Ehefrauen sind Kernbestandteil jeder Wahlkampfstrategie. Während Teresa Heinz Kerry selbstbewusst ihre politische Meinung vertritt, bleibt Laura Bush ihrer Rolle an der Seite ihres Mannes treu.
Ehefrauen sind Kernbestandteil jeder Wahlkampfstrategie. Während Teresa Heinz Kerry selbstbewusst ihre politische Meinung vertritt, bleibt Laura Bush ihrer Rolle an der Seite ihres Mannes treu.
Obwohl die Schlacht um das Weiße Haus gerade erst begonnen hat, steht jetzt schon fest, wer in jedem Fall zu den strahlenden Siegern des amerikanischen Präsidentschaftswahlkampfs gehören wird. Die Rede ist nicht von John Kerry oder dem Amtsinhaber George W. Bush, sondern vielmehr von Teresa Heinz Kerry, der millionenschweren Witwe des vor 13 Jahren bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommenen Ketchup-Magnaten John Heinz. Angesichts der erstaunlichen Medienpräsenz von Teresa Heinz könnte man den Eindruck gewinnen, als ob sie im November gegen Präsident Bush antreten würde. Dabei ist Teresa Heinz, die fünf Sprachen spricht und nach ihrem Studium als Dolmetscherin für die Vereinten Nationen arbeitete, eigentlich “nur” die Ehefrau von John Kerry – und damit des Mannes, der aller Voraussicht nach den Vorwahlkampf der Demokratischen Partei für sich entschieden hat.
Eine Frau mit Profil
Während es dem Präsidentschaftsanwärter Kerry noch nicht recht gelungen ist, ein klares politisches Profil zu entwickeln, ist das seiner Gattin, die vor einem Jahr von den Republikanern zu den Demokraten gewechselt ist und nunmehr den Nachnamen Heinz Kerry trägt, um so eindeutiger. Die 65-jährige Teresa Heinz Kerry präsentiert sich der amerikanischen Öffentlichkeit in den letzten Wochen und Monaten als ebenso selbstbewusste wie eigenwillige Frau, die mit ihren politischen Ansichten nicht hinter dem Berg hält und sich von den Wahlkampfberatern ihres Mannes den Mund nicht verbieten lässt. Frau Heinz Kerry nutzt ihren Einfluss und ihr Vermögen schon seit langem für Umweltschutz, Bildung, die Förderung kultureller Projekte und die Gleichberechtigung von Frauen: So geißelt sie, auf die von der Bush-Regierung betriebene Außen- und Verteidigungspolitik angesprochen, schon mal die “Arroganz der Supermacht”, kritisiert den diskriminierenden Umgang der Republikaner mit Schwulen und Lesben oder teilt den staunenden Journalisten mit, dass sie Wahlkampfdebatten “albern” findet und auch sonst ein eher gespaltenes Verhältnis zur etablierten Politik hat: “Heute findet kreatives Denken nicht in Washington statt. Heute sind Wahlkämpfe die Friedhöfe für politische Ideen und die Geburtsstätten leerer Versprechungen.”
Mit Weblog aktiv im Wahlkampf
Auch im Internet-Wahlkampf von John Kerry, der seine Frau kürzlich als seinen “größten Trumpf im Wahlkampf” bezeichnete, spielt Teresa Heinz eine vergleichsweise prominente Rolle: Sie ist dort nicht nur mit den üblichen Angaben zur Person vertreten, sondern hat einen eigenen Weblog. Bemerkenswert sind auch die vielen Live-Streams ihrer Auftritte in diversen TV-Shows sowie die Links zu einer ganzen Reihe von bekannten amerikanischen Zeitungen, denen Teresa Heinz in den letzten Wochen und Monaten Rede und Antwort gestanden hat.
Frauenduell: Kerry gegen Bush
Teresa Heinz Kerry entspricht so gar nicht dem traditionellen Bild einer First Lady, wie es die Amerikaner etwa von der allseits beliebten Laura Bush gewöhnt sind. Frau Bush handelt und redet, wie von ihr erwartet wird. Sie engagiert sich für soziale Projekte, begleitet ihren Mann zu offiziellen Terminen, um sich ansonsten aus der Politik herauszuhalten. Dementsprechend stellt sich auch Laura Bushs Auftritt auf der Homepage ihres Mannes dar. Neben einer Kurz-Biographie, deren Schwerpunkt eindeutig auf ihrem karitativen Engagement liegt, findet sich dort eine Galerie mit Fotos, auf denen eine stets gut frisierte und lächelnde Präsidentengattin zu sehen ist.
First Ladies im Wahlkampf
So unterschiedlich Teresa Heinz Kerry und Laura Bush auch sein mögen: Beide sind längst elementarer Bestandteil der Wahlkampfmaschinerie ihrer Ehemänner. Im Kampf um das Weiße Haus müssen eben auch die Gattinnen der Kandidaten an die Medienfront. Der ehemalige Clinton-Berater Dick Morris hat schon vor Jahren auf die wachsende Bedeutung der Politikergattinnen hingewiesen: “Ehefrauen sind Kernbestandteil jeder Wahlkampfstrategie. Die Zeiten, in denen es ausreichte, die stumme Frau an seiner Seite zu sein, sind längst vorbei.” Teresa Heinz Kerrys Unkonventionalität, ihr unverblümter Umgang mit den Medien und ihr offensives politisches Engagement sind bei all dem ebenso wenig ein Produkt des Zufalls wie Laura Bushs Festhalten an der Rolle der “Frau an seiner Seite”. Mit der medialen Vermarktung von Person und Persönlichkeit der jeweiligen Gattin soll dem Wähler ein bestimmter Lebensentwurf präsentiert werden, der das Image des Kandidaten “abrundet”, seine Schwächen ausgleicht und seine Stärken ins rechte Licht rückt, um zur Identifikation einzuladen und um am Tag X den Ausschlag für den Wahlsieg zu geben.
Damenwahl in Deutschland
Diese Strategie hat längst Einzug in bundesdeutsche Wahlkämpfe gehalten. Interessanterweise weist der Bundestagswahlkampf 2002, zumindest was die Art und Weise der Präsentation der Kandidaten-Gattinnen angeht, verblüffende Parallelen zum laufenden amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf auf: Während Doris Schröder-Köpf von den SPD-Wahlkampfmachern als Prototyp der selbstbewussten Frau von heute in Szene gesetzt wurde, die sich in regelmäßigen Abständen in der” Bild”-Zeitung oder aber auf der Homepage ihres Mannes zu verschiedenen politischen Themen zu Wort melden durfte, versicherte Karin Stoiber, dass sie zwar politisch interessiert, aber keine Politikerin sei und sich folglich auch aus der Politik ihres Mannes heraushalten wolle. Oder um es mit den Worten des Meinungsforschers Richard Hilmer von Infratest Dimap zu sagen, der mit Blick auf das damalige “Hennenrennen aufs Kanzleramt” feststellte: “Die Frauen werden in den Medien bewusst eingesetzt, um den Kandidaten Profil und Wärme zu geben.” Im Fall eines Wahlsieges von John Kerry wird aber keine neue Hillary Clinton ins Weiße Haus einziehen. Teresa Heinz hat sich bereits in der Vergangenheit dagegen entschieden, sich um den Posten ihres verstorbenen Mannes als Senator von Pennsylvania zu bemühen und ist nach wie vor nicht an einer eigenen politischen Karriere interessiert. Vielleicht bewirkt der nächste Bundestagswahlkampf, die festgefahrenen Bahnen der Vermarktung des familiären Anhangs zu verlassen: Falls es Angela Merkel diesmal gelingen sollte, sich die Kanzlerkandidatur der Union zu sichern, wäre ihr Ehemann, Prof. Dr. Joachim Sauer, nämlich der erste Kanzlerkandidatinnen-Gatte, den die Republik gesehen hat. Das wäre eine echte Herausforderung für unsere ansonsten fleißig gen Amerika schielenden Wahlkampfstrategen.