Am Donnerstag, 20. September, war Staatssekretär und Ehrenamtsbeauftragter Georg Wacker zu Gast im Chat des Kultusministeriums Baden-Württemberg. Er sprach über ehrenamtliches Engagement und erklärte, warum sich der freiwillige Einsatz lohnt.
Moderator: Hallo und herzlich willkommen beim
Chat des Kultusministeriums Baden-Württemberg. Unser heutiger
Gast ist Staatssekretär Georg Wacker. Herr Wacker hat sich
bereit erklärt, Ihnen für die nächsten 90 Minuten
Rede und Antwort zu stehen. Unser Thema heute ist das Ehrenamt.
Wir freuen uns auf Ihre Fragen. Herr Wacker, sind Sie bereit?
Georg Wacker: Ja, sehr gerne, ich bin gespannt
auf die Fragen.
Georg Wacker,
Staatssekretär und Ehrenamtsbeauftragter
Baden-Württemberg
Moderator: Bereits im Vorfeld dieses Chat konnten
die Nutzer Fragen stellen und die Fragen der anderen Nutzer bewerten.
Diese Fragen werden wir im Lauf des Chats stellen. Beginnen möchte
ich mit dieser hier:
Holger: Welche Ehrenämter haben Sie eigentlich
inne, Herr Wacker?
Georg Wacker: Ich bin Kreisvorsitzender der CDU
Rhein-Neckar, des mitgliederstärksten Verbandes der CDU in
Baden-Württemberg mit nahezu 5000 Mitgliedern. Darüber
hinaus bin ich Vorsitzender des Landesverbandes der Bibliotheken
Baden-Württemberg (DBV). Dieser Verband vertritt die Interessen
des öffentlichen Bibliothekswesens und der wissenschaftlichen
Bibliotheken. Seit meiner Jugend hatte ich verschiedene ehrenamtliche
Funktionen inne. Auf Nachfragen bin ich gerne bereit, einige Bereiche
aufzuzählen.
Malfa: Warum hat Baden-Württemberg eigentlich
eines Ehrenamtsbeauftragten?
Georg Wacker: Das Ehrenamt bzw. das Bürgerschaftliche
Engagement ist die tragende Säule unserer Gesellschaft. In
Baden-Württemberg sind nachweislich 4,5 Mio. Menschen ehrenamtlich
engagiert. Damit hat diese Personengruppe auch ein Sprachrohr in
der Landesregierung verdient. Ich bin dankbar, dass der Ministerpräsident
mich gebeten hat, diese Aufgabe wahrnehmen zu dürfen.
Moderator: Die Statistik bezieht sich ja auf Personen
in Vereinen und Institutionen. Hierzu diese Nachfrage:
Markus: Sind nur die institutionalisierten Ehrenämter
ehrenwert? Was, wenn man anderen „nur“ regelmäßig
hilft?
Georg Wacker: Diese Statistik beinhaltet nicht
nur die Menschen, die in Vereinen und Institutionen engagiert sind,
sondern auch die Bürgerinnen und Bürger, die sich in losen
Gruppen oder freien gesellschaftlichen Initiativen engagieren. Die
ehrenamtlichen Strukturen in Baden-Württemberg sind ausgesprochen
vielseitig. Aus dieser Erkenntnis geht hervor, dass jedes Ehrenamt
ehrenwert ist.
Moderator: Noch eine Frage zur Statistik:
badenser: Stellen Sie eine Tendenz im Umfang des
ehrenamtlichen Engagements fest?
Georg Wacker: In zunehmendem Maße engagieren
sich junge Menschen im Ehrenamt, vor allem in Baden-Württemberg.
Dies ist erfreulich. Allerdings verändern sich die Formen und
die Dauer des Engagements. Leider erklären sich in nicht ausreichendem
Maß Menschen dazu bereit, Funktionen und Ämter zu übernehmen.
Das Engagement in der so genannten zweiten Reihe wird stärker.
Die Werbung um Führungspersonal im Ehrenamt dagegen schwieriger.
Dennoch muss man abschließend feststellen, dass die Bereitschaft,
sich überhaupt für andere Menschen einzubringen, gewachsen
ist.
SVF: Für uns als Sportverein wird es immer
schwieriger, Ehrenamtliche zu gewinnen – haben Sie Hilfen, was man
tun kann?
Georg Wacker: Man kann hier verschiedene Tipps
geben. Es kommt hierbei natürlich auf die örtliche Situation
an. Der jeweilige Sportverein muss zunächst gegenüber
der Öffentlichkeit genau beschreiben, um welches jeweilige
Tätigkeitsfeld es sich handelt und wieviel Zeit die jeweilige
Aufgabe erfordert. Gerne biete ich Ihnen im konkreten Fall eine
Rücksprache mit unserem Ehrenamtsbüro an. Hier die Internetadresse:
www.ehrenamt-bw.de.
Moderator: Noch einmal eine Frage nach der Altersstruktur
von Engagement:
demo: Welche Altersgruppen engagieren sich besonders
stark ehrenamtlich?
Georg Wacker: Es gibt eine Erhebung, die im Auftrag
der Bundesregierung erstellt wurde. Diese stammt aus dem Jahr 2004,
die ich schon an anderer Stelle zitiert habe. Aus dieser Erhebung
geht hervor, dass die Altersgruppe der 46- bis 65jährigen sich
in Baden-Württemberg mit einem Anteil von 50 Prozent aller
Ehrenamtlichen am stärksten engagiert. Gegenüber 1999
hat sich diese Zahl um neun Prozent erhöht. Ein weiterer Aspekt
ist interessant 46 Prozent der 14- bis 30jährigen in Baden-Württemberg
sind ehrenamtlich aktiv.
Moderator: Es handelt sich um den so genannten
zweiten Freiwilligensurvey. Weitere Informationen auf der Seite
des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend:
Vorstand: Unsere jüngeren Mitglieder sind
bereit, sich zu engagieren, aus- und weiterzubilden. Die Kurse sind
aber häufig unter der Woche. Freistellung von Schule oder Studium
oder Sonderurlaub gibt es in der Regel nicht. Sehen Sie hier eine
Änderungsmöglichkeit?
Georg Wacker: Es ist sehr erfreulich, dass Sie
mir die Rückmeldung geben, dass junge Menschen bereit sind,
sich fachlich und überfachlich fortbilden zu lassen. Gerade
in diesen Wochen novellieren wir das Sonderurlaubsgesetz, das seit
vielen Jahren Gültigkeit hatte. Mit der neuen Fassung des „Gesetzes
zur Stärkung des Ehrenamtes“ haben Jugendliche für
Fortbildungen einen gesetzlichen Urlaubsanspruch: Für volljährige
Jugendliche bis zu zehn Tagen jährlich und für Jugendliche
mit Vollendung es 16. Lebensjahres in der Ausbildung bis zu fünf
Tage jährlich jeweils unbezahlt. Die Herabsetzung des Anspruchs
auf 16 Jahre ist neu dabei.
Nataku: Gibt es in Baden-Württemberg spezielle
Programme, um Jugendliche stärker für ehrenamtliches Engagement
zu begeistern? Arbeiten Sie zum Beispiel mit Schulen zusammen und
was sind das dann für Programme?
Georg Wacker: Gerne verweise ich auf den Landesjugendplan
des Landes Baden-Württemberg. Er beinhaltet sämtliche
Maßnahmen zur Förderung des Ehrenamtes der Jugend. In
diesem Plan sind vor allem die Fortbildungsmaßnahmen für
die Jugendarbeit verankert. Darüber hinaus ist die Kooperation
für Schulen und Jugendarbeit ein weiterer Schwerpunkt. In Kooperation
mit führenden Verbänden des Ehrenamtes gestalten und unterstützen
wir das Schülermentorenprogramm. Durch die Bildungsplanreform
im Jahr 2004 haben wir das ehrenamtliche Engagement als Element
in den Bildungsplänen ausgewiesen. Beispielsweise TOP SE in
Realschulen (themenorientierte Projekte soziales Engagement). Gerade
dieses Projekt hat kürzlich eine hohe internationale Auszeichnung
durch die Bertelsmann-Stiftung erhalten.
steno: Können steigende Rentnerzahlen Ihrer
Meinung nach eine Chance für das Ehrenamt sein, wenn sich vor
allem ältere Bürger engagieren?
Georg Wacker: Ich bin davon überzeugt, dass
in zunehmendem Maße Menschen, die sich im Ruhestand befinden,
für die Gesellschaft vielseitig ehrenamtlich einbringen. Bereits
jetzt ist diese Entwicklung in den vorliegenden Studien erkennbar.
Moderator: Nachfrage des gleichen Nutzers:
steno: Wo sehen Sie zukünftige Schwerpunkte
ehrenamtlichen Engagements?
Georg Wacker: Bedingt durch die Tatsache, dass
wir eine immer älter werdende Gesellschaft werden, sehe ich
die Notwendigkeit, dass die unterschiedlichen Generationen miteinander
die Gesellschaft gestalten. Es wäre fatal, wenn jeweils die
Altersgruppen für sich unabhängig voneinander eigene Projekte
gestalten. Es muss das gesellschaftliche Ziel sein, die Gruppen
bei den Projekten zusammenzuführen.
Marlon: In welchen Bereichen bringen sich denn
mehr ältere Menschen ein und in welchen sind eher jüngere
Leute aktiv?
Georg Wacker: In sozialen Bereichen engagieren
sich vorwiegend Menschen mittleren und des gehobenen Alters, und
im Bereich des Sports und in der Ökologie beispielsweise vorwiegend
jüngere.
Moderator: Hier sind einige Fragen aufgelaufen, mit denen nach der
besonderen Rolle von Baden-Württemberg in der Ehrenamtsförderung
gefragt wird. Hier die erste Frage dazu:
tuxfan: Worin unterscheidet sich Baden-Württemberg
in der Förderung von Ehrenämtern?
Georg Wacker: Ich vermute, dass Sie nach einem
Ländervergleich fragen. Ich kenne im Detail die Förderprogramme
anderer Bundesländer nicht. Ich stelle aber fest, dass sehr
häufig von Verantwortungsträgern im Ehrenamt aus anderen
Bundesländern unsere Jugendarbeitförderung besonders hervorgehoben
wird. Vertreter der verbandlichen Jugendarbeit betonen immer wieder,
dass wir vor allem im Bereich der Fortbildung und Weiterqualifizierung
im Ländervergleich eine führende Rolle einnehmen. Dabei
verzichten wir auf zentrale Vorgaben durch das Land. Das Subsidiaritätsprinzip
gilt gerade für diesen Bereich: Verantwortlich für die
Inhalte und Schwerpunkte ist der jeweilige Träger der Jugendarbeit.
Gemeinwohl: Wieviel Geld gibt das Land für die Ehrenamtsförderung
pro Jahr aus?
Georg Wacker: Das Schwerpunktressort für
das Ehrenamt ist das Kultusministerium. Hier sind die meisten Maßnahmen
angesiedelt. Aber auch andere Ressorts fördern ehrenamtliche
Aktivitäten. Wenn alle Maßnahmen zusammengerechnet werden,
gibt das Land jährlich circa 75 Millionen Euro für die
unterschiedlichen Programme aus.
Moderator: Und hier wird auch nach der Gegenrechnung
gefragt, nämlich nach dem Wert des Ehrenamtes.
zäpfle: Ist es möglich, den Wert ehrenamtlichen Engagements
in Zahlen zu benennen?
Georg Wacker: Das ist außerordentlich schwierig.
Wenn man den Versuch unternehmen würde, die vielen Stunden
eines Ehrenamtlichen in der Woche mit einer normalen Bzahlung, vergleichsweise
aus der freien Wirtschaft, zu vergüten, wäre nach meiner
Auffassung die Bundesrepublik Deutschland nicht im Stande, dieses
zu vergüten; es sei denn, man würde sich maßlos
in eine noch höhere Staatsverschuldung stürzen. Mein Fazit:
Das Ehrenamt ist unbezahlbar. Damit möchte ich zum Ausdruck
bringen, dass jede funktionierende Gesellschaft darauf angewiesen
ist, dass sich Menschen ohne Einforderung eines materiellen Gegenwertes
einbringen.
FFern: Dem Bundesland Baden-Württemberg scheint
ehrenamtliches Engagement ja sehr am Herzen zu liegen. Wissen Sie,
welche vergleichbaren Initiativen es in anderen Bundesländern
gibt, um ehrenamtliches Engagement zu stärken?
Georg Wacker: Jedes Bundesland ist selbst dafür
verantwortlich, eigene Programme zu konzipieren. Deutlich wird aber
bei den Vergleichen, der sicher schwer fällt, dass die Zielrichtungen
vergleichbar sind. Beispielsweise legen alle Bundesländer einen
immer größeren Wert darauf, ehrenamtliches Engagement
in das Schulleben zu integrieren und die Zusammenarbeit mit den
Vereinen vor Ort voranzubringen.
Dart: Wäre es nicht hilfreich, die Förderprogramme
der anderen Bundesländer zu kennen, um die eigene Förderung
angemessen weiterentwickeln zu können?
Georg Wacker: Natürlich müssen wir über
den eigenen Tellerrand hinausschauen Zu diesem Zweck findet ein
regelmäßiger Erfahrungsaustausch statt. Die Verbände
des Ehrenamts arbeiten auch sehr intensiv auf Bundesebene zusammen.
In den meisten Fällen sind sie auch bundesweit organisiert.
Daneben wirken auch die Mitarbeiter unseres Hauses in verschiedenen
Arbeitsgruppen auf der Bund-Länder-Ebene mit.
Dart: Spielt das Thema Ehrenamt bei der Kultusministerkonferenz
auch eine Rolle?
Georg Wacker: Ja, wenn Ehrenamt auch etwas mit
dem Bildungsauftrag der KMK zu tun hat. Darauf bin ich bereits bei
den vorherigen Fragen eingegangen.
SCA: Landeszuschüsse sind ein wichtiges
Finanzierungsinstrument für Vereine. Können wir davon
ausgehen, dass es auch in den nächsten Jahren Zuschüsse
geben wird?
Georg Wacker: Der Ministerpräsident Günther
Oettinger hat in seiner ersten Regierungserklärung verschiedene
Schwerpunkte genannt. Darin sind verschiedene Finanzierungs- und
Förderzusagen enthalten. Beispielsweise wurde mit den Verbänden
des Sports ein Solidarpakt geschlossen, der bis zum Ende dieser
Legislaturperiode (2011) Gültigkeit hat. Wesentlicher Bestandteil
dieses Solidarpaktes ist eine finanzielle Planungssicherheit bis
zu diesem Zeitpunkt. Dies bedeutet: Die Landesregierung verpflichtet
sich, keine Kürzungen in den Haushalten vorzunehmen. Auch mit
den Verbänden der Jugendarbeit ist ein ähnliches Bündnis
geplant, das kurz vor dem Abschluss steht. Desweiteren haben die
Regierungsfraktionen die politische Aussage formuliert, dass auch
bei den kulturellen und musischen Verbänden keine weiteren
Kürzungen mehr beabsichtigt sind.
zäpfle: Wie gut ist Deutschland denn im internationalen
/ europäischen Vergleich in Sachen Ehrenamt aufgestellt?
Georg Wacker: Aktuell kann ich Sie in diesem Zusammenhang
auf eine Studie hinweisen, die von TNS Infratest erstellt wurde.
Moderator: Die finden sie hier:
Rollo: Sehen Sie eigentlich Unterschiede zu Ehrenämtern
in anderen Staaten, in den USA ist so etwas m.E. ja verbreiteter.
Georg Wacker: Ich unterstelle, dass in allen Ländern
oder in allen Wirtschaftsnationen ein vergleichbares Engagement
besteht. Unterschiede sind sicher in der jeweiligen Struktur vorhanden.
Da wir in Baden-Württemberg eine sich über Jahrzehnte
entwickelte Vereins- und Verbandsstruktur haben, kann man hierbei
von einer verlässlichen Förder- und Unterstützungsstruktur
sprechen. Ich bin nicht sicher, ob Ehrenamtliche in anderen Ländern
die gleichen Voraussetzungen vorfinden.
Moderator: Nachfrage zur EU, deren Antwort zwar
vermutlich unerschöpflich wäre, aber vielleicht gibt es
einige Hinweise?
Gemeinwohl: Gibt es EU-Fördermittel, mit denen
ehrenamtliches Engagement gefördert wird (zum Beispiel Schulungen),
wenn ja, wieviel und für welche Bereiche?
Georg Wacker: Europa bietet verschiedene Möglichkeiten
zur Förderung ehrenamtlichen Engagements. Fördermöglichkeiten
können aus verschiedenen Aktionsbereichen in Anspruch genommen
werden. Mögliche Ansätze kann hier zum einen das Programm
„Jugend in Aktion“ oder auch „Europa für
Bürgerinnen und Bürger“ liefern. Die einzelnen Förderkriterien
sind jeweils unterschiedlich geregelt.
Moderator: Wo finden die Baden-Württemberger
eine Übersicht über Landes-Fördermöglichkeiten,
Herr Staatssekretär?
Georg Wacker: Gerne verweise ich auf unsere Internet-Plattform
ehrenamt-bw.de. Dort finden Sie eine Übersicht über die
verschiedenen Maßnahmen. Für spezielle Fragen können
Sie Kontakt anklicken. In gedruckter Fassung ist der Landessportplan
und der Landesjugendplan selbstverständlich erhältlich.
Darüber hinaus können die Baden-Württemberger sich
mit den jeweiligen Vereinen und Organisationen vor Ort in Verbindung
setzen. Diese können zu den jeweiligen Fachgebieten Ansprechpartner
ihrer Verbände benennen. Auch in den Kommunalverwaltungen gibt
es Anlaufstellen, die durch das Land unterstützt werden. Sie
haben die Aufgabe, die Bürger entsprechend zu beraten.
Moderator: Damit sollten vermutlich die vielen
Fragen abgedeckt sein, die danach Fragen, wo man Hilfe findet, wenn
man sich engagieren will. Kommen wir zu einem anderen Thema. Der
Anerkennung von Engagement:
Lockhard: Es wird immer viel von Anerkennungskultur
geredet. Was tun Sie dafür, dass diese besser wird?
Georg Wacker: Ehrenamt ist Ehrenamt. Allerdings
erwarten Ehrenamtliche zurecht, dass sogenannte Rahmenbedingungen
für das ehrenamtliche Engagement verbessert werden. Beispielsweise
durch Entbürokratisierung oder durch eine steuerliche Begünstigung
dieses Engagements. Dies ist sicher eine Form der Anerkennung. Daneben
muss das Ehrenamt gesellschaftlich öffentlich gewürdigt
werden, weil Ehrenamtliche auch Vorbilder sind, gerade für
diejenigen, die nach Halt und Orientierung suchen. Da gibt es zweifelsohne
viele Möglichkeiten, dieses zu würdigen. Beispielsweise
durch Wettbewerbe, durch öffentliche Präsentationen der
Projekte oder gar durch besondere Auszeichnungen.
Laendle54: Sollte man nicht Zeitspenden irgendwie
geltend machen können, wie man es bei Geldspenden schon kann?
Georg Wacker: Das ist eine spannende Idee. Allerdings ist
mir noch nicht ganz klar, wie man diese Zeit vergüten kann.
Mir verbleibt nur darauf hinzuweisen, dass es steuerliche Möglichkeiten
gibt, wie z.B. die Vergütung einer Übungsleiterpauschale
oder die geplante Aufwandspauschale steuerlich höher zu begünstigen.
Derzeit ist ein Gesetzgebungsverfahren beim Bundesgesetzgeber in
Gange. Danach ist vorgesehen, dass die Übungsleiterpauschale
von 1.848 Euro auf 2.100 Euro erhöht wird und die Aufwandspauschale
neu eingeführt wird mit einer Höhe von 500 Euro pro Jahr.
Moderator: Damit ist auch diese Frage beantwortet:
GHöll: Wieviel Geld darf ich als Ehrenamtlicher
eigentlich mit dem Amt verdienen?
Benno: Haben erhaltene Zertifikate über ehrenamtliche
Tätigkeit auch eine Bedeutung für berufliche Entwicklung?
Georg Wacker: Ja, absolut. Immer mehr Unternehmen
achten bei Bewerbungsgesprächen darauf, welche ehrenamtlichen
Qualifikationen der Bewerber um eine Ausbildungsstelle nachweist.
So genannte Schlüsselqualifikationen und Sozialkompetenzen
werden für eine Berufsbiographie immer wichtiger. Um solche
Qualifikationen nachzuweisen, hat das Kultusministerium mit großer
Nachfrage den Quali-Pass eingeführt. Dieses Dokument hat eine
hohe Akzeptanz. Auch in den Schulen gibt es die Möglichkeit,
ein Beiblatt für das Zeugnis auszustellen, wo ehrenamtliche
Aktivitäten dokumentiert sind.
teichtier: Welche Preise oder Präsentationsmöglichkeiten
gibt es denn in BaWü?
Georg Wacker: Kürzlich ist die Bewerbungsfrist
für den Landeswettbewerb „Echt gut“ Baden-Württemberg
abgeschlossen. Nach einem Vorschlag der Jury, hat die Öffentlichkeit
die Möglichkeit, via Internet oder telefonisch Voten abzugeben.
Im Rahmen einer öffentlichen Feierstunde am 22. November 2007
werden die Preise verliehen. Eine weitere Preisverleihung findet
am 29. September 2007 statt. Hierbei werden kommunale Projekte gewürdigt.
Es ist geplant, in absehbarer Zeit auf Regionalkonferenzen Ehrenamtsprojekte
aus den verschiedensten Bereichen der Öffentlichkeit darzubieten.
Dieses Vorgehen hat zum Ziel, dass die verschiedenen Projektträger
voneinander lernen und möglicherweise zusammenarbeiten.
Moderator: Ich hoffe, damit ist auch diese Frage
beantwortet:
Ghost: Ehrenamt muss gesellschaftlich gewürdigt
werden, sagen Sie – mit welchen Maßnahmen möchten sie
denn das erreichen?
Moderator: Und eine Nachfrage:
teichtier: Wie stark muss man sich denn engagiert
haben, um diesen Quali-Pass zu bekommen? Hört sich ja nach
einer spannenden Sache an, auch für andere Bundesländer.
Georg Wacker: Die Voraussetzungen können
Sie über das Jugendnetz-bw in Erfahrung bringen. Auch auf dem
Kultusportal Baden-Württemberg können Sie mehr darüber
erfahren. Mehr als 250.000 Exemplare wurden bisher ausgestellt.
Moderator: Wir haben noch ca. 10 Minuten. Nächstes
Thema: Ehrenamt der Zukunft:
Burlo43: Im Internet finden sich ja auch Menschen
zusammen, um ohne Bezahlung für eine gute Sache zu arbeiten
(Crowdsourcing, etc.) – ist das institutionalisierte Ehrenamt ein
Auslaufmodell?
Georg Wacker: Ich glaube nicht. Ich habe vorhin
schon darauf hingewiesen, dass die Formen des Engagements zunehmen.
Noch vor 20 Jahren war es üblich, über einen Verein vor
Ort sich ehrenamtlich einzubringen. Mittlerweile gibt es viele andere
Wege, dieses zu tun. Dennoch klagen viele Vereine über zu geringen
Nachwuchs. Deswegen bin ich zuversichtlich, dass auch die traditionellen
Strukturen eine Zukunft haben.
schwoab: Wird das Ehrenamt in Zukunft professioneller
werden?
Georg Wacker: Ehrenamtliche sind sehr häufig
Könner in ihren Bereichen. Könner sind in meinen Augen
professionell. Unter Professionalität im Ehrenamt verstehe
ich, dass sie in der fachlichen Entwicklung unterstützt werden
müssen, beispielsweise durch Fortbildungen. Auch darauf bin
ich bei vorherigen Fragen eingegangen. Wir haben die Erfahrung gemacht,
dass die Ehrenamtlichen, die sich am Jugendbegleiterprogramm an
Schulen beteiligen, meistens gute berufliche Qualifikationen haben.
Damit ist auch Professionalität in diesem Bereich gegeben.
Moderator: Auch für den Arbeitsmarkt kann
Ehrenamt eine Bedeutung haben, lese ich aus dieser Frage heraus
– allerdings ist die Frage, ob diese positiv ist:
Böblinger: Ist verstärkte ehrenamtliche
Arbeit eine Option für Arbeitslose und wie kann man verhindern,
dass es nicht zu einem Zwang bzw. einer Ausbeutung kommt?
Georg Wacker: Arbeitslose suchen häufig nach
einem Sinn ihres Daseins. Solange sie keinen Job haben, muss man
ihnen einen uneingeschränkten Zugang zum Bürgerschaftlichen
Engagement ermöglichen. Anfragen diesbezüglich müssen
unterstützt werden. Das hat zunächst nichts mit Ausbeutung
zu tun. Allerdings muss die Arbeitsmarktpolitik darauf ausgerichtet
sein, zunächst Beschäftigungswillige in den regulären
Arbeitsmarkt zu integrieren, und erst danach Bedarfslücken
durch Ehrenamtliche zu schließen.
Horex: Die Freizeitangebote sind ja groß:
Für mich als Vorsitzender eines größeren Sportvereins
ist es jedesmal ein Risiko, wenn Übungsleiter gehen, so etwas
wie Kündigungsfristen gibt es ja nicht. Was halten Sie von
Verträgen mit Ehrenamtlichen?
Georg Wacker: Ich habe nichts dagegen, wenn Vereinbarungen
geschlossen werden. Das dient auch der Planungssicherheit in den
jeweiligen Vereinen. Allerdings hätten Verträge eher den
Sinn eines Arbeitsvertrages mit hoher Verbindlichkeit. Solche Verträge
laufen der Freiwilligkeit zuwider, da Übungsleiter höchstens
eine Aufwandspauschale erhalten, aber kein Gehalt im Sinne eines
regulären Arbeitsvertrages. Ich plädiere dafür, dass
Vereine mit ihren Übungsleitern eine individuelle verlässliche
Regelung finden, die beiden nützt.
Moderator: Die letzte Frage kommt von mir: Herr
Staatssekretär, was ist die nächste ehrenamtliche Tätigkeit,
die sie verrichten?
Georg Wacker: Meine Tochter beabsichtigt in wenigen
Tagen nach Tübingen zu ziehen, weil sie dort bald mit ihrem
Studium beginnen wird. Meine ehrenamtliche Aufgabe sehe ich darin,
ein ganzes Wochenende die Räumlichkeiten zu renovieren, damit
sie gute Startvoraussetzungen hat.
Ich bedanke mich bei allen Fragestellern für die konstruktiven
und auch kritischen Fragen. Sie haben dokumentiert, dass das ehrenamtliche
Engagement Ihnen sehr am Herzen liegt. Dies nehme ich zum Anlass,
mich bei allen Ehrenamtlichen auf diesem Weg für ihren unermüdlichen
Einsatz zu bedanken.
Moderator: Liebe Chatgäste, sehr geehrter
Herr Staatssekretär Wacker! Herzlichen Dank für Ihr Teilnahme
an diesem Live Chat des Kultusministeriums Baden Württemberg!
Leider konnten nicht alle Fragen beantwortet werden, aber ich hoffe,
es gelang ein Einblick in die Arbeit im Bereich Ehrenamt. Allen
einen schönen Abend.