Internet_FotorVom 18. bis 22. Oktober fand in Dublin die Konferenz der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) statt. Darin ging es um einen verbindlichen Vorschlag für die zukünftige Organisation des Internet. Prägend dafür ist der Begriff Internet Governance, der nicht nur auf der ICANN-Konferenz mit kontroversen Diskussionen verbunden ist.

Die wachsende Bedeutung des Internet wirft seit langem Fragen nach dessen Organisation auf. Mit Organisation wird dabei die Verwaltung von Domainnamen und IP-Adressen bezeichnet. Liegen diese Aufgaben in der Kontrolle einzelner Akteure, besteht die Möglichkeit einer unzulässigen Machtballung. Daraus erklärt sich die Kritik vieler Regierungen an der signifikanten Rolle der USA im Hinblick auf die Internetverwaltung. Die Verwaltung wurde bisher von der Internet Assigned Numbers Authority (IANA) mit Sitz in den USA übernommen. Das widerspräche nach Ansicht einiger Regierungen aber dem Souveränitätsprinzip nach Art. 2 I UN-Charta, d.h. der souveränen Gleichheit aller Staaten.

Um dem entgegenzuwirken seien wirksame wie neutrale Verwaltungsbehörden notwendig. Bei der Frage nach der Ausgestaltung solcher Behörden, beginnen die Diskussionen. Problematisch ist vor allem, wie die Sicherheit und Stabilität des Internet gesichert werden kann. Den Rahmen dieser Auseinandersetzung bildet die Diskussion um die Konzeptionierung von Internet Governance. Mit dem Begriffspaar wird grundlegend die internationale Organisation des Internets bezeichnet. Die Vereinten Nationen definieren mit Internet Governance konkret die Entwicklung wie auch Anwendung gemeinsamer Prinzipien, Normen, Regeln, Entscheidungsverfahren und Programme für die Fortentwicklung sowie Anwendung des Internets durch Regierungen, den privaten Sektor und die Zivilgesellschaft.

Die Organisation des Internets: Vergangenheit und Zukunft

Die Organisation und Kontrolle über das Internet ging zunächst von den USA aus. Im Jahr 1998 wurde die Kontrolle dann auf Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) überragen. Bei ICANN handelt es sich um eine Non-Profit-Organisation, die nur der rechtlichen Kontrolle des Staates California unterliegt. Damit entzieht sich ICANN zugleich der faktischen Kontrolle etwaiger Aktionäre. Die grundlegenden Aufgaben von ICANN sind im Weißbuch der US-Regierung normiert. Zu nennen sind etwa die Koordination der Interessengruppen wie auch von Namen und IP-Adressen. Für Letzteres ist die ICANN-Unterbehörde Internet Assigned Numbers Authority (IANA) zuständig.

Multi-Stakeholder und Internet Governance

Zu den wichtigsten Interessengruppen in der Internet Governance gehören neben Regierungen, private Akteure ebenso wie Bürger. Kommt es zu Zusammenschlüssen dieser Interessengruppen, ist von Multi-Stakeholder-Gruppen zu sprechen. Ein solcher Zusammenschuss ist das Internet Governance Forum (IGF). Dabei handelt es sich um eine Organisation der Vereinten Nationen, in der u.a. die Verwaltung des Internets thematisiert wird.

Das Multi-Stakeholder-Modell für die Verwaltung des Internets wird vor allem von der Europäischen Union und den USA gefordert. Dem stehen die Regierungen gegenüber, die Internet Governance auf die International Telekommunikation Union (ITU) übertragen wollen. Bei der ITU handelt es sich um eine Behörde der Vereinten Nationen mit Sitz in Genf. Zu den Vertretern dieses Modells gehören China, Russland und Indien. Nach dem ITU-Modell kommen nichtstaatlichen Akteuren nur geringe Mitwirkungsmöglichkeiten zu. Vor allem aber soll der Schwerpunkt der Internetverwaltung der USA entzogen werden. Der Vorschlag ist jedoch – nicht nur – in den USA umstritten. Ein wesentlicher Kritikpunkt ist, dass die Kontrolle des Internets nicht einer zwischenstaatlichen Organisation zu übertragen sei. Hierbei spielen Machtinteressen und Kontrollmöglichkeiten eine Rolle.

ICANN-Konferenz Dublin 2015: Alternativen nennen, Lösungen implementieren

Als Reaktion auf die anwachsende Kritik gaben die USA im März 2014 bekannt, die Aufsicht über ICANN zu beenden. Die US-Regierung bezog sich dabei auf das Auslaufen des Vertrages mit ICANN zum 30. September 2015. Das Vertragsende bietet die Chance zu einer neuen internationalen Reglementierung des Internet. Das wirft aber das Problem auf, wie eine solche Verwaltung zukünftig gestaltet werden soll? Von herausragender Bedeutung ist dabei die Organisation einer zentralen Internetfunktion: die Vergabe von IP-Adressen.

Da es aber an einer einvernehmlichen Lösung fehlte, wurde im August dieses Jahres der Vertrag mit ICANN um ein weiteres Jahr verlängert. Die Zeit sei nach Aussage von Larry E. Strickling – Politikexperte und Vermittler zwischen der ICANN und der US-Regierung – notwendig, um ein geeignetes Alternativ-Modell der Internet Governance zu entwickeln und umzusetzen.

Aufgrund dieser offenen Fragen war die zukünftige Verwaltung des Internets das zentrale Thema der Konferenz der ICANN im Oktober 2015 in Dublin. Im Mittelpunkt stand dabei die IANA-Transition, demnach die Übertragung der wichtigsten Verwaltungsfunktionen. Dabei wurden zwei Modelle genannt: die IANA Stewardship Transition Coordination Group (ICG) und die Cross Community Working Group on Enhancing ICANN Accountability (CCWG).

Die ICG wurde im Juli 2014 gegründet, um die Übergangsplanung der Internet-Verwaltung zu koordinieren. Die ICG besteht aus 30 Personen und umfasst direkte wie indirekte Interessengruppen. Die Vertreter wurden von ihren jeweiligen Communities gewählt. Die CCWG sieht wiederum Rechenschaftsmechanismen in Bezug auf sämtliche Funktionen der ICANN vor.

Neben den beiden Modellen wurden vor allem deren Voraussetzungen diskutiert. Dabei stand die Verbesserung der Accountability und Transparenz in Vordergrund. Danach sollen ICANN wie auch künftige Behörden jederzeit Rechenschaft über ihr Handeln geben. Eine endgültige Lösung über die künftige Organisation der Internet Governance, blieb in Dublin jedoch aus. Ausgehend von den genannten Zielen ist das Augenmerk somit auf die nächste ICANN-Konferenz zu richten. Die 55. Konferenz findet vom 5. bis 10. März 2016 in Marrakesch statt. Es ist abzuwarten, inwieweit dann nicht nur Diskussionen, sondern auch Lösungen auf der Tagesordnung stehen.

Bild: Alex W McCabe CC BY-SA 2.0

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