Rolf Hoffmann leitet die Konzertierte Aktion “Internationales Marketing für den Bildungs- und Forschungsstandort Deutschland”. Im Interview schildert er, was die Hochschulen an ihrem Web-Auftritt verbessern müssen.

politik-digital: Herr Dr. Hoffmann, Sie leiten das Sekretariat Konzertierte Aktion (SKA) und die Geschäftstelle des Hochschulkonsortiums GATE-Germany. Was genau verbirgt sich dahinter?

Rolf Hoffmann: Auf Initiative von Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn haben sich in 2001 35 staatliche und nichtstaatliche Institutionen zur Konzertierten Aktion “Internationales

Rolf Hoffmann
Marketing für den Bildungs- und Forschungsstandort Deutschland”, zusammengeschlossen, um weltweit für den Bildungsstandort Deutschland zu werben und dessen Produkte zu verbessern.Das Sekretariat der Konzertierten Aktion ist zuständig für die Planung und Koordination der operativen Maßnahmen, d.h. die Konzeption und Koordination der weltweiten Imagekampagne “Hi! Potentials! International careers made in Germany”. In Ergänzung zur Konzertierten Aktion hat das von
DAAD und
HRK gebildete Hochschulkonsortium
GATE-Germany im gleichen Jahr seine Arbeit aufgenommen.GATE-Germany unterstützt seine 100 Mitgliedshochschulen bei ihrer eigenen internationalen Vermarktung und Positionierung im Ausland durch Werbeveranstaltungen im Ausland, Fortbildungsmaßnahmen, Medienunterstützung und individuelle Dienstleistungen für seine Mitglieder.

In den letzten 2 Jahren haben wir mit GATE-Germany und der Konzertierten Aktion bei mehr als 130 internationalen Bildungsveranstaltungen (Bildungsmessen, road shows, Leistungsshows deutscher Wirtschaftsunternehmen etc) den Studien- und Forschungsstandort Deutschland präsentiert. Wir haben bei diesen Veranstaltungen mittlerweile über 120.000 Interessenten im Ausland direkt ansprechen können, und wir wissen, daß die Hochschulen, die mitmachen, einen deutlichen Anstieg von Bewerbungen qualifizierter internationaler Studierender von dort erhalten haben, wo sie mit uns aufgetreten sind. Dies zeigt ja auch die allgemeine Statistik, die einen überproportionalen Anstieg ausländischer Studierender gerade aus den Zielländern der Konzertierten Aktion verzeichnet.



politik-digital:
Warum sollen denn Studierende aus dem Ausland nach Deutschland geholt werden? Die Hörsäle sind doch jetzt schon immer überfüllt.

Rolf Hoffmann: Es ist nicht unser Anliegen, die Studierendenzahlen an deutschen Hochschulen undifferenziert zu steigern, sondern Deutschland im internationalen Bildungswettbewerb qualitativ besser zu positionieren. Während insbesondere die englischsprachigen Länder wie die USA, Großbritannien und Australien schon seit Jahren um hochqualifizierte Studierende und Wissenschaftler konkurrieren, hat sich Deutschland mit der Konzertierten Aktion und GATE-Germany erst vor gut zwei Jahren in diesen Wettbewerb „um die besten Köpfe“ eingereiht. Weltweit gibt es annähernd zwei Millionen mobile Studierende, Graduierte und Nachwuchswissenschaftler, von denen die besten die zukünftigen Eliten ihrer Heimatländer bilden. In vielen ihrer Heimatländer – besonders in Asien – gibt es nicht ausreichende Ausbildungskapazitäten an den Hochschulen. Gleichzeitig stagniert, ja sinkt sogar in manchen Fächern in den Industrieländern – also auch bei uns – das Interesse an den klassischen Natur- und Ingenieurwissenschaften seit Jahren.

Beim Hochschulmarketing geht es aber nicht nur darum, internationales Wissen und fremde Kulturen in deutsche Hörsäle zu tragen, sondern auch um den Aufbau eines Netzwerkes ausländischer Nachwuchseliten, das wiederum den Grundstein für weitreichende, langfristige Kooperationen mit Deutschland in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft legt. Schließlich trägt die Präsenz Deutschlands auf dem internationalen Bildungsmarkt letztendlich auch zur Qualitätsverbesserung der deutschen Forschung und Lehre bei, wenn wir die Besten der Besten erreichen und nach Deutschland zu einem Studien- oder Forschungsaufenthalt einladen können.



politik-digital:
Wie steht Deutschland denn im internationalen Vergleich da?

Rolf Hoffmann: Als Gastland rangiert Deutschland mit etwa 166.000 ausländischen Studierenden an dritter Stelle, hinter den USA und Großbritannien mit 453.785 bzw. 198.839 ausländischen Studierenden. Auch wenn sich die Zahl der Bildungsausländer an deutschen Hochschulen seit 1976 vervierfacht hat, hat Deutschland gegenüber den genannten Ländern durchaus Nachholbedarf. Hinzu kommt, daß die anderen europäischen Länder wie beispielsweise Frankreich und die Niederlande sich auf dem internationalen Bildungsmarkt ebenfalls zunehmend stärker präsentieren.



politik-digital:
Welche Rolle spielt das Internet aus Ihrer Sicht heute bei der Anwerbung der internationalen Studierenden?

Rolf Hoffmann: Das Internet spielt eine wichtige Rolle bei der Anwerbung ausländischer Studierender und Wissenschaftler, was sich auch an den Userstatistiken des KA-Internetportals
www.campus-germany.de ablesen läßt:

Campus-Germany verzeichnet mit seinem umfassenden fünfsprachigen Informationsangebot mehr als eine Millionen Seitenabfragen pro Monat – und die Tendenz ist steigend.

Das Internet garantiert eine schnelle und aktuelle Aufbereitung wichtiger Informationen, die die ohnehin teureren Printmedien nicht zu leisten imstande sind. So konnte die unlängst modifizierte Arbeitszeitregelung für ausländische Studierende und Wissenschaftler aktuell über das Netz bekannt gegeben werden.

Das Internet unterstützt ausländische Studierende nicht nur bei ihrer Suche nach einer geeigneten Universität, sondern informiert sie auch über die für sie besonders wichtigen wissenschaftlichen communities und Freizeitaktivitäten.

Zu guter Letzt erreicht das Internet nahezu jeden Winkel der Erde und ist somit das perfekte Medium zur Ansprache unserer Zielgruppe weltweit.

politik-digital: Bislang finden ja immer noch real-life Reisen ins Ausland statt, um direkt für den Hochschulstandort Deutschland zu werben. Glauben Sie, dass das Internet große Teile dieser Aufgabe übernehmen kann? Wenn ja wie und gibt es bereits Beispiele?

Rolf Hoffmann: Das Internet stellt eine wichtige Ergänzung unsere Werbeaktivitäten im Ausland dar, kann diese jedoch nicht ersetzen. Der persönliche Kontakt und die Möglichkeit einer individuellen Beratung machen das deutsche Studien- und Forschungsangebot für ausländische Interessierte greifbarer und authentischer als es das Internet vermag. Darüber hinaus integrieren wir einige unserer Auftritte in einen bestimmten thematischen Kontext (z.B. Wirtschaftsmessen, Fachmessen, Wissenschaftsausstellungen), die den Bezug zwischen Bildung, Wissenschaft und Wirtschaft werbewirksam veranschaulichen.

Das Internet respektive campus-germany hilft uns jedoch, erfolgreich für unsere Veranstaltungen zu werben. Dies wäre mit anderen Medien durchaus schwieriger und kostenintensiver.

Darüber hinaus ergänzt campus-germany die am Informationsstand geführten persönlichen Beratungsgespräche um eine Fülle wichtiger Detailfragen und Zusatzinformationen. Die Adresse unseres Internetportals wird im übrigen auf unseren Standmaterialien beworben. Nicht selten finden Interessenten über unsere Broschüren wieder den Weg zu campus-germany.



politik-digital:
Die Studie Glob@lma Mater kommt ja zu dem Ergebnis, dass noch einiges zu tun ist, um das Internet adäquat zu nutzen? Wie wollen Sie das Potenzial voll entfalten, beziehungsweise was sind ihre Handlungsempfehlungen an die Hochschulen?

Rolf Hoffmann: Es besteht in der Tat Verbesserungsbedarf hinsichtlich der Webauftritte vieler deutscher Hochschulen. GATE-Germany bietet mit entsprechenden Schulungen auch hier Hilfestellung an.

Die Studie Glob@lma Mater hat gezeigt, daß das Angebot deutscher Hochschulen für internationale Leser nicht immer durchgängig auf Englisch verfügbar ist. In diesem Punkt besteht also dringend Handlungsbedarf.

Da Universitäten ihre Websites mitunter dezentral gestalten, ist ihr Angebot häufig – besonders mit Bezug auf ausländische Zielgruppen – uneinheitlich und unübersichtlich, und hat sehr oft noch einen eher selbstdarstellerischen Charakter. Um ein größeres Maß an Nutzerfreundlichkeit zu erzielen, sollten Universitäten stärker auf die Einheitlichkeit ihres Webangebots achten, die Informationen gebündelt darstellen und vor allem daran denken, wer sie liest – eben nicht der informierte deutsche Universitätsangehörige, sondern jemand im Ausland, der in der Regel noch nie in Deutschland war, kein Deutsch kann, nichts über Deutschland, Universitäten hier oder Fachhochschulen da weiß und der zunächst schlicht Infos – und die eher in Englisch – will. Die meisten Websites behandeln ausländische Studierende und Wissenschaftler als eine homogene Gruppe, berücksichtigen also nicht deren unterschiedliche Herkunftsländer und Informationsbedürfnisse. Auch werden nur unzureichend die unterschiedlichen Rahmenbedingungen von lang- und kurzfristigen Studienaufenthalten dargestellt. Darüber hinaus sollte die für Ausländer besonders hilfreichen Hinweise auf wissenschaftliche Communities und Mentorenprogramme prominenter platziert werden. Der Empfehlung der Studie an die Hochschulen, ihr Internetangebot zielgruppenspezifischer zu gestalten, kann ich mich nur anschließen.