Chat mit Professor Reinhard
Burger, Chef der Abteilung für Infektionskrankheiten am Robert-Koch-Institut
in Berlin.

Reinhard Burger In Deutschland
gibt es mehrere Institute, die Milzbrand-Erreger identifizieren können.
Darunter zwei Referenz-Zentren in Stuttgart und in Jena, aber auch andere
mikro-biologische Laboratorien. Die
Untersuchung des Erbmaterials des Erregers als Bestätigungstest wird
jedoch nur in wenigen Labors durchgeführt und dauert mehrere Stunden.


Die Tests sind aufwendig
und sehr teuer. Professor Burger hat daher nicht das geringste Verständnis
für das "verachtenswerte Verhalten" der sogenannten Trittbrettfahrer,
die seiner Meinung nach auch für die Erstattung der anfallenden Kosten
herangezogen werden sollten.

Zur Herstellung von waffentauglichen
Milzbrand-Bakterien benötige man sehr spezielle Fachkenntnisse, erklärt
Burger. Der Anthrax-Erreger sei vor allem deshalb ein beliebter Kampfstoff,
weil das infektiöse Stadium, die Spore, sehr stabil sei und entsprechend
lang aufbewahrt werden könne.

Da der Milzbrand-Erreger
nicht ansteckend und daher lokalisierbar und beherrschbar sei, hält Burger
eine breite Impfung gegen Milzbrand in der Bevölkerung für nicht vertretbar.

Milzbrand ist heutzutage durch hochwirksame Antibiotika gut behandelbar, wobei
der frühzeitige Beginn der Behandlung sehr wichtig sei. Dies gälte
vor allem für die Form des Lungen-Milzbrandes, wo innerhalb von Stunden
die Diagnose gestellt und mit der Therapie begonnen werden muß, um die
Bakterien in den Griff zu bekommen. Eine spezielle Problematik der Resistenzentwicklung
zu den Antibiotika gäbe es derzeit nicht.
Gefährlich sei, dass, wie im Falle der USA, die Sporen auch von Brief zu
Brief übertragen werden könnten.

Burger äußert
sich zufrieden über den Stand der Aufklärung unter der Bevölkerung.
Er verstehe die Beunruhigung und den Wunsch, Vorsichtsmaßnahmen zu treffen.
Eine Massen-Hysterie im Falle eines wirklichen Milzbrand-Anschlags hält
er jedoch für unwahrscheinlich und unangebracht.
Auch zum Auftreten von weiteren Seuchen, wie zum Beispiel der Pest, gibt der
Experte Entwarnung. Es gäbe keinen Anlaß zu Befürchtungen, überdies
sei Pest heutzutage behandelbar.

Professor Burgers Vermutung,
wer hinter den Anthrax-Briefen stecken könnte: "In Deutschland sind
es sicher viele verschiedene hirnrissige Menschen, die dieses verachtenswerte
Tun betreiben. In den USA – das wüsste ich auch gern."

Das ausführliche Transkript finden sie hier.

 


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