In 299 bundesweiten Wahlkreisen wird gewählt. In einer wöchentlichen Kolumne heftet sich politik-digital für die verbleibende Zeit bis zur Bundestagswahl an die Fersen eines jungen Direktkandidaten im Wahlkreis 007. Berichte und Eindrücke sowie Banales bis Kurioses des Stimmenfangs im Wahlkampf vor Ort.

 

„Den Kandidaten mit Rat und Tat durch den Wahlkampf zu begleiten, ihm Mut zu machen, wenn er Bedenken hat, und ihn nach einer misslungenen Aktion wieder zu motivieren“, so lautet eine Beschreibung der Aufgaben eines Wahlkampfteams in Marco Althaus` Wahlkampfstandardwerk „Kampagne!“. Eine gut funktionierende Aufgabenteilung, Teamgeist und Verständigung gehöre zwar zu den grundlegenden Fertigkeiten innerhalb des Politikmanagements, doch selbstverständlich sei die Umsetzung keineswegs.

Naomi Creutzfeldt kennt die wissenschaftliche Theorie zur Genüge. Die 27-jährige Kommunikations- und Medienwissenschaftlerin wurde spontan nach einem Praktikumsaufenthalt in Australien vom Bundestagskandidaten Ole Schröder um Unterstützung und Teilnahme im Wahlkampfteam gebeten. Ihre Aufgabe soll es sein, besonders im Bereich der internen Kommunikation und Organisation, im Marketing- und Public-Relations-Bereich Hilfestellung in der Praxis zu geben. Parteipolitisch ungefärbt lehrt Creutzfeldt seit einigen Wochen das ABC des Wahlkampfs und hat durchaus Erfolge bei ihren politischen Schülern in Schröders Team.

Teamspirit – Elf Freunde müsst ihr sein

Wichtigste Grundlage ist die Mannschaft, betont Creutzfeldt und ruft dabei die Sepp-Herberger-Fussballweisheit des Teamspirit ins Scheinwerferlicht der Wahlkampfarena: Elf Freunde müsst ihr sein. In Ole Schröders Wahlkampftruppe fand Beraterin Creutzfeldt eine gute Mischung aus älteren erfahrenen und jungen motivierten Personen vor. Das Potential war vorhanden. Trotzdem konnte man in dem einen oder anderen Bereich noch etwas verbessern, stellte die junge Studentin fest und machte sich an die Arbeit.

Die interne Kommunikation stand ganz oben auf Creutzfeldts Liste. Das Wahlkampfteam trifft sich nun häufiger, fast schon täglich. Jeder soll informiert sein. Neuigkeiten und Planungen werden nur noch im Beisein der Mannschaft behandelt. Insbesondere Schröder selbst soll sich auf seine eigentlichen Aufgaben konzentrieren können: das tägliche Gespräch mit dem Bürger. Dazu mussten Mechanismen gefunden werden, um die Organisation vom Kandidaten fernzuhalten. Klingt logisch, doch an der Umsetzung hapert es in fast jedem Management, weiß Creutzfeldt. Das konkrete Ziel für Ole Schröder und sein Team ist das Gewinnen des Direktmandats im Kreis Pinneberg. Dazu kann gar nicht oft genug betont werden, dass alle für eine gemeinsame Sache einstehen. Diese Weisheit muss jedoch auch in die tägliche Arbeit und die Pressemitteilungen vermittelt werden. Die eigentlich so einfache Botschaft wird vielfach bis zur Unverständlichkeit verzerrt. Nicht nur Berufspolitiker, sondern auch die Ehrenamtlichen haben es an sich, vorgefertigte Politikslogans in die Öffentlichkeit zu werfen und die Medien mit Informationen zu überschütten.

Kandidatenprofil und persönlicher Stil

Viel griffiger für die Bürger sind die sogenannten Give-Aways, ein altbewährtes Mittel der Produkt-Promotion. Ob Kugelschreiber, Schreibblöcke, Luftballons, Einkaufswagenschips oder Flyer. Die umworbenen Wähler haben etwas in der Hand, was sie mit dem Kandidaten verbindet. Bürgernähe ist das Zauberwort, das Kandidat Schröder durch Info-Stände und Hausbesuche zu verwirklichen sucht. Ein Kandidat kann eine charismatische Persönlichkeit und ein gutes Programm sein Eigen nennen, so Medienberaterin Creutzfeldt, doch nützt ihm dies nur wenig, wenn er dies nicht durch Kontakte zu den Menschen und durch die richtige Präsentation transportieren kann. Ole Schröder ist zum ersten Mal Bundestagskandidat. Als junger Neuling in der Bundespolitik ist er motiviert und steht mit Zielstrebigkeit und dealismus hinter seinen Aussagen. Auch sein Lebenslauf ist für die Bürger mit dem Kreis Pinneberg verbunden. Die Möglichkeiten, die individuelle Persönlichkeit des Kandidaten den Pinneberger Wählern aufzuzeigen, sind dadurch natürlich noch zahlreicher. Negativ ist vor allem der Mythos des Vollblutpolitikers, warnt Creutzfeldt. Die Menschen dürfen nicht den Eindruck bekommen, der Kandidat sage er nur, was die Leute hören wollen. Sie müssen die Persönlichkeit ihres Bundestagskandidaten erkennen und sich mit ihr identifizieren.

Nicht zuletzt sind dabei auch die rhetorischen Fähigkeiten wichtig. Was für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gilt, zählt umso mehr beim Halten von Reden vor Menschenmassen oder dem direkten Gespräch mit dem einzelnen Bürger. Verständlichkeit und klare Argumente sind Trumpf. Nicht nur Schröder selbst bekommt in dieser Disziplin noch ein wenig Nachhilfeunterricht. Auch die Mitglieder des Wahlkampfteams und die Helfer bei den Werbeaktionen haben ein spezielles Kommunikationstraining durch einen Unternehmensberater besucht. Auch für die Unterstützer ist es wichtig, zu lernen, ihr politisches Programm selbst dem unpolitischen Bürger näher zu bringen und sein Interesse für die Bundestagswahl am 22. September zu wecken. Auch online können diese Talente wichtig sein: Vergangene Woche chatteten die vier Bundestagskandidaten im Kreis Pinneberg auf der Homepage des Kreisjugendringes (
www.kjr-pi.de). Kurz und verständlich: Auch im Chat das A und O.

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Erschienen am 05.09.2002