Beruf: SchriftstellerWas man wissen muss, wenn man vom Schreiben leben will.
“Beruf Schriftsteller.” Das hört sich für europäische Ohren immer noch sehr gut an. “Tell a man in Paris that you are a writer, and it\’s like telling a man in the States that you are a model”, stellte unlängst eine amerikanische Autorin erstaunt fest (1). Gleichwohl steht dem hohen Renommee auch ein finanzielles Wagnis gegenüber: Wer als freier Autor leben will, muss sehr fleißig sein, denn die Honorare sind eher bescheiden. Vom Ladenverkaufspreis jedes verkauften Buches bekommt der Autor zwischen 5 und 12 Prozent.
Wolfgang Bittners Definition von Schriftsteller ist weitgefasst: Nicht nur der Buchautor zählt dazu, sondern auch die Verfasser von Hörspielen und Fernsehdrehbüchern, Buchrezensenten und Rundfunkessayisten. Damit führt er uns an eine der Quellen für das Überleben vieler Autoren: Die öffentlichen Rundfunkanstalten, wo sich viele der freien Autoren ihre Brötchen verdienen.
Die Verlagsbranche hingegen wird von Bittner eher kritisch gesehen. Konzentration durch Verlagsaufkäufe, Stromlinienförmigmachung der Verlagsprogramme, Ex- und Hopp-Mentalität, seien alles Faktoren, die den jungen Talenten nicht die Zeit zum reifen lassen. Noch schlimmer ist laut Bittner die Neigung, Übersetzungen (zumeist aus dem Englischen) den Werken deutscher Autoren vorzuziehen. So wird die Entwicklung einheimischer Talente verhindert, und viel Geld für überteuerte ausländische Manuskripte herausgeworfen.
Im Ratgeberteil seines Buches gibt Bittner nützliche Hinweise auf Honorare und andere Rechte (VG Wort), und er erläutert die Organisation von Autorenlesungen. Auch stellt er die Künstlersozialversicherung, die Arten der Literaturförderung und die wichtigsten Autorenvereinigungen in Deutschland vor.
Andere Themen sind die Freiheit des Schriftstellers von Zensur, sowie der Zustand der deutschen Sprache. Bittners schmales Buch changiert zwischen drei Genres, dem kulturpolitischen Essay, einem Ratgeber und dem Erfahrungsbericht. Vielleicht ein Genre zuviel! Und doch mag man auf die Schilderung der Lebenserfahrungen Bittners nicht verzichten, bei dem auch nach 30 Jahren freier Autorschaft (und dem Verlust mancher Illusion) eine tiefe Verwurzelung im Ethos der europäischen Aufklärung spürbar ist.
Buch-Info Beruf: Schriftsteller. Was man wissen muss, wenn man vom Schreiben leben will. Von Wolfgang Bittner Reinbek (Rowohlt) 2002 |
Gern nehmen die Politiker in den letzten Jahren zustimmend den Begriff der “Wissensgesellschaft” in den Mund. Über die Rahmenbedingungen wird dabei kaum gesprochen, besser gesagt: Sie werden auf rein technische Fragen, wie insbesondere die des Zugangs zum Internet für weite Kreise der Bevölkerung reduziert. Zur Wissensgesellschaft gehört aber noch mehr.
1. Wissen ist verarbeitete, inkorporierte Information. Deswegen brauchen die Menschen Orte und Zeiten, damit das lebenslange Lernen wirklich stattfinden kann.
2. Die Lage von unabhängigen Autoren und Gelehrten, die unser Wissen abseits der ausgetretenen Pfade und organisierter Interessen erweitern, sollte verbessert werden. Dazu bedarf es nicht unbedingt großer Mittel. Denn die Eigenmotivation vieler, die sich zum Schreiben berufen fühlen, ist hoch. Mancher Autor empfindet es wohl genauso wie der US-amerikanische Soziologe und Autor C. Wright Mills, der einmal geäußert hat, Schreiben sei für ihn das Leben (2).
Schon kleine Schritte würden den Autoren helfen, z.B. wenn die Medien mehr Buchbesprechungen veröffentlichten: Woher soll der geneigte Leser unabhängige Informationen über Bücher denn beziehen, wenn nicht aus den Medien?
Denen, die sich mit dem Gedanken tragen, Schriftsteller zu werden, gibt Bittner einen ungewohnten Einblick in dieses Metier. Den anderen gibt er Anregungen, über die Lage freier Autoren nachzudenken. Damit füllt sein Buch eine Lücke.
Erschienen am 14. 02. 2002
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