(Artikel) Am 13. Mai 2007 wählt Bremen seine neue Bürgerschaft. Der Online-Wahlkampf im kleinsten Bundesland ist überraschend aktiv. Abgesehen von den Grünen bieten die Parteien jedoch keine Möglichkeiten zum direkten Dialog. Unabhängige Portale haben die besseren Angebote.

 

Die Bremer Parteien haben den Online-Wahlkampf seit der Bürgerschaftswahl 2003 zum Standard gemacht und sich damit dem Trend auf Bundes- und Länderebene angeschlossen. Alle Parteien bieten zur Bürgerschaftswahl 2007 Informationen zu den Spitzenkandidaten, ihrer Organisation, sowie Downloads ihrer Wahlprogramme, Termine und Presseerklärungen. Jedoch gehen die Seiteninhalte selten über reine Informationsangebote hinaus.

Kaum interaktive Angebote auf den Partei-Websites

Die beiden Volksparteien
SPD und
CDU verweisen den Wähler mit seinen Fragen auf ein E-Mail-Kontaktformular. Während die SPD in Hamburg, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen längst eigene Blogs unterhält, scheint es den Bremer Parteigenossen trotz der anstehenden Wahl an entsprechendem Ehrgeiz zu fehlen. Auch der amtierende Bürgermeister
Jens Böhrnsen (SPD) verzichtet auf interaktive Angebote. Der Kandidat der Bremer CDU,
Thomas Röwekamp, betreibt seit März 2007 immerhin ein eigenes Blog. Eine Kommentarfunktion sucht der Nutzer jedoch vergeblich.

Die Grünen hingegen schöpfen die Möglichkeiten des Internet besser aus: Auf der Seite
www.bremens-alternative.de setzen sie auf die Wirkung von Videoclips, die ohne moralischen Zeigefinger die Grundüberzeugungen der Partei vermitteln. Multikulturalismus, Geschlechtergleichberechtigung und gebührenfreies Studieren in Bremen sind die Themen. Auf animierten eCards schrecken Die Grünen auch vor Negative-Campaigning gegen die Große Koalition nicht zurück. Möglichkeiten für einen interaktiven Austausch muss der Nutzer jedoch auf den Websites der einzelnen Kandidaten suchen. Dort sind bei immerhin zwei grünen Kandidaten eigene Blogs mit Kommentarfunktion oder „Pinnwände“ zu finden.

Die Bremer FDP hat keine eigenen Angebote und wirbt stattdessen mit Werbebannern für den Wahl-O-Mat und das Portal kandidatenwatch.de. Ihr Spitzenkandidat
Magnus Buhlert schreibt bereits seit November 2006 ein eigenes Internet-Tagebuch, für Kommentare bittet jedoch auch er um eine E-Mail. Ganz anders Die Linke: Sie hat Mitte April 2007 einen
Unterstützerblog gestartet, in dem sie den Alltag ihres Spitzenkandidaten Peter Erlanson beschreibt. Schade nur, dass nicht der Kandidat selbst den Blog betreibt. Erlanson lässt auf seiner
Internetseite lieber den Videoclip einer Gewerkschaftsversammlung für sich sprechen.

Entscheidungshilfen kommen von unabhängigen Anbietern

Auffällig viele Angebote zur Bürgerbeteiligung im Netz kommen derweil von partei-unabhängigen Organisationen und Institutionen: Die Landeszentrale für politische Bildung Bremen bietet unentschlossenen Wählern mit dem „
Wahl-O-Mat Bremen“ eine interaktive Entscheidungshilfe. Hier kann der Nutzer seine eigene Meinung mit den Parteipositionen vergleichen. Grundlegende Informationen zu den Parteien und zur demokratischen Wahl liegen jedoch mehrere Klicks entfernt. Dem setzt die Nautilus Politikberatung den
Wahlbegleiter Bremen entgegen. Diese Partizipations- und Informationssoftware kann der Wähler kostenlos auf dem heimischen Computer installieren. Mithilfe einer im Browser angezeigten Leiste, ähnlich der Google-Toolbar, erhält er mit einem Klick Kontakt zu den Kandidaten, Informationen zu den Parteien, den Hintergründen der Wahl und den neuesten Nachrichten.

Wer seinen Kandidaten direkt befragen will, findet bei
kandidatenwatch.de ein umfangreiches Angebot: Die Seite versammelt alle Kandidaten für Bremen und Bremerhaven mit je einem eigenen Frage-Antwort-Tool. Hier kann der Nutzer direkt an die Kandidaten stellen. Die neuesten Antworten der Kandidaten erscheinen auf der Startseite. An einer Antwortstatistik kann der Nutzer ablesen, wie dialogfreudig die Parteivertreter sind. Im Vergleich der Bundesparteien antworten demnach die Kandidaten der Bremer FDP am fleißigsten. Die Linke und die SPD dagegen haben beschlossen, die Seite zu boykottieren, da hier auch rechtsextremen Parteien wie der DVU und den Republikanern ein Diskussionsforum geboten wird (Mehr dazu im Artikel von Julia Spreen:
Boykott: SPD antwortet nicht)

Einzigartig ist ein
Podcast zur Bürgerschaftswahl von Radio Bremen. Bis zum Wahltag kann der Nutzer Hintergrundinformationen und Berichte zu den drei anstehenden Wahlen beziehen. Auf dem
Wahlblog findet er Berichte zu den aktuellen Wahlthemen und den Parteien und kann sie direkt kommentieren.

Dieses umfangreiche Informations- und Partizipationsangebot unabhängiger Anbieter hat jedoch auch eine Schattenseite: Die Bremer Parteien können sich mit ihrer Hilfe aus der Verantwortung stehlen, eigene Angebote zur Bürgerbeteiligung bereitzustellen. Auf lange Sicht ist dies jedoch keine Lösung.