digitale-region by Martha Friedrich, Erklärfilmstudio

Die Digitalisierung macht vor nichts halt – das hört man in letzter Zeit immer öfter. Doch stimmt das tatsächlich? Die Beteiligten der 11. Initiative Digitale Region sehen das differenzierter. Denn obwohl die Digitalisierung der Start kontinuierlich fortschreitet und Projekte wie die Smart City von Wirtschaft und Politik gefördert werden, rücken die ländlichen Räume Deutschlands zunehmend in  den Hintergrund. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, haben das Internet & Gesellschaft Collaboratory e.V. und Unternehmen für die Region e.V. einen Think Tank entwickelt, um ländliche Regionen für die digitale Zukunft vorzubereiten. Am Donnerstag, den 1. Dezember 2016 hat die Initiative ihren Abschlussbericht in Berlin vorgestellt.

Als Nachfolger des Smart Country Projektes sieht auch die 11. Initiative Digitale Region ein großes Potenzial in der digitalen Entwicklung des ländlichen Raumes. 70 ehrenamtliche ExpertInnen haben sich seit April 2016 engagiert, um Lösungsvorschläge zur Digitalisierung auf dem Land zu formulieren. Ihr Konzept setzt auf ein intensives Zusammenspiel von ExpertInnen und lokalen BewohnerInnen.  Zunächst entwickelten ExpertInnengruppen theoretische Ansätze mit fünf unterschiedlichen Themenbereichen: Arbeit & Wirtschaft, Politik & Verwaltung, Bildung & Lernen, Mobilität & Logistik sowie das Thema Facing Fears, wo es um die  Sorgen der BügerInnen angesichts der Digitalisierung geht. Nach einer Testphase entwickelten die Teams Parameter, die in einer digitalen Region vorhanden sein sollten. Hierzu gehören eine intelligente Infrastruktur von Breitband über ein intelligentes Straßennetz sowie die aktive Nutzung der Digitalisierung in der Bildung, Verwaltung und der Arbeitswelt. Außerdem setzt eine digitale Region auf Transparenz im Digitalisierungsprozess sowie bei der Partizipation ihrer BürgerInnen.

Workshops in Wennigsen, Augsburg und Südniedersachsen

In drei Modellregionen erarbeiteten BürgerInnen und ExpertInnen in Workshops Ideen für die praktische Umsetzung der Konzepte. So bemängelten die Beteiligten in der Gemeinde Wennigsen bei Hannover das Fehlen einer intelligenten Verwaltung. Als konkrete Lösung haben sich die 30 TeilnehmerInnen für einen Chatbot auf der Verwaltungswebsite ausgesprochen. Mit Hilfe des Chats können BürgerInnen etwa den Bot nach Öffnungszeiten erfragen, was die Verwaltungsmitarbeiter entlastet. Außerdem diskutierten sie das Einrichten eines Co-Working-Spaces, um Berufstätigen der Gemeinde das Pendeln nach Hannover zumindest teilweise zu ersparen. Der Workshop der zweiten Modellkommune in der Region Augsburg in Bayern hat sich vor allem auf das Thema digitale Kompetenzen spezialisiert. Die BürgerInnen hatten bemängelt, dass es in der Region keine Vorreiter der Digitalisierung gebe und somit wenig Fortschritt entstünde. Ein erster Schritt könnte das Einsetzen eines Digital-Dolmetschers sein, der in der Region als Ansprechpartner für digitale Orientierung sorgt. Außerdem sollen Fortbildungen und Workshops für einen digitalen Wissenstransfer angeboten werden. In Südniedersachsen war das vorherrschende Thema Mobilität. Der Workshop beschäftigte sich mit dem lückenhaften Öffentlichen Persönlichen Nahverkehr und wie dieser durch die Digitalisierung ausgebaut werden könnte. Konkrete Lösungen der TeilnehmerInnen waren zum Beispiel das Anbieten günstiger E-Bikes für SeniorInnen, die Entwicklung eines autonom fahrenden Shuttles mit flexiblem Kurs, sowie Güterversorgung durch Drohnen.

Handeln und nicht nur Reden

Das letzte Kapitel des Abschlussberichts (PDF) beinhaltet Handlungsvorschläge für andere Regionen, weist aber auch darauf hin, dass es mehr Orte zum Testen digitaler Strategien geben müsse. Außerdem stellt die Initiative Empfehlungen auf, die sich aus den bisherigen Erkenntnisse ergeben: So müsse ein Perspektivwechsel auf den Menschen und seine alltäglichen Probleme als Ausgangspunkt vollzogen und die Bevölkerung konkret mit eingebunden werden. Ein zentraler Bestandteil sei außerdem der Wissenstransfer: Nur wenn Probleme und Errungenschaften zwischen den Regionen weitergegeben werden, können sich die ländlichen Räume zusammen entwickeln. Schlussendlich wird an die Politik von Bund und Ländern appelliert, die durch eine konkrete Förderung der Kommunen dafür sorgen soll, dass die Digitalisierung tatsächlich auch vor dem ländlichen Raum nicht Halt macht.

Titelbild: digitale-region by Martha Friedrich, Erklärfilmstudio, licenced CC-BY 4.0

CC-Lizenz-630x1101