Für die einen ist es ein nützliches Recherchewerkzeug bei der Suche nach längst verschwundenen Websites. Für die anderen ist das gemeinnützige Projekt archive.org der Restaurator und Archivar des digitalen Weltkulturerbes. Nun geht es dem Internet-Archiv an den Kragen. Eine dritte Gruppe erhofft sich finanzielle Vorteile in Höhe von 3 Millionen US-Dollar durch eine Klage gegen archive.org.
Die Klage stellt den ersten juristischen Akt gegen ein Internet-Archiv dar. Die Firma Healthcare Advocates aus Philadelphia klagt gegen das Projekt. Die Klage stützt sich auf die Behauptung, eine Anwaltskanzlei namens Follmer & Frailey aus Philadelphia habe die Suchmaschine des Archivs (“Wayback Machine”) gehackt. Somit hätte sie Zugang Geschäftsgeheimnissen und urheberrechtlich geschützten Daten gehabt. Die Anwälte haben diese Anschuldigung bisher dementiert. Für die von ihnen recherchierten Daten sei kein Hack notwendig gewesen.
Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein Unternehmen jemals Firmengeheimnisse im World Wide Web veröffentlichen würde. Andere Netze durchsucht die Wayback Maschine von archive.org nicht. Der Urheberrechtsverstoß sei beim Auswerten der Log-Dateien aufgefallen, behaupteten die Healthcare Advocates. Dabei habe man bemerkt, dass verstärkt Daten aus dem Jahr 1999 abgerufen wurden. Diese wurden aber durch einen Routine-Vorgang bei archive.org gesperrt. In solchen Fällen wird dem Spider des Archivs im Ordner Robots.txt der Zugang zu bestimmten Daten verweigert.
Allem Anschein nach hat man es in dem Unternehmen versäumt, die Original-Dateien auf den hauseigenen Computern ebenfalls zu sperren. Eine derartige Gelegenheit könnte sonst verschiedene User verleiten, diese Ordner etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.
Die Kläger beziehen sich auf den “Computer Fraud and Abuse Act” und den “Digital Millennium Copyright Act”. Für jede der 92 angeführten, angeblichen Rechtsverletzungen rechnet die Firma mit einer Strafe von je 30.000 US-Dollar. Der gesamte Schaden für die Non-Profit Organisation würde sich auf etwa drei Millionen US-Dolar belaufen.
Gegenüber der amerikanischen Zeitung “The Star Ledger” sagte Scott Christie von McCarter & English, einer Kanzlei aus Newark, die die Healthcare Advocates rechtlich vertritt: “Wahrscheinlich wussten sie besser als jeder andere, dass das nicht der richtige Weg ist, Dinge zu tun.”
John Earley III of Harding von der Kanzlei Follmer & Frailey sagte dem Blatt, die Vorwürfe würden keinerlei rechtliche Grundlage haben. Seine Firma habe ihre Recherchen mit völlig legalen Mitteln erstellt, die allen Nutzern des Internets zur Verfügung ständen.
Nach einem Firmenzusammenschluss sollen die archivierten Postings geholfen haben, Ansprüche eines wirtschaftlichen Konkurrenten abzuwehren. Von archive.org selbst wurde zu diesem Vorfall noch kein offizielles Statement abgegeben.