So, bin gerade eben zurück von einem Pressegespräch mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar. Eigentlich wollte Deutschlands oberster amtlicher Datenschützer ja über die Themen der kommenden Datenschutzbeauftragtenkonferenz in Berlin sprechen. Die Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu Vorratsdatenspeicherung interessierte die anwesenden Journalisten aber natürlich brennender. Aus der Entscheidung leitete Schaar unter anderem gute Nachrichten für Datenschützer und Tauschbörsennutzer ab.

 

Auch wenn in der Hauptsache zur Vorratsdatenspeicherung noch nicht entschieden ist (damit ist Ende 2008 zu rechnen), erkannte Schaar in den Entscheidungen der Verfassungsrichter "eine Linie zugunsten des Datenschutzes."

Peter Schaar
Peter Schaar, Bundesdatenschutzbeauftragter

 

Der Staat dürfe nur in sehr engen Grenzen in das Grundrecht der informellen Selbstbestimmung eingreifen. Das von den obersten Richtern bei der Entscheidung zur heimlichen Online-Durchsuchung angestoßene neue Grundrecht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme soll staatliche Eingriffe in Computer- und Internetkommunikation demnach nur zulassen, wenn höchste Rechtsgüter in Gefahr sind. Also nur bei Mord und Totschlag, aber nicht bei Musiktausch oder Beleidigungen.


Folgen für Musikindustrie

Die Stellungnahme des Verfassungsgerichts erreichte Schaar zwar erst während des Pressegespräches, ad hoc sah der Bundesdatenschutzbeauftragte aber positive Folgen – und schlechte Karten für die Musikindustrie. Die Staatsanwaltschaft dürfe auf Vorrat gespeicherte Daten nur noch bei schweren Straftaten weitergeben. Die aktuelle Entscheidung zur Vorratsdatenspeicherung und die vorangegangenen Urteile zur Online-Durchsuchung bzw. die Signale zur automatischen Kennzeichnerfassung zeigten, dass den Verfassungsrichtern die massenhafte Datenschnüffelei nicht passt: "Ich sehe einen Hinweis, dass das Bundesverfassungsgericht hier eine sehr enge Grenze gezogen hat", sagte Schaar. Und weiter: "Das hat erhebliche Konsequenzen auf die Praxis der Musikindustrie." Die kommt derzeit über massenhafte Strafanzeigen bei der Staatsanwaltschaft an die Namen von potenziellen Datenpiraten. Die Strafverfahren werden dann sehr häufig eingestellt. Ist aber der Name eines Beschuldigten einmal bekannt, lassen sich auf zivilrechtlichem Wege Geldsummen eintreiben – manchmal mehrere tausend Euro pro Fall. Aber Achtung: Zu Abrechnungszwecken gespeicherte Daten dürfen und müssen weiterhin weitergegeben werden. Die müssen bei den Telekommunikationsanbietern aber in der Regel ziemlich schnell nach Rechnungsstellung gelöscht werden.

Festplatten als Speicher eines virtuellen Selbst

Informationstechnische Systeme, also Internetkommunikation oder die Speicherdaten auf Festplatten, brauchen laut Schaar einen besonderen Schutz. Denn aus modernen Kommunikationsmitteln ließe sich "ein Abbild eines Teils der Privatsphäre" ableiten. Teilweise seien auf Festplatten ja Daten gespeichert, an die man sich selbst schon nicht mehr erinnern könne.

Formell sind die deutschen Gesetze zur Vorratsdatenspeicherung nur die Umsetzung einer EU-Richtlinie. Auch hier war Schaar zuversichtlich, dass der Europäische Gerichtshof diese schon aus formalen Gründen kippt.

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