In Chile finden am 13. Dezember 2009 die Präsidentschaftswahlen statt. Marco Enríquez-Ominami ist einer der vier Kandidaten für die Nachfolge von Präsidentin Michelle Bachelet. Als politischer Außenseiter hat er das Netz zu seiner Wahlkampfarena gemacht. Und plötzlich ist er ein aussichtsreicher Kandidat für die Stichwahl.



 

Nachdem sich die Parteien der "Concertación" (ein Mitte-Links-Bündnis von vier Parteien, das in den letzten 20 Jahren die Präsidenten gestellt hat) gegen den 36-Jährigen als offiziellen Kandidaten entschieden hatten, schien Marco Enríquez-Ominami als unabhängiger Bewerber chancenlos. Erst seine intensive Kampagnenarbeit und sein familiärer Hintergrund (sein Vater ist der verstorbene Miguel Enríquez, ein wichtiger Links-Politiker in den 80ern) brachten ihn auf Platz drei der Umfragen.

Nun kämpft er u.a. gegen den ehemaligen Präsidenten Eduardo Frei Ruiz-Tagle um den Einzug in eine mögliche Stichwahl Mitte Januar. Sein größter Kontrahent allerdings ist Sebastian Piñera. Der konservative Unternehmer und Multimillionär liegt in den Umfragen mit 38 Prozent vorne.

Witzige Videos haben Tradition

Ein wichtiger Teil der Wahlkampagne sind für alle Kandidaten die in Chile sehr beliebten "Franjas Electorales". In diesen Videobotschaften versuchen die Kandidaten mit Gags und Emotionen, ihre Wähler im Fernsehen und im Internet von sich zu überzeugen. Mit Wortwitzen und harmonischen Szenen im Kreise der Familie füllt auch Marco Enríquez Ominami die fünfminütigen Clips, um sich als verantwortungsvollen und engagierten Familienvater und Politiker darzustellen.

Zusätzlich zu den "Franjas Electorales" nutzt Enríquez-Ominami das Internet intensiv für seinen Wahlkampf. Auf seiner Website können sich interessierte Bürger Marco-Plaketten für Haus und Auto besorgen und ihre persönlichen Geschichten aus der Kampagne erzählen. Neben vielen Partizipationsmöglichkeiten versucht er, mit Fotos und intensiver Kampagnenberichterstattung Emotionen zu wecken und zur Wahl zu mobilisieren.

Digitales Buhlen um die Erstwähler

Auch Sebastian Piñera bemüht sich im Internet aktiv um seine Wählerschaft. Auf seiner Facebook-Seite erklärt er stolz, der meistgelesene Twitterer ("gran Twittero") in Chile zu sein. Ganz besonders geht Piñera auf mögliche jungen Wähler im Netz zu. In dem Netzwerk "Jugendliche und Piñera" (Jovenes y Piñera) können junge Wähler sich mit einem Profil registrieren und ihre Wünsche für das zukünftige Chile formulieren.



Die Bemühungen um die jungen Wähler sind bei allen Kandidaten offensichtlich. Sie gehen davon aus, dass die Jung- und Erstwähler eine entscheidende Stimme am Wahl-Sonntag haben werden. Die viralen Strategieansätze bergen dazu bei den internet-affinen Chilenen ein bedeutendes Mobilisierungspotential. So haben zum Beispiel etwa 5,5 Millionen der ca. 17 Millionen Chilenen ein Profil bei Facebook. Laut dem amerikanischen Unternehmen ist das der höchste Anteil von Facebook-Nutzern an der Gesamtbevölkerung, der je in einem Land erzielt wurde.