eGovernment leidet unter den Haushaltslöchern der öffentlichen Verwaltung. Aber die Beschaffung – vom Bleistift bis zum Laptop – ist der Markt der Zukunft für die IT-Branche. Einkaufen online spart Geld.
In Bund, Ländern und Gemeinden das gleiche Bild: Ein Haushaltsloch jagt das nächste. Entsprechend knapp sind die Mittel für Investitionen in die elektronische Verwaltung, neudeutsch “e-Government”, geworden. Doch das Marktpotenzial ist sowohl für die Verwaltung als auch für die IT-Anbieter beeindruckend.
Auf 250 Milliarden Euro beziffert Ute Vogt, Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, das jährliche Beschaffungsvolumen von Bund, Länder und Gemeinden. Experten gehen dabei von einem Rationalisierungspotenzial von fünf bis zehn Prozent der Verwaltungskosten durch e-Government-Lösungen aus. Kein Wunder daher, dass die Branche inzwischen ihr Hauptaugenmerk auf den staatlichen Beschaffungsbereich gerichtet hat.
Auch andere Faktoren machen ihn attraktiv: “In der Beschaffung kann man schnell und einfach Geld sparen. Dagegen ist das Vergabewesen kompliziert. Das ist sozusagen die Kür im e-Government”, sagt Hans-Jörg Frick, Referent des Messepartners KGSt (Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung). Im Trend liegen besonders in kleinen Gemeinden “interkommunale Einkaufsgemeinschaften”. Auf einer e-Government-Plattform wird dabei geklärt, welche Kommune welchen Bedarf hat und wie die Rahmenverträge zum Einkauf aussehen. Zuvor müssen sich die Gemeinden auf gemeinsame Standards einigen – und sei es die banale Festlegung, ob mit blauer oder schwarzer Tinte geschrieben wird. KGSt-Vorstand Hans-Joachim Hilbertz dazu: “e-Government initiiert Verschlankung und Effizienz in der Verwaltung. Dadurch können die Gemeinden Kosten sparen.”
Bei dem größten bundesweiten Branchenprojekt, BundOnline 2005, das alle 449 onlinefähigen Dienstleistungen der Bundesverwaltung bis Ende 2005 elektronisch verfügbar machen soll, sind inzwischen mehr als die Hälfte aller Dienstleistungen online. Doch der schwerere Teil steht noch bevor, berichtet Markus Hövekamp, Business Development Director bei CSC Ploenzke. Der IT-Berater ist mit 14 Mitarbeitern an BundOnline 2005 beteiligt. Obwohl die komplexeren Dienste noch nicht online gestellt wurden, geht CSC Ploenzke davon aus, dass der Zeitplan eingehalten wird. “Bei den Problemen, die noch gelöst werden müssen, geht es nicht nur um IT-Fragen, sondern auch um Organisationsreformen, die immer weh tun”, erklärt Hövekamp. Aus der Planung für das über die Bundesverwaltung hinausgreifende Projekt “Deutschland Online” ergeben sich weitere langfristige Anforderungen. Für die IT-Branche bleibt das Großprojekt der Bundesverwaltung überaus attraktiv. Denn der Großteil des 1,6 Milliarden Euro schweren Investitionsvolumens wird im Zeitraum 2003 bis 2004 getätigt.
Ein weiteres prominentes Projekt der Online-Verwaltung ging kürzlich ans Netz: der “virtuelle Arbeitsmarkt”, den Accenture für die Bundesanstalt für Arbeit projektiert hat. Darin werden erstmals auch Angebote der privaten Jobbörsen gelistet. Auch ein Matching zwischen angebotenen und nachgefragten Qualifikationen ist dann möglich. Accenture-Partner Holger Bill zufolge sind aufgrund der schmalen öffentlichen Kassen kreative Finanzierungsformen für e-Government gefragt: Public-Public Partnerships, Public-Private Partnerships und Application Service Providing in Hosting und Anwendungsentwicklung.
Die Tatsache, dass nach internationalen Studien Deutschland in der elektronischen Verwaltung international nur im Mittelfeld liegt, hängt nach Hövekamps Einschätzung vor allem mit dem hierzulande ausgeprägten Föderalismus und Ressortdenken zusammen. Auch die starke Rolle des Datenschutzes stelle für manches e-Government-Projekt eine Hürde dar. Das Ziel, dass der Bürger online nachverfolgen könne, in welchem Stadium sich sein Vorgang befinde, liege auf alle Fälle noch in ferner Zukunft, so Hövekamp.