Großbritannien gilt in in Deutschland gerne als leuchtendes Vorbild in Sachen elektronischer Demokratie – seien es die Online-Petitionen des britischen Premiers oder die Projekte der Nichtregierungsorganisation MySociety.org. Doch während sich zivilgesellschaftliche Mitmach-Seiten und politische Blogs prächtig entwickelten, verpassten es Parteien im Vereinigten Königreich, sich die Neuen Medien zu nutze zu machen. Das schreibt Robert Colvile vom Centre For Policy Studies in einer aktuellen Studie.
Colviles Kritik und seine Forderungen in "Politics, Policy and the Internet" erinnern an das, was auch politik-digital.de oft an den Internetauftritten deutscher Parteien bemängelt hat: Zwar habe jede größere Partei eine eigene Website, nutze diese aber hauptsächlich, um Informationen anzubieten. Die Parteien verharrten in einer Sender-Rolle, selbst dann, wenn sie sich an die neuen Techniken heranwagten. Beim YouTube-Kanal der Labour Party, "Labour:Vision" sehe Colvile zum Beispiel "rather dull ministers making rather dull points and answering rather dull questions." (auf deutsch: recht dumpfe Minister mit recht dumpfen Argumenten, die recht dumpfe Fragen beantworten.) Stattdessen sollten Partein in den "Empfänger-Modus" wechseln und offen werden für die Meinungen und Ratschläge der Bevölkerung.
Mit einer überzeugenden Internetstrategie könnten Parteien zum einen mehr Spendengelder gewinnen, argumentiert Colvile. Zum anderen ließen sich auch Kampagnen weiter verbreiten, wenn zum Beispiel Blogger YouTube-Videos von Parteien und Politikern aufgreifen. Wobei diese Art des viralen Marketings ja durchaus nach hinten losgehen kann, wie die FDP Hamburg lernen durfte.
Laut Colvile sollten Parteien auch Soziale Netzwerke nutzen und dort für ihre Prositionen werben. Schließlich gebe es etwa bei Facebook politisch interessierte Gruppen. In diesem Punkt machen deutsche Parteien einmal den Briten vor, wie es funktionieren kann. SPD und FDP etwa versuchen sich seit einiger Zeit selbst am Aufbau Sozialer Netzwerke: FDP-Mitglieder und Sympathisanten diskutieren seit 2005 auf my.FDP, die SPD eröffnete im Dezember 2007 meineSPD.net.
Wobei die SPD ja bereits von der Labour-Party gelernt hat: Labour:Vision, gestartet am 12. Februar 2007, SPD:vision gestartet am 17. Oktober 2007. Dazu diese Ähnlichkeit von meineSDP zu my.FDP… So gut ich die Online-Angebote der SPD auch finde – und das ist völlig ironiefrei gemeint – so unoriginell war da jemand bei der Namenswahl. Aber vielleicht besser gut kopiert als schlecht selbst ausgedacht. Eingängig sind die Namen ja.