Vor der Bürgerschaftswahl in Hamburg am 24. Februar buhlen die Parteien mit Videos, Podcasts, Blogs und Bildern im Netz um Stimmen. Besonders Videos stehen bei den Parteien hoch im Kurs. Fast alle Spitzenkandidaten halten ihr Gesicht in die Kamera. Das wirkt mal professionell wie beim amtierenden Bürgermeister Ole von Beust, mal unfreiwillig komisch wie beim FDP-Spitzenkandidaten Hinnerck Fock.
von Beusts Video-Offensive
Die CDU Hamburg führt im Internet den Stil ihrer Plakat-Kampagne fort: Große schwarz-weiß-Bilder des amtierenden Ernsten Bürgermeisters Ole von Beust dominieren die Website. Foto-Galerien zeigen von Beust „vor Ort" im Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern.
Das Online-Video-Angebot der Partei heißt schlicht „OLE TV" und konzentriert sich, der Name ist Programm, ausschließlich auf eine Person: Ole von Beust. In mittlerweile zehn Episoden, jeweils eingeleitet von sanfter Klaviermusik und ebenfalls in schwarz-weiß gehalten, spricht von Beust über Themen wie Kinderbetreuung und Umweltschutz. Dabei wirkt er authentisch, vermeidet Fachbegriffe und redet wie in einem persönlichen Zwiegespräch: Er lobt in einem Nebensatz den Hamburger Fußballclub HSV oder erzählt von einem Spaziergang über die Reeperbahn. Einige Fragen, die ihm in den Videos gestellt werden, wirken allerdings recht suggestiv: „Die CDU ist angetreten, um die Bildungschancen für Hamburgs Schüler zu verbessern. Ist das auch gelungen?" Eine Steilvorlage für von Beust, der darauf souverän antworten kann, dass es „deutliche Verbesserungen" gegeben habe.
Rau(c)her Humor mit Naumann und Schmidt
Deutlich bunter als die Christdemokraten präsentieren sich die Hamburger Sozialdemokraten im Netz: Viele Grafiken und viel Farbe prägen die SPD-Hamburg-Website. Insgesamt wirkt sie jedoch etwas überladen.
Ähnlich wie von Beust setzt SPD-Spitzenkandidat Michael Naumann auf Video-Podcasts. So moderiert Ulrich Wickert ein Gespräch zwischen dem Spitzenkandaten und Altbundeskanzler Helmut Schmidt, ein anderer Clip zeigt Naumann auf dem Bundesparteitag in Hamburg. Die Bildqualität der Videos ist mäßig, die Beiträge sind mit teilweise deutlich über 30 Minuten für den Online-Konsum zu lang. Inhaltlich sind die Filme aber durchaus einen Blick wert: Besonders das Gespräch mit dem Helmut Schmidt ist unterhaltsam. Als der Altkanzler von einer Anzeige erzählt, die er während der Nazi-Zeit bekommen hätte („da hieß es: Rübe ab oder Freispruch"), fällt ihm Wickert ins Wort: Eine Verurteilung „hätte aber die letzte Zigarette ermöglicht". Die Raucher Schmidt und Naumann lachen darüber herzlich.
Kreativität im Netz
Auch die Hamburger Grünen machen online Wahlkampf mit Videos: Der offizielle Wahlkampfspot zeigt in einem raffinierten Versuchsaufbau, wie durch Windkraft Energie erzeugt wird:
Christa Goetsch, die grüne Spitzenkandidatin in Hamburg, präsentiert sich in der Video-Reihe „Eine Frage an Christa Goetsch". Die Videos machen einen sehr gestellten Eindruck: Die Kamera zeigt die Politikerin zum Beispiel auf dem Bahnhof Hamburg, wo gerade ihr Zug einfährt. Als sie einsteigen will, fragt eine Frauenstimme aus dem Off: „Wissen Sie, was mich nervt? Alle vier Jahre wollt Ihr unsere Stimmen, aber ansonsten ist euch egal, was wir meinen." Mit schlecht gespielter Spontanität wendet sich Frau Goetsch der Kamera zu: „Das stimmt doch gar nicht", beginnt sie und erzählt hastig von direkter Demokratie. Dann steigt sie in die Bahn ein und verschwindet, ohne eine Erwiderung abzuwarten.
Die Website von Bündnis 90/Die Grünen Hamburg wirkt zunächst sehr überschaubar. Unterseiten gegen einen Überblick über verschiedene Themenschwerpunkte, zum Beispiel zum Atomausstieg.
Mit einem kommentierbaren Weblog wartet das Angebot „Kreative Stadt" auf. Daneben gibt es zahlreiche Texte zu inhaltlichen Schwerpunkten und einen so genannten Kreativ-Atlas: Auf einer GoogleMaps-Karte sind „Unternehmen, Institutionen und Projekte" Hamburgs markiert, die sich kreativ hervorgetan haben. Will man in den Atlas aufgenommen werden, kann man sich per Mail bewerben.
„Blau-Gelb – damit die Mitte hält"
Die FDP Hamburg Website leuchtet grell-gelb. Überall prangen grafische Flächen, teilweise sogar animiert; die eigentliche Navigation tritt fast völlig in den Hintergrund, die Orientierung fällt schwer. Dafür fährt die Partei viele Funktionen auf: Neben diversen Podcasts kann man unter anderem den Wahlkampfsong „Blau-Gelb – damit die Mitte hält" (auf Wunsch sogar als Playback-Version) herunterladen. Des Weiteren bietet die FDP einen SMS-Infoservice und einen Newsletter an.
Unfreiwillig komisch ist das Wahlkampfvideo der liberalen Partei: Umrahmt von fröhlicher Musik erzählt Schauspieler Sky du Mont, wem er schon alles seine Stimme geliehen habe – „verliebten Adligen" oder „knuffigen Zeichentrickfilmfiguren". Wem er am 24. Februar seine Stimme gebe, stehe aber fest. Auftritt Hinnerck Fock, Spitzenkandidat der FDP in Hamburg. In Anzug und leuchtend gelber Fliege erinnert er selbst ein wenig an eine Zeichentrickfigur. Strahlend schütteln sich beide Herren die Hand.
Sofortprogramm zum Anhören
Konservativ präsentiert sich DIE LINKE Hamburg im Internet: Die Website ist textlastig, Videos zum Wahlkampf gibt es keine. Zwar lockern ein paar Grafiken das optische Gesamtbild etwas auf und es kann ein Newsletter abonniert werden, ansonsten bietet die Internetpräsenz aber deutlich weniger Funktionen als etwa die FDP-Seite. Das interessanteste Extra ist noch, sich das Sofortprogramm der Partei anhören zu können.
Nach der FDP-Spam-Aktion mit dem Sxy Du Mont-Video heißt Hinnerk Fock netzweit ja nur noch “Gaylord” Fock – peinliche Geschichte das mit dem Video.