Bessere Verzahnung von Internet und Fernsehen, mehr Partizipation und spielerische Ideen: Was das ZDF zur Bundestagswahl 2009 plant, ist die aktuelle Messlatte für Politikformate in Netz und TV. Während die ARD immer noch diskutiert und koordiniert, setzt das Zweite einfach um.
Mehr Internetnutzer ins Fernsehen: Unter diesem Motto plant das ZDF ein mehrstündiges Format im ZDFInfokanal und im Web, in dem von Usern gestellte und ausgewählte Fragen von Politikern beantwortet werden – inklusive Zusammenfassung im ZDF-Hauptprogramm. Auch in die ZDF-Wahlforen am 25. August und 3. September kann sich der Zuschauer über das Netz einbringen.
"Schwesterchen" Wahl im Web
Dass den Mainzern das Netz wichtig ist, zeigt sogar der Ort für die Live-Sendung vom Wahlabend. Das ZDF überträgt nicht aus dem Reichstag, sondern ist zu Gast auf einer Party im Alten Telegraphenamt. Dort sei es nicht nur lebhafter, sondern das "Schwesterchen Wahl im Web" könne in unmittelbarer Nähe arbeiten, heißt es. In dem von Markus Kavka moderierten Format begleiten Netscouts den Wahlabend und suchen nach schnellen direkten Rückmeldungen aus dem Netz.
Die ZDF-Fernsehmacher scheinen das Internet nicht als Konkurrenz zu ihren knappen Politiksendeplätzen zu sehen. Anders als in der ARD, wo Politformate im Ersten unter den neun Landesrundfunkanstalten hart umkämpft sind. Konsequenter als die anderen großen Fernsehsender wollen die Mainzer daher auch die Beiträge und Meinungen der Internetnutzer in das "große" Fernsehprogramm bringen und Fernsehen und Online verzahnen.
Nutzervideos im Hauptprogramm
Auf Open Reichstag, dem ZDF-Kanal beim Videoportal Youtube, können Internetnutzer per Video auf Fragen von Politikern antworten. Pro Frage kommen zwischen zehn und 30 Videoantworten und einige zehntausend Abrufe zusammen. Das ist ganz ordentlich für das politische Netz in Deutschland, aber nicht vergleichbar mit Fernseheinschaltquoten. Aus den Netzinhalten schneidet die Redaktion daher regelmäßig Beiträge, die quer durch das Programmschema zu sehen sind. ZDF-Promis wie Claus Kleber sollen mit Aufrufen für mehr Feedback sorgen.
Weg vom Artikel, hin zu mehr Video und spielerischen Inhalten sind der gemeinsame Nenner der weiteren Onlineangebote: In einem neuartigen Tool lassen sich in Kürze Wortwolken aus Reden der Spitzenkandidaten oder Parteiprogramme bilden und gegenüberstellen. Bei den großen TV-Duellen beispielsweise zwischen Merkel und Steinmeier soll das Tool live und in Echtzeit eingesetzt werden.
Hintergrundmaterial intuitiv erschließen
Auch beim Hintergrundmaterial, beim ZDF unter wahl.zdf.de gebündelt, dominiert interaktive Navigation. Die Berlin-Bilanz, ein Rückblick auf die vergangenen vier Jahre Bundespolitik, lässt den User dreidimensional durch 80 Video-Beiträge navigieren.
Nur das Wahl-Blog des ZDF kommt dagegen etwas betulich daher – die dort schreibenden Promis wie Peter Hahne oder Bettina Schausten dozieren und gehen eher selten auf die Nutzerkommentare ein. Hier sind die Schreiber der Konkurrenz im tagesschau-Blog näher am User.
Ich persönlich bin begeistert von der Möglichkeit als Rezipient meine Meinung kundtun zu können.
Nur ein kurzer Klick, der keine große Zeitinvestitiion meinerseits bedeutet, und schon kann ich auf Open Reichstag unter “Deine Meinung” dafür oder dagegen stimmen.
Natürlich unterliegt die Auswahl der gestellten Fragen bei der “Sonntagsfrage” bestimmten Regeln der Auswahl und ist daher interssengesteuert ausgelegt, dennoch bietet sich hier die Möglichkeiten ein schnelles Feedback zu geben.
Ich glaube, das der schnelle Zugang und die Möglichkeit einer zeitnahen Reaktion gerade bei jungen Menschen das Interesse an politischen Themen und vor allem das Interesse zu partizipieren wecken kann.
Wenn ältere Menschen dieses Medium zunehmend für sich entdecken, bieten diese Foren die Möglichkeit eines regen Austausches.