: "Wenn man Netze verkauft, dann verkauft man immer auch die Möglichkeit, die Kommunikation mitzuschneiden, die über diese Netze läuft." Jedes Datenpaket kann demnach in Millisekunden gescannt und zurückverfolgt werden.
Verstärkte Repressionen
Darüber hinaus veröffentlicht die iranische Regierung vermehrt Bilder von Demonstranten und erhofft sich Hinweise regimetreuer Anhänger, die zur Identifizierung der Personen führen. Dies scheint auch der Opposition bewusst zu sein, denn gelegentlich finden sich Tweets, die dazu aufrufen, vor der Veröffentlichung von Bildern die Gesichter unkenntlich zu machen.
Seit dem Wiederaufflammen der Proteste Anfang Dezember sind die repressiven Maßnahmen noch weiter verstärkt worden. Mittlerweile ist jeglicher Kontakt zu 60 "westlichen" Organisationen verboten. Darunter sind auch die BBC und der US-Sender "Voice of America", der noch vor kurzem eine spezielle I-Phone App für Iran angekündigt hat, die das Publizieren von Bildern und Videos über eine sichere Internetverbindung ermöglichen sollte.