Chat mit Felix Kolb, Pressesprecher von Attac Deutschland


Nach
dem tragischen Tod eines Demonstranten in Genua hat die Bewegung der Globalisierungskritiker
neuen Zuspruch bekommen: Bis zu 40 neue Mitgliedsanträge pro Tag erreichen Attac
Deutschland seit dem G8 Gipfel. Im Chat von stern.de und politik-digital gab
Felix Kolb, Pressesprecher von Attac Deutschland einen Einblick in Organisation
und Ziele der Globalisierungskritiker.

Ihren Ursprung nahm Attac in Frankreich: "Frankreich hat eine lange Tradition
sozialer Bewegungen, die sich kritisch mit der Ausbreitung der Märkte beschäftigt"
.
Auch heute noch sind 30.000 der insgesamt 50.000 Mitglieder von Attac Franzosen.
Attac Deutschland besteht zur Zeit aus etwa 800 Mitgliedern.

Kolb ist sich sicher, dass die Globalisierungskritiker kein Modephänomen sind:
"Nach vielen Jahren politischer Resignation signalisiert Attac, dass sich
wieder etwas tut."
Aber: "Sicher spielt es auch eine Rolle, dass es gerade
modern ist, sich kritisch mit der Globalisierung auseinander zu setzen."

Vor allem findet Kolb interessant, dass es überwiegend junge Menschen der Ersten
Welt sind, die sich für die Ziele der Globaisierungskritiker engagieren. "Andererseits
ist es nicht überraschend, denn diese Menschen haben auch die Möglichkeit, zu
erkennen, dass ihr Leben und ihr Konsumstil Auswirkungen auf Menschen in anderen
Kontinenten hat."

Gewalt lehnt Attac als Mittel der Auseinandersetzung jedoch ab: Wir "glauben,
dass wir Menschen überzeugen müssen, um Veränderung zu erreichen."
Zudem
seien 98 Prozent der Demonstranten in Genua nach Angaben der ARD friedlich gewesen.
"Andererseits (…) habe ich ein gewisses Verständnis, dass Menschen über
die Folgen der Globalisierung so verzweifelt sind"
.

In Zukunft möchte sich Attac auch weiter auf Protestaktionen auf der "Straße"
konzentrieren. "Wir lehnen es nicht grundsätzlich ab, an Verhandlungen teilzunehmen".
Jedoch sieht Kolb auch die Gefahr, sich "in langwierigen Verhandlungen politisch
schach-matt setzen zu lassen"
. Deswegen möchte Attac auch eine außerparlamentarische
Gruppe bleiben. Den Grünen, mit denen die Globalisierungskritiker oft assoziiert
werden, steht Attac skeptisch gegenüber: "Wir messen die Grünen wie jede
andere Partei an ihren Handlungen und nicht an ihren Worten (…) Am Ende des
Jahres werden wir wissen, wie ernst es die Grünen damit meinen, Globalisierung
wieder im Sinne der Menschen zu gestalten"
.

Eins ist für Kolb jedoch sicher: Außenminister wird er wohl nie werden. "Ich
denke und hoffe, dass ich auch in vielen Jahren noch auf der Straße bin, um
zu demonstrieren, wenn es nötig sein sollte. Und ich fürchte, es wird noch nötig
sein!"


Weiterführende Links

  • "Gewaltanwendung lehnen
    wir ab"
    — Interview mit Felix Kolb zu Genua und den Folgen