Mit Kunst lässt sich im Netz Geld machen, das beweisen unterschiedliche Online-Portale. Es handelt sich dabei um Dienstleistungsunternehmen wie artnet.com oder eyestorm.com, die die Vermittlung von Informationen über den Kunstmarkt mit den Datenbanken und Lagerbeständen von Galerien koppeln und somit zu Kunstmessen virtueller Natur werden. Auch renommierte Galerien und führende Auktionshäuser wie sothebys.com nutzen das Web, um Sammlern Kunst anzubieten. Und nicht zuletzt bietet das Internet den Hauptakteuren, den Künstlern, die Möglichkeit sich und ihre Kunst weltweit zu präsentieren.

Wer schon immer einmal von einem Kunstwerk seines Lieblingskünstlers an den eigenen vier Wänden geträumt hat, das nötige Kleingeld dafür besitzt, aber nicht mit den Spielregeln auf dem Kunstmarkt vertraut ist, dem kann geholfen werden. Vorbei ist das nervöse Nägelkauen vor der Eingangstür einer Galerie. Die Portal-Site für Kunst im Web
artnet.com bietet Kunstinteressierten seit 1995 den kostenlosen Service, sich einen umfassenden Überblick über die Angebote internationaler Galerien zu machen. Mittlerweile sind es 1.300 Händler, die bei artnet vertreten sind. Über die alphabetische Auflistung der Künstlernamen gelangt man zu den Galeristen, die den gesuchten Künstler vertreten. Kaufen kann man allerdings nicht im Netz, dafür muss man sich mit der Galerie in Verbindung setzen. Ein weiteres Angebot der Seite informiert über die Preisentwicklung der Künstler auf dem internationalen Kunstmarkt und verhindert, dass man über’s Ohr gehauen wird. Seit März 1999 gibt es auch Auktionen bei artnet, die nach schleppenden Beginn mittlerweile so gut laufen, dass sogar Objekte im Wert von 20000 bis 30000 Dollar verkauft werden. 1999 hat artnet 1 Million Dollar erwirtschaftet, mit steigender Tendenz. Hans Neuendorf, Mitbegründer der
Art Cologne und CEO von artnet, hat sich mit diesem Dienstleistungskonzept auch Respekt bei der Konkurrenz verschafft. In einem Interview nannte der Chairman des Auktionshauses
Phillips, Simon de Pury, den ehemaligen Hamburger Galeristen einen “Visionär, der mit dem Internet die Markterweiterung vorangetrieben hat.”

Wie wäre es mit einem knackigem Paul Newman, fotografiert von Dennis Hopper?

Übersichtlicher, poppiger und mehr auf den interessierten Laien zugeschnitten ist der Konkurrent
eyestorm.com. Per Mausklick kann man hier Werke von Künstlern wie Damien Hirst, Helmut Newton, Andy Warhol oder Jeff Koons online kaufen. Die Preise sind moderat, da keine Unikate, sondern limitierte Editionen angeboten werden. Wie wäre es mit einem jungen, knackigem Paul Newman am Strand, fotografiert von Dennis Hopper? Handsigniert ist das Kunstwerk für 500 Dollar zu haben. Wem es dann doch nicht gefällt, kann das gute Stück innerhalb von 28 Tagen bei Geld-zurück-Garantie wieder loswerden. Um das Geschäft anzukurbeln, knüpft eyestorm ungewöhnliche Kontakte mit branchenfremden Firmen. In Kooperation mit der Fluglinie Virgin können sich Reisende im Londoner Clubhouse der Flughäfen Heathrow und Gatwick Kunstwerke aus dem Angebot ansehen, sozusagen als Lückenfüller zwischen zwei Flügen, bei denen man sich dann die Zeit mit Kunstkauf am mitgebrachten Laptop vertreiben kann. So dürfte das Kalkül der eyestorm Manager aussehen, zumindest haben sie sich damit eine clevere Variante ausgedacht, ihr Angebot bekannt zu machen. Das renommierte britische Auktionshaus
Sothebys ist in der Branche bekannt genug, aber auch hier haben die Marketingstrategen das Internet als wichtigen Marktplatz erkannt – im Gegensatz zu den Konkurrenten
Christie’s und
Phillips, die keine online auctions im Programm haben. Bei Sotheby’s gibt es nicht nur bildende Kunst zu ersteigern, sondern auch Bücher, Keramik, Möbel, Schmuck, Silber, Uhren und sogar Briefmarken. Bei einem Ausflug in die Rubrik Kunst stieß die Autorin auf eine T-Shirt-Studie von Keith Haring für 1900 Dollar, drückte auf den Button “Bid” und erhielt den Hinweis, dass ihr Bietgesuch vor allen Teilnehmern im Netz geheim gehalten werden würde. Sehr beruhigend, aber 1900 Dollar sind auch kein Pappenstiel. Zeitgenössische Kunst ist aber auch bei Sotheby’s ab 600 Dollar zu haben.

Deutsche Kunst-Portale sind nicht sehr professionell

Im deutschsprachigen Raum gibt es keine vergleichbaren professionellen Angebote. Verschiedene Internet-Portale geben einen Überblick über die deutsche Kunstszene wie
art-in.de,
artscene.de,
galeriendeutschland.de oder
art-edition.de. Andere bieten Werke junger Talente online zum Kauf an, zum Beispiel auf
bigart.de,
dogmagallery.com,
gama-art.de,
artonnet.de. Für Berater in Sachen Kunst ist eine Website mittlerweile zum wichtigen Akquiseinstrument geworden. Die Kunstagentur
Thomessen berät Unternehmen und Sammler, entwickelt individuelle Konzepte zur Ausstattung von Unternehmensräumlichkeiten und präsentiert diese als computergenerierte Animationen. Beim Kauf eines Kunstobjekts übernimmt sie den Transport, die fachgerechte Hängung und Rahmung, was je nach Aufwand seinen Preis hat und für Interessierte mit kleinem Geldbeutel wohl nicht in Frage kommt. Zielgruppe der
Kunstberatungen sind deshalb vor allem Unternehmen, die das Engagement für Kunst als wichtigen Imagefaktor entdeckt haben. Die Agentur
connecting-art.com arbeitet gezielt mit sechs jungen Künstlern zusammen, die je nach Vorstellung des Unternehmens Kunstwerke für die Präsentation in den Geschäftsräumen schaffen. Dieses Konzept nennen die Macher corporate art. Es steht für “unternehmensspezifische Kunstprojekte, die wir in unserer interdisziplinären Gruppe aus der Synergie von Kunst und Marketing entwickeln.” Inwieweit man das Konzept allerdings noch der Kunst zuordnen kann, ist fragwürdig, da das Unternehmen ganz ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückt. Es handelt sich um ein Geschäftsmodell, in dem die Kunst vor dem Profit-Gedanken in den Hintergrund gerät.

Nutznießer des Internet sind vor allem junge Künstler

Die Organisation einer Ausstellung in einer Galerie ist eine teure Angelegenheit. Der Transport der Kunstwerke, die Versicherung und die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit kosten viel Geld. Etablierte Künstler, die von einer Galerie professionell vertreten werden, brauchen sich darüber keine Gedanken zu machen, da die Kosten vom Händler übernommen werden. Aber besonders für junge Künstler ist es schwierig, auf dem Kunstmarkt wahrgenommen zu werden. Bereits genannte Web-Sites wie
bigart.de oder
dogmagallery.com präsentieren junge Kunst, ebenso wie
artist-window.de, die Künstler in alphabetischer Reihenfolge vorstellt und mit denen der Interessent zwecks Kauf individuell in Kontakt treten kann.

Das Portal
kunstdirekt.net bietet viele Serviceleistungen für Künstler an. Zu fairen Preisen kann man sich eine Homepage bauen lassen, die kostenlos in die Linklisten eingetragen wird. Außerdem werden auf Anfrage digitale Werkkataloge auf CD-Rom erstellt. Voraussetzung, um sich bei
germanartists.de für eine Monatsausstellung zu bewerben, ist eine funktionstüchtige und dokumentatorische Homepage. Ausgestellt werden alle Genres der bildenden Kunst.

Auffällig bei vielen deutschen Kunst-Portalen ist die Konzentration auf den präsentierten Inhalt, also die Kunst und ihre Künstler, was sinnvoll erscheint. Das Design und der Aufbau der Seiten lässt leider oft zu wünschen übrig, ebenso wie die Qualität, in der die Kunstwerke wiedergegeben werden. Der direkte Blick auf das Original kann durch eine Internetpräsenz nicht ersetzt werden, aber die Möglichkeiten, sich zu informieren und unkompliziert Kontakt zu Künstler und Sammler aufzunehmen, werden dadurch erweitert.

Erschienen am 17.01.2002