(Studie, 28. September 2006) Eine
Studie der Brown University im US-Bundesstaat Rhode Island hat weltweit eGovernment-Dienste untersucht. 1.782 Regierungswebsites aus 198 Staaten wurden für die abschließende Bewertung analysiert. Südkorea verweist dabei Taiwan und Singapur auf die Plätze, die USA folgen auf Rang vier. Deutschland erreicht Platz 8.
Neben einigen sehr guten Ergebnissen einzelner Staaten und erfreulichen Entwicklungen auf dem Gebiet der Integration digitaler Technik für Regierungsdienstleistungen werden im Gesamtüberblick eine Vielzahl noch nicht gelöster Probleme sichtbar. Die Studie bemängelt so das oft uneinheitliche Design der staatlichen Websites und die häufig komplizierte Benutzerführung. Die Verknüpfung der Regierungs-Websites untereinander und zu zentralen Portalen ist ebenfalls oft unzureichend. Angesichts der schlechten Gesamtergebnisse für Datenschutzinformationen, Barrierefreiheit und einer großen Zahl staatlicher Websites, die keine Interaktion zwischen Bürgern und Regierung erlauben, bleibt neben dem Ausbau der Nutzerfreundlichkeit vor allem eine stärkere Einbeziehung der Nutzer in den politischen Prozess wünschenswert.
Bereits zum sechsten Mal wurde die
Studie „Global eGovernment“ vom Taubmann Center for Public Policy durchgeführt. Untersucht wurden neben zentralen Online-Portalen der Staaten auch die Websites von Ministerien. Die Netz-Auftritte wurden dabei nach insgesamt 24 Kriterien beurteilt. Dazu gehörten unter anderem die Veröffentlichung von allgemeinen und regierungsbezogenen Informationen, die öffentliche Zugänglichkeit der Websites und die Anzahl von Verwaltungsdienstleistungen, die online bewältigt werden können. Auch Aspekte der Nutzerfreundlichkeit wie Design, die Übersetzung der Inhalte auf Englisch und in anderen Fremdsprachen und die Barrierefreiheit flossen in die Bewertung mit ein. Ebenfalls berücksichtigt wurden das Vorhandensein von Kontaktinformationen, eMail-Adressen, Kommentarfunktion und Erklärungen zur Datenschutzpolitik. Ein weiterer Untersuchungsaspekt war die Einbindung von Audio- und Videoclips.
Interaktive und nutzerfreundliche Angebote aus Südkorea
Im Vergleich zum Vorjahr konnte sich Südkorea von Platz 86 auf die Top-Position vorarbeiten. Die Studie hebt vor allem das ausführliche Angebot an Informationen, die auch über Newsletter bezogen werden können, und die Nutzerfreundlichkeit der südkoreanischen Seiten hervor. Zudem seien allein über das zentrale Regierungsportal über 500 Verwaltungsdienstleitungen im Netz zu erreichen. Vorbildlich seien auch die Interaktionsmöglichkeiten: Fast jede Website biete ein Gästebuch, ein Forum und die Möglichkeit, online Petitionen einzureichen. Taiwan punktet mit einfacher Benutzerführung und personalisierbaren Websites, was Nutzern die Zusammenstellung speziell für sie interessanter Informationen und Angeboten erleichtert. Singapur stellt wie Südkorea – und auch Deutschland – ein zentrales Portal für alle Verwaltungs-Services zur Verfügung und ermöglicht es den Nutzern auf fast allen Seiten, ihre Meinung via Kommentarfunktion, Online-Umfragen oder in Foren zu äußern.
Barrierefreiheit lässt zu wünschen übrig
Der öffentliche Zugang zu Informationen liefert in der Gesamtbetrachtung das beste Ergebnis. 94% aller Regierungsseiten bieten online Informationsangebote. Verwaltungsdienstleistungen, die Transaktionen ermöglichen, können dagegen in 29% aller untersuchten Staaten von den Bürgern im Netz erledigt werden. In diesem Bereich führen die nordamerikanischen Staaten die Bewertung an, gefolgt von den Pazifischen Inseln, Asien, Westeuropa und dem Nahen Osten. In Westeuropa sind insgesamt 34% aller Verwaltungsdienstleistungen online erreichbar. Eine Aufschlüsselung nach Ländern bietet die Studie an dieser Stelle nicht. In Deutschland sind innerhalb der Regierungsinitiative
BundOnline 2005 bis zum Ende des letzten Jahres insgesamt 440 Dienstleitungen der Bundesbehörden ins Netz gestellt worden und zentral über das Portal
www.bund.de zu erreichen.
Datenschutz ist kein Thema
Auffallende Defizite gibt es bei den Angaben zum Schutz personenbezogener Daten. Nur 26% aller staatlichen Websites veröffentlichen Erklärungen zur Datenschutzpolitik – in Deutschland sind es immerhin 50% der untersuchten Seiten. Spitzenreiter ist hier Kanada mit 100%. Ähnlich schlecht fällt das Gesamtergebnis für die Barrierefreiheit aus: Nur 23% aller Online-Auftritte erreichen die Vorgaben des
World Wide Web Consortiums (W3C). Deutschland schneidet hier mit 75% barrierefreier Websites relativ gut ab. Vorbildlich sind die Web-Angebote Islands – alle von der Studie erfassten Websites sind nach W3C-Kriterien als barrierefrei zu bezeichnen. In Irland sind es immerhin noch 94%.
Zumindest einen Teil ihrer Inhalte bieten 78% aller Websites auch auf Englisch an. Übersetzungen in andere Fremdsprachen sind rarer gesät – 52% aller untersuchten Seiten veröffentlichen Informationen in weiteren Sprachen.
Interaktionsmöglichkeiten und Multimedia
Die Erreichbarkeit der politischen Akteure für ihre Bürger per eMail ist auf 91% aller Websites gegeben. Eine Kommentarfunktion bieten insgesamt nur 33% aller Seiten an, eMail-Updates und Newsletter mit aktuellen Informationen sogar nur 19%. In Deutschland können Nutzer bei 63% der Regierungswebsites Kommentare hinterlassen. Ob es sich hier um auf der Website veröffentlichte Kommentare, Foren oder um das Angebot von Kontaktformularen handelt, wird von der Studie allerdings nicht weiter spezifiziert. In etwa 37% der Staaten – vor allem in Osteuropa, Afrika und dem Nahen und Mittleren Osten – haben laut der Studie die Bürger keine Möglichkeit, Kommentare an ihre Regierung zu senden. Eine Personalisierung der Seiten ist nur in 6% der untersuchten Fälle möglich.
Audio- und Videoclips – Podcasts und Videopocasts – sind innerhalb der Netzauftritte von Regierungen noch relativ wenig verbreitet. 13% aller staatlichen Websites bieten Audioclips, 14% Videos. Der Gesamtsieger Südkorea, der auf fast allen Seiten Multimediaangebote einbindet, schneidet auch in dieser Kategorie gut ab. In Deutschland ist mit dem ja bereits viel diskutierten
Vodcast Angela Merkels ein Anfang gemacht.
Wichtige Fragen bleiben offen
Leider lässt die Studie einige wichtige Fragen offen. Unerwähnt bleiben in der Einzelübersicht so zum Beispiel, welche konkreten Möglichkeiten der Interaktion in den Staaten angeboten werden, aufgeführt wird lediglich ein Ergebnis für „Comments“. Was darunter verstanden wird, wird nicht erklärt. In wie fern diese „Comments“ der Nutzer von den staatlichen Institutionen in der politische Arbeit berücksichtigt werden, ist nicht erfasst worden. Die Gesamtanzahl der Regierungs-Websites pro Staat wird ebenfalls nirgendwo erwähnt. Das wäre aber besonders für die Bewertung des überraschend guten Abschneidens einiger kleineren Staaten hinsichtlich Interaktion oder Datenschutz von Vorteil. Eine einzige Websites mit einem Kontaktformular reicht hier zu dem Ergebnis „Comments = 100%“.