In seinem neuen Artikel auf politik-digital.de fordert Christoph Bieber, deutschen Soldaten die Digitalkameras wegzunehmen – Anlass sind die Schock-Photos aus Afghanistan. Ich glaube, das ist eine ziemlich streitbare These. Die Digitalkameras sind ja nicht das wirkliche Problem, auch nicht die weltweite Verbreitung von Bildern. Schockierend ist doch vielmehr, dass die Soldaten offenbar keine ausreichende Ausbildung und Sensibilisierung erfahren haben, um sich gegen die eigene Verrohung zu wehren und um mit normalem Menschenverstand zu sehen, dass sie Mumpitz machen, wenn sie so posieren wie mit den Totenschädeln. Im Kern macht es keinen Unterschied, ob die gesamte Weltöffentlichkeit schockiert ist oder "nur" ein vorbeischlendernder Bürger, der aber keine Kamera dabei hat, um die Situation zu dokumentieren.

Ich erinnere mich, dass ich vor langer Zeit eine Website gesehen habe, auf der Bilder US-amerikanischer Soldaten aus dem Kriegsgebiet abgelegt worden waren. Die Photos waren so hart, dass wir uns damals entschlossen, diese Bilder nicht zu verlinken. Aus PR-Sicht macht ein Verbot von DigiCams sicher Sinn – aus Sicht eines Bürgers, der sich eine gut ausgebildete und transparente Truppe wünscht, aber weniger. Im Gegenteil: Wenn die Soldaten zu "Bürgerjournalisten" werden, kann ich vielleicht viel genauer abschätzen, was im Krisengebiet abläuft – und mir meine politische Meinung auch auf Basis dieser weniger gefilterten Informationen bilden. Als die US-Regierung die Medien beim Einmarsch in den Irak extrem kontrollierte ("embedded journalism"), gab es ein Aufschrei nach freier Berichterstattung. Jetzt sollen wir diese Kontrolle fordern? Warum?

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