Zuletzt beherrschte ChatGPT die Nachrichten. Das KI-basierte Sprachmodell von Open AI verbraucht schätzungsweise eine Gigawattstunde Strom in 34 Tagen, das entspricht etwa dem Verbrauch von 3000 europäischen Durchschnittshaushalten im selben Zeitraum. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs.
Kann künstliche Intelligenz auch nachhaltig sein?
Genaue Zahlen und Informationen zu den verursachten Emissionen der existierenden KI-Systeme liegen bisher nicht vor. Eine amerikanische Studie geht davon aus, dass das Training einer einzelnen AI so viel CO2 emittiert wie 5 Pkws. Umso wichtiger ist deshalb das Monitoring während ihrer Herstellung und Anwendung. Nur so kann ermittelt werden, an welcher Stelle Ressourcen weiterhin eingespart und die CO2-Bilanz verbessert werden kann. Wie das konkret gehen soll, hat die gemeinnützige Forschungs- und Advocacy-Organisation AlgorithmWatch untersucht und die Ergebnisse in ihrem Magazin “SustAIn” vorgestellt.
Künstliche Intelligenz (KI), auch artificial intelligence (AI bzw. A.I.) genannt, ist aus unserem Leben kaum noch wegzudenken, auch wenn sie für uns nicht immer erkennbar ist und sich hinter vielen Alltagsanwendungen versteckt. Bei der Filterung von Spam-Mails zum Beispiel oder der Gesichtserkennung am Smartphone. Es wird eine Menge an Daten verarbeitet und das kostet Energie. Aber auch bei der Programmierung und beim Training werden enorme Rechenleistungen benötigt und CO2 emittiert. Auf der einen Seite stellt sich die Frage: Wie sieht eigentlich die Ökobilanz von KI-Rechenmodellen aus? Auf der anderen Seite gibt es Möglichkeiten sie so einzusetzen, dass mit ihrer Hilfe Energie gespart und die Erde in Zukunft klimaneutraler wird.
CO2-Emissionen einsparen von Anfang an.
Schon bei der Planung sollte darüber entschieden werden, wie man das System nachhaltig gestaltet. Dabei geht es grundlegend immer um die Frage, inwiefern ein ressourcenintensives Machine-Learning-System für die anvisierte Aufgabe überhaupt notwendig ist. Zunächst wird eine Checkliste mit ökologischen Anforderungen von den Unternehmen abgearbeitet. Dazu gehört auch, dass die notwendige Leistung sowie das Ressourcenbudget festgelegt werden müssen, genauso wie die Kennzahlen zur Erfassung der Energieeffizienz. Testverfahren können dann helfen, um scheiternde Experimente frühzeitig zu identifizieren. Des Weiteren können Maßnahmen zur Kompensation von CO2-Emissionen festgelegt und Werkzeuge zur Erfassung der Emissionen definiert werden. Als letzter Punkt auf der Checkliste wird die Bestimmung von Kriterien genannt, die dazu führen sollen, dass die verwendete Hardware sowie das genutzte Rechenzentrum nachhaltig sind.
Auch die Datenverarbeitung sollte zukünftig nachhaltiger gestaltet werden. Sie bildet das Kernstück von KI und beruhet auf maschinellem Lernen. In diesem Punkt geht es vor allem darum, wie viele Daten verarbeitet werden sollen, wie sie interpretiert werden können oder welche Qualität sie haben müssen. Um hier nachhaltiger zu werden und den Energieverbrauch zu senken, sollte regelmäßig reflektiert werden, wie viele Daten für das Training und den Betrieb der Systeme notwendig sind, um den Rechenaufwand am Ende so klein wie möglich zu halten.
Im Schritt der Entwicklung und des Trainings sollten laut dem Bericht Risiken eingedämmt und der Energieverbrauch minimiert werden. Um Energie einzusparen, ist es ratsam vortrainierte Modelle mit geringer Komplexität zu verwenden. Zudem müssen CO2-Emissionen, die im Entwicklungsprozesse anfallen, permanent und konsequent erfasst werden. Die Auswahl von Trainingsstandort und -zeitpunkt sind Faktoren, die dabei berücksichtigt werden sollten. Außerdem wird während der Anwendung überprüft, ob der Ressourcenverbrauch den Nachhaltigkeitspotenzialen gerecht wird.
Die meiste Energie wird in der Trainings- und Anwendungsphase verbraucht, fachsprachlich auch Inferenz genannt. Als Beispiel: In den Facebook-Rechenzentren finden täglich Billionen Inferenzen statt. Diese Zahl hat sich in den letzten Jahren sogar verdoppelt und die Infrastruktur dazu dahin gehend angepasst. Die Server von Facebook haben sich von 2018 bis 2019 deshalb um das 2,5-fache gesteigert.
Im Bereich der künstlichen Intelligenz herrscht unter den Unternehmen aktuell ein stetiger Wettbewerb, indem jeder um die Vormachtstellung auf dem Markt kämpft. Ein Grund, warum energieeffizientere Hardware und Methoden bisher deshalb nur dafür genutzt wurden, um Modelle größer und nicht nachhaltiger zu machen.
Mit der Checkliste zeigt AlgorithmWatch, dass es auch anders geht. Die Kosten und der Aufwand für die Umstellung sind zwar hoch, aber aufgrund der weiter steigenden Energiepreise langfristig betrachtet durchaus rentabel.
Der Weg in eine nachhaltige und klimaneutrale Zukunft.
Nicht nur die Herstellung und Anwendung sollte energieschonender werden, auch der gezielte Einsatz von KI kann uns dabei helfen andere Ressourcen effizienter und nachhaltiger zu nutzen. Zum Beispiel beim Energiemanagement von erneuerbaren Energien. Im Alltag sind das Smart-Grid oder Smart-Home Technologien mithilfe dessen der Energieverbrauch in Wohnräumen erfasst und reguliert werden kann. Hier ist vor allem wichtig, dass in der Anwendung nicht mehr Ressourcen benötigt, als für die Herstellung gebraucht werden.
Auch im Sektor Verkehr können durch KI-gestützte Mobilität autonomes Fahren und vernetzte Kleinbusse dabei helfen, auf das eigene Auto zu verzichten und den Verkehr in Städten zu entzerren.
Bisher sieht die Ökobilanz von KI noch recht mager aus: Rechenzentren, Datenströme und digitale Endgeräte verbrauchen mehr Energie, als sie dabei helfen, Energie einzusparen. Damit sich das zukünftig ändert und die Digitalisierung in ihren positiven Auswirkungen aufs Klima überwiegt, bedarf es deutschland- und europaweit festgelegte Standards, an die sich Unternehmen halten müssen.
Deutschland hat hierzu das Energieeffizienzgesetztes auf den Weg gebracht, dessen erster Entwurf dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) bereits vorliegt. Es bleibt abzuwarten, wann dieser verabschiedet wird und mit der Umsetzung begonnen werden kann.
Text: CC-BY-SA 3.0
Header: Mahdis Mousavi auf Unsplash.
Foto: Dan LeFebvre auf Unsplash.