Nach der Unabhängigkeit Lettlands rückten russisch und lettischsprachige Bevölkerung immer weiter auseinander. Das hatte auch Auswirkungen auf das LATNET. Seit Sommer 2004 versucht ein Projekt der Soros-Stiftung, den Dialog von Menschen unterschiedlicher Nationalitäten in Lettland zu fördern. Anna Stroja wirkt in Riga als Chefredaktuerin am Projekt Dialogi.lv mit. Jens Steiner befragte sie für politik-digital.de zur Situation und Entwicklung des lettischen Internets


Dialogi.lv ist ein recht junges Portal. Wann wurde das Projekt ins Leben gerufen und welches Ziel verfolgt es?

Der Startschuss für Dialogi.lv fiel am 11. August 2004. Es ist ein Projekt der
George-Soros-Stiftung Lettland. Unser wichtigstes Ziel ist es, den Dialog zwischen Menschen verschiedener Nationalitäten, Kulturen, Altersgruppen zu fördern. So kann man auch die Vielfalt der lettischen Gesellschaft sichtbar machen. Auch kann man mit der Seite eine Alternative zur Verbreitung von Cyberhate schaffen.

Screenshot der lettisch-russischen Seite www.dialogi.lv

Beschreiben Sie doch einmal die Entwicklung und die derzeitige Situation des Internets in Lettland.

Nach Angaben der „Lettischen Internet Assoziation“, einer Nichtregierungsorganisation, gab es hier im Jahr 2004 bereits 750 000 Internet-Nutzerinnen und Nutzer. Ehrlich gesagt ist mir nicht bekannt, wie diese Zahl errechnet wurde. Anfangs waren die Hauptkunden der Internetanbieter Firmen. Inzwischen gibt es auch immer mehr Menschen, die das Internet auch von zu Hause aus nutzen können. Statistiken zu diesem Thema findet man auch auf der Seite
puls.lv .

Die meisten Nachrichtenseiten im lettischen Internet ermöglichen das Kommentieren einzelner Meldungen. Welche Rolle spielt die Kommentarfunktion im Latnet?

Nicht nur auf den Nachrichtenseiten sind Kommentare von großer Bedeutung. Auch in Foren spielen sie eine große Rolle. Dialogi.lv hat eine Vorreiterrolle. Hier geht es in erster Linie um den Kommentar als journalistisches Genre, wie man es aus den Massenmedien kennt. Mit dem Unterschied, dass in Radio, Fernsehen und Zeitungen nur Journalisten und Experten zu Wort kommen.

Warum haben sich Weblogs in Lettland als Grassroots Medium noch nicht so durchsetzen können, wie es zum Beispeil in den USA der Fall ist?

Wahrscheinlich hängt das damit zusammen, dass das russischsprachige Publikum, das gut zwei Drittel der Bevölkerung ausmacht, Blogs nur im
RUNET liest und verfasst.

Welche unabhängigen Medien gibt es im lettischen Internet?

Wenn man sich auf Angebote beschränkt, die nur im Netz zu finden sind, welche unabhängigen Medien existieren in Lettland?

Ich würde an dieser Stelle auf jeden Fall
apollo.lv erwähnen. Auf dieser Seite findet man auch ein Fülle von journalitischen Kommentaren. Ebenfalls nennenswert sind neben
dialogi.lv auch
delfi.lv, tvnet.lv und
politika.lv.

Welchen Einfluss haben diese Portale auf öffentliche Diskurse und die politische Kultur Lettlands?

Das ist noch recht schwer abzuschätzen. Ich vermute, fast keinen.

Das Interview für
politik-digital.de führte Jens Steiner.