!cid_inlineImage0Wer Visionen hat, sollte Kampagne machen – unter diesem Motto stand das SPD Campaign Camp 2015. Was das für die Politik bedeutet und welche Rolle neue Medien in der Kampagnenarbeit einnehmen, diskutierten die Teilnehmer in mehreren Sessions. Dabei fielen viele klare Worte und auch die SPD machte Versprechungen.

„Welche Geschichte wollt ihr erzählen?“ US-Strategien in Deutschland

Am Samstag den 05. September fand in Berlin das Campaign Camp 2015 statt. Von der SPD organisiert und mit einem starken Line-up sollte es unter dem Motto „Die Nachbarschaft mobilisieren!“ genau darum gehen: Wie kann man Leute aktivieren, sich politisch zu beteiligen, Engagement zu zeigen und vor allem Leidenschaft zu entwickeln. Von der SPD-Spitze war Generalsekretärin Yasmin Fahimi vor Ort und auch als Rednerin in einigen Sessions aktiv. Sie leitete die Veranstaltung ein, beantwortete im Talk mit Frank Stauss Fragen und war anschließend noch in einer kleinen Feedback-Runde zum Ende der Veranstaltung zu sprechen. Es ging viel darum, was Kampagnenfähigkeit bedeutet, wie der Dialog wieder in Gang gesetzt werden kann und eben auch, welche Rolle digitale Medien in diesem Zusammenhang spielen. Als Stargast war Jim Messina eingeladen. Er soll die SPD für den Wahlkampf 2017 gegen die CDU startklar machen und seine Ansätze, die unter anderem 2012 Barack Obama zur Wiederwahl verhalfen, auch in Deutschland einbringen. In seiner Rede erklärte er immer wieder, es ginge bei Kampagnen darum, eine Geschichte zu erzählen. „Welche Geschichte wollt ihr erzählen?“ war eine Frage, die alle erst einmal zum Nachdenken anregte. Ob Strategien, die in den USA funktionieren, auch in Deutschland so gut ankommen, wird sich in zwei Jahren zeigen. Eins jedoch ist klar. Online, online, online. Wie Messina es ausdrückte, ist die Technik das Werkzeug. Und gutes Werkzeug allein macht zwar noch keine gute Arbeit, aber ohne geht es eben auch nicht. Es sei wichtig, die Menschen dazu zu bringen, über ein Thema zu reden. Und wie es auch in anderen Session später deutlich wurde, sind vor allem Social Media die Orte, an denen Menschen oft zum ersten Mal von einem Thema erfahren. An diesem Punkt muss man ansetzen und es wie Campact machen: im Netz mobilisieren und dann analog umsetzen. In dem Gespräch mit Daniel Reichert von Liquid Democracy und Christoph Bautz von Campact wurde deutlich, dass man an vielen Orten aktiv sein muss. Und zwar nicht nur temporär sondern dauerhaft. Die Menschen müssen motiviert werden und das Gefühl vermittelt bekommen, dass sie nicht allein sind mit ihren Ideen und Wünschen. Zudem sei eine echte Beteiligung sehr wichtig. Die Community muss das Gefühl bekommen, dass sie selbst lenken können. Ein lebendiges Gespräch und ein regelmäßiger Austausch mit anderen ist besonders ausschlaggebend. Und wo könnte das einfacher und weitläufiger stattfinden als im Netz? Dabei dürfen Kampagnen auch gerne zugespitzt werden. Wie frech oder nicht-frech man sein kann, sollte der gesunde Menschenverstand entscheiden.

Nicht in online-offline Schubladen denken

Auf die Frage, wie man auch Menschen erreichen kann die nicht im Netz aktiv sind, gab es eine einfache Antwort: Mehrere Kanäle und nicht ausschließlich digitale Kampagnen starten. Oder wie es Mathias Richel von TLGG ausdrückte: Nicht in online-offline Schubladen denken.

Die willkürliche Vermischung unterschiedlicher Strategien ist nicht unbedingt der beste Weg. Vielmehr kommt es auf das Thema drauf an. Jedes Thema hat einen/seinen besten Kanal um die entsprechende Zielgruppe zu erreichen. Die logische und durchdachte Kombination sei der Schlüssel. Social Media und Webpräsenz sollten auch nicht mehr nur als netter Zusatz behandelt werden. Dieser Fehler würde häufig in der Kommunalpolitik auftreten. Es muss einfach deutlich gemacht werden, dass kein Weg an digitaler Kommunikation und digitalen Kampagnen vorbei führt. Ein besonders starker Trend ist zum Beispiel das Livestreaming. Aber auch da ist noch sehr viel Luft nach oben. Generell zeigte die Veranstaltung auf: Wir sind erst ganz an Anfang, aber ohne oder mit schlecht geführten Onlineauftritten geht es nicht mehr.

Natürlich reicht die online Präsenz nicht allein. Inspirierender Inhalt ist mindestens genauso wichtig. Kurze, gute Informationen und gezielte Kommunikation. Mehrere Kanäle nutzen, aber sie auch besser auf Zielgruppen anpassen, das sind Grundzutaten für eine gute Kampagne.

Kein Selbstläufer

Und was heißt das für die SPD? Mathias Richel hat vorgerechnet, was eine gute Facebook-Kampagne kosten würde. Mit dem Ziel, nach der Wahl 2017 von 86.466 Followern bei Facebook auf 350.000 zu kommen, müsste die SPD nicht weniger als 200.000€ hinlegen. Allein für die Facebook Präsenz. Darin enthalten, 4000€/Monat für die Facebookseite an sich und 2x täglich 150€ für einen Facebook-Post. Das ist viel Geld, aber es macht eines ganz besonders deutlich: Online-Arbeit ist kein Selbstläufer, es ist echte Arbeit. Erfahrung, Strategie und aktive, tägliche Pflege sind ein Muss, ansonsten kommt nicht viel dabei rum. Das gesteht auch Yasmin Fahimi ein. Über die Webpräsenz ihrer Partei sagte sie am Samstag,  die SPD sei „auch unglücklich mit ihrem Auftritt und zwar nicht erst seit gestern“. Und weiter kündigte sie an, die SPD werde zum diesjährigen Bundesparteitag einen „coolen neuen Auftritt eröffnen“, mit neuen Verlinkungen, neuem Auftritt von „Mitmachen-SPD“ und vielen neuen Fanseiten mit mehr Beteiligungsmöglichkeiten. Es braucht Visionen. Es geht in der Politik um Beteiligung, Engagement und Leidenschaft. Das wollte die SPD mit dieser Veranstaltung vermitteln. Und dass sie es ernst meinen mit dem Dialog und der Bürgerbeteiligung.
Wir sind gespannt.

http://i1.wp.com/politik-digital.de/wp-content/uploads/CC-Lizenz.png?resize=441%2C77

Privacy Preference Center