Welche Themen wollen die Parteien auf die Tagesordnung setzen? Was bieten sie an und was haben sie über die anderen zu sagen? Wie präsentieren sie sich im Netz? Sechs Parteien auf den virtuellen Zahn gefühlt.
Die
Liberal Party lässt auf ihrer Webseite keinen Zweifel: Australien sei das beste Land der Welt, “to protect, secure and build Australia’s future” das Ziel. Ausführlich wird John Howard vorgestellt und auch nicht davor zurückgeschreckt, George W. Bush und Tony Blair als Leumundszeugen aufzubieten. Auch wer sich über die weiteren Kandidaten, das Programm, die laufenden Pressemeldungen und einige wenige Wahlwerbespots informieren möchte, wird hier fündig. Leider behindert die unklare Navigation dabei eher als das sie hilft. Wer mag, darf die Partei per Online-Spende unterstützen oder den Newsletter abonnieren. Interaktives Spiel und gar Spaß sucht man allerdings vergeblich. Angeboten werden lediglich drei dröge Wallpaper und ein Banner, welches den Oppositionsführer, Mark Latham, als “Fahrschüler” in Fragen der Wirtschaftspolitik verunglimpft. Überhaupt, der Opposition hat die Liberal Party einen ganzen Bereich, “Labor Watch”, gewidmet. Leider wird hier nur eine unmotivierte und schlecht aufbereitete Zusammenstellung von Kampfschriften und ministeriellen Pressemeldungen angeboten.
Die
Australian Labor Party (ALP) kann das aber freilich nicht auf sich sitzen lassen und kontert ihrerseits mit “Truth Overboard … 35 Lies and Counting”. Kurzweilig werden hier Aussagen der Howard-Regierung mit Aussagen der Howard-Regierung konfrontiert; die Themen reichen von Massenvernichtungswaffen im Irak bis hin zu steigenden Bierpreisen. Die gut strukturierte Seite bietet ansonsten auch ausreichend Material, um sich über die Ziele und Pläne von Labor zu informieren. Zu Mark Latham selbst gibt es kaum Informationen und wer seine persönliche
Seite aufruft, wird gleich wieder zur ALP geleitet. Auch Labor kann der geneigte Besucher seine Spende zukommen lassen. Neben dem obligatorischen Newsletter kann sich der Interessierte auch zeitgemäß per RSS über aktuelle Entwicklungen auf dem Laufenden halten lassen. Anschauen kann man sich zudem die Wahlspots. Um Labor im Wahlkampf auf der Straße zu unterstützen, lassen sich per Ausdruckformular auch zwei T-Shirts und eine Kappe kaufen. Wirklich funky sieht man damit aber wohl nicht aus.
Der kleine Koalitionspartner in der Regierung, die auf die ländliche Bevölkerung Australiens ausgerichtete
National Party, unterhält eine deutlich bescheidenere Webseite als die beiden großen Parteien. Das Angebot umfasst Pressemeldungen, Dokumente zu Themen und Zielen im PDF-Format, ein Video und Kurzbiographien zu den Kandidaten, inkl. dem stellvertretenden Premierminister John Anderson. Auch von der National Party kann man sich per Newsletter informieren lassen, auch hier kann man spenden. Als kleinere Partei ist sie wohl stärker auf freiwillige Wahlkampfhelfer angewiesen und spricht diese gezielt per Webformular an. So kann man sich auch melden, um ein Wahlschild im eigenen Garten aufzustellen. Einziges Gimmick der Seite ist ein “Labor Loan Calculator”, der vorrechnet, wie sich die Zinsen für Hauseigentümer unter Labor verteuern würden – ohne Gewähr, versteht sich.
Die Australian Democrats leiten einen direkt auf eine eigene
Wahlkampfseite weiter. Diese hat zwar im wesentlichen die gleichen Inhalte, ist aber ein wenig übersichtlicher aufgebaut. Die Kandidaten präsentieren sich auf der Startseite im Law & Order-Stil als “The Lie Detectors”. Senator Andrew Bartlett wirbt in seiner Begrüßung damit, dass die Democrats darüber wachen, dass die Regierung – ob Coalition oder Labor – ehrlich bleibt. Übersichtlich werden das Programm, auch als “Minifesto”-Kurzfassung, und die Kandidaten vorgestellt. Mit einem “First Time Voter Kit” werden gezielt die Erstwähler angesprochen und Fragen rund um die Partei und die Wahl beantwortet. In Einklang mit den anderen Seiten, kann man auch hier spenden, die Pressemeldungen der Partei anschauen und einen Newsletter abonnieren. Eine ganze Reihe von Wahlspots lassen sich als Flashfilm anschauen. Originellerweise bieten die Democrats einen Briefkastenaufkleber gegen Wahlwerbung an. Wer sich schon entschieden hat, kann sich damit vor weiterer Information/Propaganda schützen.
The Greens präsentieren sich mit einem farblich passenden Online-Auftritt. Auch hier gibt es umfangreiches Material zu den issues, die die Grünen bewegen, Strategien zu ihrer Bewältigung (überwiegend als PDF-Dokumente) und den Kandidaten inkl. Fotogallerien. Wie bei den anderen Parteien befinden sich ein Newsletter und die Gelegenheit zur Spende im Angebot. Und da sich die Greens als Graswurzelorganisation verstehen, werden auch freiwillige Helfer direkt angesprochen. Einzigartig unter den betrachteten Parteienseiten ist das eigene Blog – “a firmly Greens-biased running commentary on the 2004 Federal Election”. Wer mag, kann an einer wechselnden kleinen, nicht repräsentativen, Abstimmung teilnehmen. In einer Rubrik “Upcoming Events” informiert die Seite über bevorstehende Fernsehauftritte, Diskussionsrunden oder andere Gelegenheiten, grüne Kandidaten zu erleben. Zum Multimediangebot gehören beispielsweise aktuelle Video- und Audiospots, Zeitungskommentare zu den “Greens” und eine Rezension von Michael Moores “Fahrenheit 9/11” von Senator Bob Brown, dem Vorsitzenden der Grünen.
Die rechtspopulistische
One Nation Party die Ende der 1990er Jahre einige überraschende Erfolge mit einer schrillen Anti-Einwanderungspolitik und anderen extremen Ansichten verbuchen konnte, ist mittlerweile wieder in der politischen Bedeutungslosigkeit verschwunden. Dazu hat auch beigetragen, dass die Coalition diese Wählerschichten bei sich einbinden konnte. Der Online-Auftritt der One Nation Party, spiegelt diese Entwicklung wieder und könnte auch aus den Anfangstagen des Internet stammen. Auf der Suche nach Substanz muss man sich auf die Seiten der einzelnen Landesverbände durchklicken, die dann in Hinblick auf Inhalt und corporate identity auch große Schwächen offenbaren. In New South Wales beispielsweise sind die Kernbereiche “News” und “Policy” gut eine Woche vor der Wahl immer noch “under construction”.
Weiter zum dritten Teil des Dossiers:
Abseits der Parteiprogramme
Erschienen am 30.09.2004
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