In heutigen Schulklassen würden sie sicherlich zu den Außenseitern zählen: Sowohl die Politiker der Grünen als auch der Linken sind in keinem sozialen Netzwerk aktiv. Und für Westerwelle, Köhler oder Steinmeier scheint das Profil bei Facebook oder MySpace eher eine Pflichterfüllung zu sein. Dass die deutsche Parteienlandschaft nicht dem virtuellen US-Wahlkampf nacheifert, sei kein Grund zur Beunruhigung, meint Christoph Bieber, Politikwissenschaftler und stellvertretender Vorsitzender von pol-di.net e.V.

 

11 für Steinmeier vs. 1 898 135 für Obama

Während sich viele deutsche Politiker noch nicht in den gefährlichen Internetdschungel aus sozialen Netzwerken getraut haben, erfreuen sich die Mutigen großer Beliebtheit. So kann SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier schon elf MySpace-Nutzer als seine Freunde bezeichnen. Bundespräsident Horst Köhler zählt momentan 38 Anhänger bei Facebook und FDP-Chef Guido Westerwelle hat sogar neun Fans mehr als das Staatsoberhaupt.

Heil getwittert

Da die zaghaften Schritte deutscher Politiker in das Mitmachnetz meist von Seiten der Medien zynisch kommentiert werden, braucht man sich nicht über deren virtuelle Enthaltsamkeit wundern, meint Christoph Bieber. So rehabilitiert der Politikwissenschaftler in einem heute.de-Interview den medial viel gescholtenen, twitternden Hubertus Heil:„ Die Politiker sind in einer Art Zwickmühle gelandet, in die sie durch die Medienberichterstattung geschoben werden: ‘Wie könne denn ein deutscher Politiker so einen Unfug machen? Das sind Mitteilungen im Teenager-Slang, das hat mit Politik nichts zu tun.’ Noch eine Woche zuvor haben Kritiker aus dem gleichen Medienhaus über langweilige Partei-Seiten im Internet gemeckert.“

Kein Erlöser

Das der US-Präsidentschaftskandidat Obama beispielsweise einen derartigen Erfolg in sozialen Netzwerken verzeichnet, hat für Bieber tiefer greifende Gründe. So würde man Deutschland wohl eher von einer solchen Persönlichkeitsinszenierung als "Erlöserfigur" die Finger lassen. „Dies liegt schon in den unterschiedlichen Regierungssystemen begründet – während der US-Präsident direkt gewählt wird, entscheiden die Deutschen an der Urne ‘nur’ über die Zusammensetzung des Parlaments“, erklärt der Wissenschaftler.

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