Wer hat’s erfunden? Zwei Schweizer Künstler sind angetreten, die
digitale Chinesische Mauer zu stürmen, genauer: die mit westlicher
Technik hochgerüstete Internet-Firewall, mit der die Chinesische
Regierung die Internet-Bewegungen der rund 170 Millionen einheimischen
Online-Nutzer im Zaum hält. Die Waffe von Christoph Wachter und Mathias
Jud gegen die Zensoren sind – Bilder. Die Schweizer entwickelten laut Neue Zürcher Zeitung
ein Verfahren, mit dem die Zensur im Internet überwindbar wird.
„picidae“ (das lateinische Wort für Specht) heißt das Programm, das man
seit Dienstag unter picidae.net
aufrufen kann. Das Prinzip: picidae wandelt HTML-Seiten, die der Nutzer
in ein Suchfeld eingibt, in Bilder um. Die maschinelle Zensur der
Internetwächter basiert hingegen auf einer Textanalyse und kann die
aufgerufenen Webseiten somit nicht mehr erfassen. Beim Versuch in einem
chinesischen Internetcafé konnten die Schweizer Künstler ungefiltert
brisante Suchbegriffe wie „Tiananmen“ eingeben, um Informationen zum
Massaker gegen chinesische Studenten 1989 aufzurufen. Ohne das
picidae-Skript blinkte auf dem Schirm der übliche Hinweis, die
Verbindung sei während des Ladens zurückgesetzt worden – eine
verschleierte Zensur-Meldung.
Die Künstler sind allgemein interessiert an der Frage: Wie
fremdbestimmt ist unsere Wahrnehmung? Das erhoffte „globale Dorf“ habe
das Internet nicht geschaffen. Je nach Internetzugang und Provider
variiere der Zugang zum Wissen im Internet. Der Knackpunkt für Wachter
und Jud: Die Begrenztheit unseres individuellen Netzzugangs können wir
normalerweise gar nicht wahrnehmen, da uns die Vergleichsbasis fehlt.
picidae soll das beheben.