Im vergangenen Jahr hat die ARD auf Beschluss der Redaktionskonferenz Online (RKO) eine Arbeitsgruppe Creative Commons gegründet, in der darüber nachgedacht wurde, ob Creative Commons (CC) ARD-kompatibel ist und inwiefern freie Lizenzen in den ARD-Anstalten genutzt werden können. Nun wurden Ergebnisse bekannt.
Soeben hat das Informationsportal iRights.info einen auf den 13. März 2014 datierten Bericht dieser Arbeitsgruppe veröffentlicht, über den intern bereits seit der letzten re:publica viel diskutiert wurde. Der Bericht ist ein erstes Zeichen für eine eigentlich nicht aufzuhaltende Entwicklung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, denn das Konzept der Nutzung und Veröffentlichung freier Inhalte leitet sich unmittelbar aus dem öffentlich-rechtlichen Auftrag der Rundfunkanstalten ab.
Creative Commons passt zur ARD
In der den Bericht einleitenden Zusammenfassung heißt es treffend:
“Die AG kommt zu dem Ergebnis, dass der Einsatz von CC für ausgewählte ARD-Inhalte bei sorgfältiger Rechteprüfung sinnvoll ist. Die ARD hat den Auftrag, die Teilhabe an der Informationsgesellschaft zu fördern und die Mitwirkung an der Meinungsbildung zu ermöglichen. Die Nutzung von CC-Lizenzen unterstützt die Erfüllung dieses Auftrags. (…) Die ARD sollte daher auch Inhalte unter CC zur Verfügung stellen.”
Diese Deutlichkeit der Aussagen überrascht. Im vergangenen halben Jahre wurde zwar in Hintergrundgesprächen mit Vertretern verschiedener öffentlich-rechtlicher Sender diese Richtung bereits angedeutet, und auch die Journalistin Meike Richter, Social Media-Beraterin des Norddeutschen Rundfunks (NDR) und Mitglied der oben erwähnten Arbeitsgruppe, nannte in einem Interview im April bereits die zahlreichen Potenziale von Creative Commons, doch das klare Bekenntnis der ARD und die Verknüpfung mit dem eigenen Auftrag sind nun neue und positive Entwicklungen.
Der Teufel steckt im Detail
Die Richtung stimmt zwar, die Knackpunkte liegen aber im Detail und sind noch nicht aus der Welt geschafft. So beginnt der Bericht mit einer Checkliste, die zu beachten sei, wenn ARD-Inhalte unter Creative Commons veröffentlicht werden. Leonhard Dobusch meint in seiner Analyse auf iRights.info, diese liefere “eine gute Zusammenschau über die relevanten Fragestellungen rund um Creative Commons im öffentlich-rechtlichen Rundfunk“.
Besonders interessant sind folgende Punkte der Liste:
- Geeignete Inhalte: Für eine CC-Lizenzierung eignen sich mit Blick auf die Rechtelage am ehesten 100%ige Eigenproduktionen beziehungsweise Inhalte, bei denen eine CC-Lizenzierung vor Produktionsstart geklärt wurde (…).
- Arbeitsverträge: Vor einer CC-Lizenzierung eines ARD-Inhaltes muss die jeweilige Landesrundfunkanstalt klären, ob die geltenden Verträge aller betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die geplante CC-Lizenzierung erlauben.
Der zuerst zitierte Punkt ist zumeist gleichermaßen Argument und Gegenargument bisheriger Gegner von freien Lizenzen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, denn dahinter verbirgt sich das eigentliche Streitthema in allen Problematiken des Urheberrechts: das Geld.
Eigenproduktionen sind teuer und beschränken sich deshalb fast ausschließlich auf Nachrichtensendungen. Bei Auftragsproduktionen werden einzelne Produktionsschritte an externe Produktionsfirmen vergeben, wobei viele öffentlich-rechtliche Sender an mehreren Produktionsfirmen beteiligt sind. Dadurch können die Dienstleistungen auch Dritten angeboten werden, was den öffentlich-rechtlichen Sendern aufgrund ihrer eingeschränkten Rolle am Markt nützt, denn so können die Kontrolle über die Qualität der Produktionen gewahrt wird und die Ressourcen zugleich effizient genutzt werden.
Eine Verwendung von Fremdmaterial oder von nicht unter Creative Commons lizensierter Musik macht aber die Rechteklärung so gut wie unmöglich bzw. würde der notwendige Rechteeinkauf sehr teuer. Produktionsfirmen hätten gewiss nichts dagegen, wenn die ARD mehr Geld für Rechte ausgeben müsste, doch wird diese höchstwahrscheinlich darauf verzichten. Dabei könne sich insbesondere “bei Bildungsinhalten, Erklärbeiträgen, Interviews oder Naturaufnahmen”, wie die Arbeitsgruppe aufzählt, eine freie Lizenzierung anbieten. Damit aber mehr Inhalte unter einer Creative Commons-Lizenz veröffentlicht werden, müsste das gesamte Produktionssystem geändert werden. Ein nahezu unmögliches Vorhaben, weshalb die wenigen Eigenproduktionen umso dringender unter Creative Commons veröffentlicht werden müssten.
Das betrifft auch den zweiten oben genannten Punkt: die MitarbeiterInnen der Landesrundfunkanstalten. Die Arbeitsgruppe empfiehlt, dass vor einer CC-Lizenzierung eines ARD-Inhaltes die jeweilig verantwortliche Landesrundfunkanstalt klärt, ob die geltenden Verträge aller betroffenen MitarbeiterInnen die geplante CC-Lizenzierung erlauben. Ich kenne den derzeitigen Status Quo dieser Verträge nicht, aber auch hier ist anzunehmen, dass die Freigabe diverser Nutzungsrechte Hand in Hand mit Forderungen nach höheren Honoraren gehen würde. Es bleibt also abzuwarten, wie viele Produktionen der ARD von Anfang an unter Creative Commons entstehen werden.
Experimente wagen
Schon jetzt gibt es viele Beispiele für Creative Commons in der ARD . Einzelne Radiosendungen können als Podcast (ohne Musik) unter einer Creative Commons-Lizenz heruntergeladen werden, auf ZDFinfo läuft die Sendung “Elektrischer Reporter” komplett unter einer Creative Common-Lizenz, im Bayerischen Rundfunk nutzt die Sendung “Space Night” (nach Protesten) seit Februar 2013 überwiegend Creative Commons-lizensierte und Gema-freie Musik. Und im NDR werden Beiträge des Medienmagazins “Zapp” und der Sendung “Extra 3” unter Creative Commons lizensiert und unter dem Titel “Kopieren erwünscht”wird auch erklärt, warum und wie das funktioniert.
Der Bericht der AG Creative Commons beschreibt sehr lesenswert die Möglichkeiten und Chancen von Creative Commons sowiedie Vorteile, die die ARD davon hätte: beispielsweise entspricht die Nutzung von CC-Lizenzen dem „Public Value“, also dem öffentlichen Nutzen, zu dem die ARD verpflichtet ist. Schließlich gibt sie Empfehlungen zum Einsatz von CC-Lizenzen für ARD-Inhalte. Ein erster Schritt könnten weitere Pilotprojekte von Landesfunkanstalten sein, die ausgewählte Inhalte unter Creative Commons veröffentlichen und diesen Schritt auch kommunikativ begleiten, damit die Menschen erkennen, dass der Zugang zu Bildungsinhalten oder Inhalten, die die Meinungsbildung fördern, dadurch erleichtert würde. Dies könnte auch dafür sorgen, dass die Beitragsakzeptanz, vor allem bei jüngeren BeitragszahlerInnen, wieder steigt. Für Freibier möchte man nicht auch noch zahlen müssen, für mehr Freiheit vielleicht schon.
Foto: D64
[…] COMMONS Politik Digital: Creative Commons in der ARD: Im vergangenen Jahr hat die ARD auf Beschluss der Redaktionskonferenz Online (RKO) eine […]
[…] genutzt werden dürfen. Inwieweit diese auch kommerziell genutzt werden dürfen, ist noch unklar. Problem ist aber, dass es sich bei den CC-Inhalten um hundertprozentige Produktionen der ARD […]
[…] genutzt werden dürfen. Inwieweit diese auch kommerziell genutzt werden dürfen, ist noch unklar. Problem ist aber, dass es sich bei den CC-Inhalten um hundertprozentige Produktionen der ARD […]