flagge2Die EU als Nischenthema? Was wissen EU-Bürger über die Europapolitik? Welche Abgeordneten stehen für welche Positionen und wie können Social Media bei der Informationsweitergabe helfen? Das Social Media-Team des Berliner Informationsbüros des Europäischen Parlaments macht fleißig Werbung, nutzt Facebook, Twitter und andere Social Media-Kanäle, aber die Reichweite lässt zu wünschen übrig. Eine Podiumsdiskussion zum Thema.
Dass YouTube-Stars und die Bloggerszene soziale Medien erfolgreich zur Informationsbereitstellung und Selbstdarstellung nutzen, ist Teil ihres Selbstverständnisses. Doch ist es auch für Institutionen wie das Europäische Parlament eine Chance, sich und ihre Arbeit glaubwürdig und transparent in den sozialen Medien darzustellen? Um diese und andere Fragen kreiste eine Podiumsdiskussion mit MdEP Jan Philipp Albrecht (Die Grünen) und Europa-Blogger Manuel Müller, moderiert von dem Social Media-Experten und Politikberater Martin Fuchs.
In der Diskussion wurde das Dilemma offenkundig: Institutionen wie das Europäische Parlament können zwar die Social Media-Kanäle wie  Twitter nutzen, stoßen aber schnell an die Grenzen der Reichweite. Der Grund dafür ist nicht die Filter Bubble, sondern die „Brussels Bubble“.

Ist die EU zu klein für ein Nischenthema?

Die Präsenz der EU-Politik in den deutschen Massenmedien ist gering. Könnte eine Gegenöffentlichkeit durch Soziale Medien die Lösung sein? Die Diskutanten waren sich einig darin, dass die Themen des Europäischen Parlaments nur eine begrenzte Anzahl an Personen interessieren und erreichen. Die gesamte deutsche Öffentlichkeit ist nur schwer über europäische Themen zu informieren. Mit Twitter und Facebook ist zwar eine direkte Verbindung zwischen Bürgern und Institution, in Einzelfällen auch Abgeordneten, möglich. Aber dafür ist die proaktive Hinwendung vonseiten der Bürger zu diesen Kanälen nötig. Ein Zugang, den bislang vor allem fachlich Interessierte nutzen – das Zielpublikum bürgt zwar für eine hohe inhaltliche Qualität, aber spricht nur einen personell begrenzten Kreis an.
Diesen zu erweitern ist das Ziel. Die Vorteile der sozialen Medien sind augenscheinlich: Sie ermöglichen den direkten und zeitnahen Kontakt, der dem User das Gefühl gibt, dabei zu sein und gehört zu werden. Abgeordnete, die sich aktiv auf den Plattformen bewegen, können zu realen Bezugspersonen innerhalb von anonymen Institutionen werden und Vertrauen aufbauen. Ein Problem, mit dem das Europäische Parlament als übergeordnete internationale Institution generell zu kämpfen hat. Zu der Gesichtslosigkeit der riesigen Institution kommt der vorherrschende Euroskeptizismus als erschwerender Faktor hinzu.

Katzen-Bilder sind auch keine Lösung

Interessierte gibt es trotzdem – und vielleicht auch solche, die diese Informationen passiv aufnehmen würden, wenn sie leicht zugänglich wären. Aufbereitetes Wissen könnte ein Grundverständnis für die Arbeitsweise des Parlaments schaffen. Da Katzenbilder und Infotainment nicht zum Image und Inhalt des Europäischen Parlaments passen, müssen andere Methoden zur Verpackung der auf den ersten Blick eher trockenen und langwierigen Prozesse gefunden werden. In der Diskussion wurden Interviews, Hintergrundberichte und erklärende Videos als für die Öffentlichkeit interessante Formate angeregt. Die Öffnung der „Black Box“ EU-Parlament wäre ein Erfolg versprechender Weg. Die Brüssel-Blase muss angepiekst werden, darin waren sich die drei Experten einig.
Überwunden werden können die Zugangshürden gleichwohl nur durch Multiplikatoren. Nötig wäre der Schritt aus den Social Media heraus in die Massenmedien. Diese sind durch ihre Reichweite zur Verbreitung der europäischen Themen prädestiniert.
Derzeit berichten Massenmedien über EU-Politik jedoch lediglich mit Fokus auf die Länderkonflikte – und nicht auf die Arbeit innerhalb des Europaparlaments. Für die Berichterstatter scheint es schwierig zu sein, die Arbeitsprozesse der europäischen Institutionen in griffige Schlagzeilen zu verpacken. Das Konsenssystem und die fehlenden festen Zeiten für Entscheidungen sowie die auf verschiedene Personen und Gremien verteilten Kompetenzen erschweren die Vermittlung.
Hierzu müssten die Fraktionen ihre Standpunkte besser kommunizieren oder auch auf Bundes- und Landesebene die europäischen Themen mit einbinden. Dabei könnte die Personalisierung von Themen durch einzelne Abgeordnete helfen – bespielsweise über soziale Medien. Denkbar wäre das Mittel der Satire wie in der „Heute Show“ oder in der britischen Politik-Sitcom „Yes Minister“. Interessant ist auch das inzwischen abgeschlossene Projekt „Eurobubble“. Langfristig müsste aber ein allgemeines Umdenken in der Haltung der EU-Bürger zur Europapolitik das angestrebte Ziel sein. Denn an der fehlenden Akzeptanz werden auch soziale Medien nichts ändern.

Brückenschlag und Umdenken

In der Bereitstellung informativer Inhalte nutzt das Europäische Parlament die Social Media-Kanäle schon vorbildlich, stößt aber an Grenzen in der Vermittlung. Ein Brückenschlag zwischen politischen Institutionen und Bürgern durch Social Media wäre möglich, so das Fazit der Diskussionsrunde. Aber um auch die Massen zu erreichen, braucht es die Unterstützung durch Massenmedien und ein Umdenken der breiten Öffentlichkeit.
Bild: Flagge: Rock Cohen, Twitter-Button: ntr23
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