Wie soll die Stadt der Zukunft aussehen und wer wird urbanes Leben gestalten? Diesen und weiteren Fragen will das Projekt „Hack Your City“ einen Raum geben, das im Rahmen des Wissenschaftsjahrs 2015 – Zukunftsstadt durchgeführt wird. Den Auftakt für die sechsmonatige Projektarbeit bilden vier Hackdays in mehreren deutschen Städten. Der erste fand am Wochenende in Berlin statt.
Die Geschichte der Bürgerwissenschaften reicht mehrere Hundert Jahre zurück, von den ersten Christmas Bird Counts im Jahr 1900 über den World Water Monitoring Day bis hin zur Übersetzung alter Schiffslogs, um Wetterdaten auszuwerten. Vor der Professionalisierung der Wissenschaften an den Universitäten war die Bürgerwissenschaft (oder Citizen Science), getragen von Laienforschern, weit verbreitet. Bekannte Vertreter sind neben Isaac Newton und Gottfried Leibniz auch Leonardo da Vinci, Benjamin Franklin und Charles Darwin. In den vergangenen Jahren hat Citizen Science wieder vermehrt Beachtung gefunden. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung startete im vergangenen Jahr einen Prozess zur Entwicklung einer Citizen Science-Strategie 2020, um Strukturen für die Bürgerwissenschaft in Deutschland zu stärken und die Akteure besser zu vernetzen.
Das Projekt „Hack your City“, das von der Initiative Wissenschaft im Dialog und der Open Knowledge Foundation als Teil des vom Bildungsministerium geförderten Wissenschaftsjahrs 2015 zum Thema Zukunftsstadt organisiert wird, soll der Bürgerwissenschaft in sechs deutschen Städten einen Rahmen geben. Der Kick-off für die Citizen Science Labs fand am vergangenen Wochenende in Berlin statt. Unter den 60 Teilnehmern waren vor allem Designer, Programmierer, Entwickler, Wissenschaftler und stadtbegeisterte Bürger, die gemeinsam Ideen und Lösungsansätze entwickelten, mit denen das Leben in der Stadt lebenswerter gemacht werden kann. An zwei Tagen wurden Vorschläge diskutiert, Programme und Apps geschrieben und intelligente Lösungen für Probleme des Alltags entwickelt, um Berlin fit für die Herausforderungen einer stetig weiter wachsenden und sich wandelnden Stadt zu machen.
Neben einem Fahrradständer in Pilzform, an dem auf kleinem Raum in zwei Etagen viele Fahrräder angeschlossen werden können, wurde auch der Prototyp für einen Feinstaubsensor entwickelt, der an Bussen oder Fahrrädern angebracht werden kann und aktuelle Feinstaubdaten für die gesamte Stadt liefert. Ein Vater-Sohn-Entwicklerduo stellte zum Abschluss mit „Make A Wish“ eine Beteiligungsplattform vor, auf der Bürger ihre Wünsche und Umsetzungsvorschläge an die Stadt veröffentlichen können. Diese und viele weitere Vorschläge werden im kommenden halben Jahr in den Citizen Science Labs weiterentwickelt. Auch die Berliner Landespolitik hat die Bürgerlabore und die dort vorgestellten Ideen im Blick. Der Chef der Berliner Senatskanzlei Björn Böhning war zum Auftakt der Hackdays anwesend und versprach, dass die drei besten Ideen vom Senat geprüft und – sofern sie praktikabel sind – eine Nutzung für sie gefunden werden könnte.
Die nächsten Hackdays werden in Dortmund und Wuppertal (30./31. Mai), Leipzig und Dresden (5.-7. Juni) und in Karlsruhe (13./14. Juni) stattfinden. Eine gute Übersicht über aktuelle Projekte aus dem Bereich Bürgerwissenschaften in Deutschland bietet die Plattform „Bürger schaffen Wissen“, die auch den Weg zur Citizen Science-Strategie digital begleitet.
Bild: Yannick Haan