Dr. Elmar Hucko ist Ministerialdirektor am Bundesjustizministerium und seit 1970 Leiter der Abteilung für Handels- und Wirtschaftsrecht.
Die Bundesrepublik Deutschland lebt in ganz besonderem Maße von ihren Kreativen. Diese sollten deshalb angemessen honoriert werden. Das ist heute in vielen Bereichen durchaus schon der Fall. In anderen Bereichen allerdings nicht. Deshalb haben die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen einen
Entwurf zum Urhebervertragsrecht vorgelegt, der den Urhebern in allen Bereichen einen Anspruch auf angemessene Vergütung gewähren soll, die Bestimmung der Angemessenheit aber Empfehlungen der Verbände der jeweiligen Branche anvertrauen will. Dieser Entwurf erregt zur Zeit die Gemüter. Vor allem auch der
Börsenverein hat seine Kritik in Gesprächen mit der
Bundesministerin der Justiz, bei öffentlichen Veranstaltungen und in schriftlichen Stellungnahmen vorgebracht, zuletzt in einem langen Gespräch im
Bundesministerium der Justiz am 14. September 2001. Die Repräsentanten des Börsenvereins haben kritisiert, die Rechtssicherheit werde beeinträchtigt, die angemessene Vergütung sei nicht definiert, ein direkter Anspruch gegen Lizenznehmer schaffe vielfältige Probleme.
Inzwischen hat die Bundesministerin der Justiz zahlreiche Gespräche mit den Vertretern unterschiedlicher Verwerter geführt und sich deren Sorgen angehört. Nach wie vor kann eine Fundamentalkritik nach dem Motto “Es ist alles in Ordnung. Wir brauchen kein Urhebervertragsrecht” nicht überzeugen.
Auch der Alternativvorschlag der Verwerterseite vom 10. April 2001 liegt so weit von dem Grundanliegen der
Bundesregierung entfernt, dass auf dieser Basis eine Annäherung nicht möglich ist. Aber eine Reihe von Kritikpunkten der Verwerterseite nimmt die Bundesministerin der Justiz sehr ernst und hat sie zum Anlass genommen, Wege prüfen zu lassen, auf denen man aufeinander zugehen und Sorgen der Verwertung begegnet werden könnte. Bei dem letzten Gespräch am 14. September mit dem künftigen Vorsteher des Börsenvereins, Herrn Schormann, Herrn Dr. v. Lucius, Herrn Dr. Honnefelder, Herrn Dr. Heker und Herrn Dr. Sprang hat das Bundesministerium der Justiz eine Prüfung in folgende Richtung zugesagt, um zu mehr Einvernehmen zu kommen:
Im Gesetzestext könnte klargestellt werden, dass im Grundsatz zwischen Verwerter und Urheber das gilt, was sie vertraglich vereinbart haben. Nur in den Fällen, in denen die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, erhält der Urheber einen Ergänzungsspruch, mit dem er die Differenz nachfordern kann. Im Geschäftsbereich des Börsenvereins dürfte es damit bei der überwiegenden Zahl der Vertragsgestaltungen so bleiben wie bisher, da in der Regel angemessen vergütet wird. Zu lösen bleibt freilich das Sonderproblem der Übersetzer.
Der Ergänzungsanspruch könnte so konzipiert werden, dass er sich grundsätzlich nur gegen den Vertragspartner des Urhebers richtet, nicht aber direkt gegen den jeweiligen Nutzer des Werkes. Der bisher vorgesehene direkte Zugriff auf den Unterlizenznehmer könnte für den Regelfall entfallen und damit auch die befürchteten Rückabwicklungsprobleme. Allerdings müsste es für Ausnahmefälle, in denen zum Beispiel der Vertragspartner wegfällt oder insolvent wird, eine Möglichkeit des Durchgriffs auf den Verwerter geben, der das Werk des Urhebers genutzt hat.
Der Kritik, es fehle an der Bestimmung der Angemessenheit, könnte zunächst bis zum Vorliegen der gemeinsamen Vergütungsregeln dadurch begegnet werden, dass die Angemessenheit im Gesetzestext definiert wird: Als angemessen könnte definiert werden, was für vergleichbare Leistungen im redlichen Geschäftsverkehr üblich ist. Das schafft von Anfang an Rechtssicherheit und verhindert unnütze Nachforderungen und Prozesse.
Rechtssicherheit schaffen aber alsbald vor allem und mit Vorrang die gemeinsamen Vergütungsregeln. Werden diese bei der Bestimmungen der Vergütung im Vertrag zu Grunde gelegt, so wird es nichts mehr zu prozessieren geben. Es liegt damit vor allem auch im Interesse der Rechtssicherheit der Verwerter, sobald wie möglich zu gemeinsamen Vergütungsregeln zu kommen.
Die Bundesregierung wird in dieser Richtung weiter prüfen und sich auch in den nicht so essenziellen Fragen bemühen, auf die Verwerterseite zuzugehen. Sie wird ihre Prüfungen aber immer auch mit den Verbänden der Urheber beraten und den Konsens auch in dieser Richtung suchen. Es wäre gut, wenn gerade dieser notwendige Konsens mit den Urhebern nicht durch Kampagnen belastet würde, für die den Urhebern das Verständnis fehlen dürfte.
Zuerst erschienen im
Börsenblatt am 26. September 2001
Erschienen am 22.11.2001
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