Im politischen Web geht der Überblick, wer mit wem verlinkt und wer bei welcher Plattform vertreten ist, leicht verloren. Vermehrt bilden sich nun Sammelportale, die für mehr Durchblick sorgen wollen. politik-digital.de stellt vier dieser Websites vor, die sich dem digitalen Monitoring im Superwahljahr verpflichtet haben.
Politische Kommunikation auf dem Radar
Einen unkonventionellen Weg in Sachen Wahl-Monitoring geht das von der Kommunikationsagentur Publicis Consultants in Kooperation mit linkfluence.net entwickelte wahlradar 09. Die politische Internetlandschaft wird als interaktive Karte dargestellt und vereint über 3000 Internetseiten, gruppiert nach einem komplizierten Berechnungsprinzip: Die im System aufgenommenen Websites, darunter Parteienportale, Onlinezeitungen oder politische Blogs, werden von einem mathematischen Algorithmus als bunte Punkte verteilt. Ihre Größe und Lage richtet sich nach Art und Anzahl der gegenseitigen Verlinkung. Alle aus- und eingehenden Links werden grafisch dargestellt.
Wahlradar.de glänzt vor allem durch die ungewöhnliche Visualisierung und verbildlicht komplexe Vernetzungen, auch wenn der konkrete inhaltliche Mehrwert nicht direkt ersichtlich ist. Die Macher versprechen in ihrem Blog eine „organische Weiterentwicklung“ ihres Angebots – denn noch fehlen wichtige Websites im System. Aufschlussreich ist auch ein Vergleich mit anderen Ländern. Das US-Vorbild presidentialwatch08.com visualisiert die klare Aufteilung in die beiden politischen Lager sehr gut. Was die Usability angeht, lohnt ein Blick auf das französischen Pendant, bei dem die übersichtlichere Visualisierung gefällt.
Politische Kursstände
Als "Pulsmesser für den Onlinewahlkampf" will wahl.de über die Netzaktivitäten von deutschen Parteien und Politikern informieren. Die Darstellung erinnert an ein Börsenportal: Onlineaktivitäten der politischen Protagonisten auf sozialen Plattformen werden in Echtzeit erhoben. Erhöht ein Politiker seine Unterstützerzahl oder verschickt er mehr Nachrichten, so erscheint er als „Big Mover“ bzw. „Big Shaker“ in einem Ranking.
Dem jüngsten Onlinetrend – die Nutzung des Mikro-Blogging-Dienstes „Twitter“ – trägt der sogenannte "Bundestweet" Rechnung, der das aktuelle virtuelle Gezwitscher der onlineaffinen Politiker und Parteien bündelt.
Augenfälliges Problem der Plattform sind die zahlreichen unechten Profile in den Social Networks, die in die Messung der Onlineaktivität einfließt. Da hilft es auch wenig, dass Fakeprofile als solche gekennzeichnet werden.
Anteile am Onlinemarkt
Einen anderen Weg geht der "Wahl-im-Web-Monitor", hinter dem die PR-Agentur Weber Shandwick steht. Im Blogformat erscheint die regelmäßige Erhebung des "SocialMedia Scores", ein Indikator zu Messung der Internetaktivität von Parteien und Politikern. Hilfreich: Die Anteile der Parteien an der Webaktivität sind unmittelbar greifbar.
Die schlichte Konstruktion der Kennzahl lässt jedoch an ihrer Aussagekraft zweifeln: Zum Beispiel werden die Anzahl der Twittermitteilungen und Facebook-Bekanntschaften einer Partei gleich gewichtet. Eine stagnierende Unterstützerzahl kann somit leicht durch vermehrtes Posten von Beiträgen kompensiert werden.
Zwitscher-Stimmung
Sascha Lobo, die Ideenschmiede jovoto und peritor consulting präsentieren mit ihrem Projekt "wahlgetwitter.de" ein neues Tool, um "die politische Stimmung im Netz" zu messen. Ihr Echtzeitmonitoring erfasst dabei nur Nachrichten des Mikro-Blogging-Dienstes Twitter, bzw. deren sogennante "hash tags", mit denen die User positive oder negative Bewertungen vornehmen können(z.B. #spd+, #gruene-).
Das Werkzeug ist jedoch anfällig gegenüber Manipulation. Man darf gespannt sein, wie die Entwickler einer gezielten Verfälschung der virtuellen Stimmungslage, etwa durch massenhaft eingestellte Bewertungen, effektiv entgegenwirken wollen.