Laut offiziellen Angaben hatten sich rund 500 Teilnehmer für den zweiten netzpolitischen Kongress der CSU angemeldet. Neben der Vorstellung ihres neuen Positionspapiers hatten die Veranstalter um die Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär als Highlight eine Rede des früheren bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber angekündigt. politik-digital.de hat #csunk2 per Livestream verfolgt.

Die CSU sei eine Volkspartei und selbstverständlich seien innerhalb einer solchen auch verschiedene Meinungen erlaubt. Mit diesen Worten begrüßte Gastgeberin Dorothee Bär die Teilnehmer, zu denen neben zahlreichen netzpolitisch Interessierten auch der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl zählte. Die Diskussion des zweiten netzpolitischen Positionspapiers war jedoch nur ein Programmpunkt des heutigen Nachmittags. Im Konferenzzentrum der Hanns-Seidel-Stiftung war CSU-Chef Horst Seehofer bei Münchner „Schwimmbadwetter“ nur per Facebook-Grußbotschaft vertreten.

„Ausnahmslos gegen Netzsperren“ – Die Forderungen des Positionspapiers

Netzpolitik sei für die CSU zwar ein Querschnittsthema, dennoch habe man sich im zweiten Positionspapier auf die beiden Politikfelder Sicherheit und Bildung konzentriert, stellte Bär bereits in ihrer Begrüßung klar. In dem gestern veröffentlichten Papier wird unter anderem ein Staatsminister für Internet und digitale Gesellschaft gefordert, dies sei eine „adäquate institutionelle Anbindung“ des Themas auf Bundesebene, wie der Passauer IT-Rechtler Professor Dirk Heckmann es nannte, der das Papier am heutigen Nachmittag vorstellte und erläuterte.

Auch wünschen sich die Mitglieder des Netzrates einen Tablet-PC für jedes Schulkind und sprechen sich gegen ein „antiquiertes“ Handyverbot in Schulgebäuden sowie für eine verstärkte Medienkompetenz an Schulen aus. Die Nutzung von Wikipedia-Texten für Referate sei in vielen Fällen nicht allein ein Fehler der Schüler, sondern auch auf Versäumnisse der Lehrerschaft zurückzuführen. „In Freiheit und Fairness“, diesen Titel des Papiers habe man, so Mitverfasser Heckmann, überdies beibehalten, weil er das christsoziale Verständnis des Internet am besten darstelle. Eine „außerordentlich hohe Zustimmungsquote“ habe man bereits unmittelbar nach der Veröffentlichung im Netz erfahren. Heckmann wandte sich in seiner engagierten Vorstellung überdies gegen Netzsperren. Das Internet als „Geschenk zur Jahrtausendwende“ gelte es. „gegen jegliche Relativierung seiner Freiheitsideen“ zu verteidigen.

Stoiber: „Kein Patentrezept für digitale Revolution“

Nachdem zuvor schon in  einer Talkrunde über die „Chancen der digitalen Wirtschaft“ diskutiert worden war, sprach als Hauptredner des Nachmittags Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber. Edmund Stoiber, so Bär in ihrer Begrüßung, stehe „wie kein anderer für Laptop und Lederhose“. Der mit diesem bereits vielfach zitierten Bonmot Begrüßte wagte in seiner Rede eine Mischung aus Rück- und Ausblick auf seine eigenen politischen Erfahrungen und die Zukunft der netzpolitischen Debatte. Mit Microsoft-Gründer Bill Gates habe er bereits in den 1990er-Jahren mehrmals in der Münchner Staatskanzlei zusammengesessen. Eben jener Computer-Pionier sei damals noch von einem Scheitern des Internet überzeugt gewesen.

Das sei zwar Vergangenheit, doch ganz der weise Landesvater sprach Stoiber auch die Mahnung an „die Netzgemeinde“ aus, nicht intolerant gegenüber denjenigen zu sein, „die sich mit dem Fortschritt schwertun“. Viele Repräsentanten der „Internetgemeinde“ würden, so Stoibers Eindruck, mit einer „gewissen Arroganz“ gegenüber digital Rückständigen auftreten.

Das Internet in der Mitte von Politik und Gesellschaft

Der zentrale Appell Stoibers betraf sowohl „die Netzgemeinde“ als auch die etablierten Politiker: Das Internet sei Realität und müsse dementsprechend „in die Mitte der Politik rücken“, statt nur auf Veranstaltungen wie Netzkongressen behandelt zu werden. Diese Einsicht vermisse er noch bei den etablierten Parteien. Das Netz rufe geradezu nach mehr Demokratie, und das Thema digitale Bürgerbeteiligung sehe er als großes Thema für die kommenden fünf Jahre. Genauso wenig dürfe sich aber die Netzgemeinde ausschließlich mit dem Internet beschäftigen und sich „ins Internet zurückziehen.“, sondern müsse sich aktiv in die Politik einbringen.

Auch das Thema Netzsperren und das übergreifende Thema Freiheit im Netz behandelte Stoiber in seiner Rede. Kontrolle und Aufsicht durch den Staat würden zwar im Internet abgelehnt, in der realen Welt nach Stoibers Ansicht aber immer stärker eingefordert.  Abschließend wurde es dann mit Blick auf China und den dortigen Freiheitsbegriff sogar noch global. Alle ACTA-Diskussionen der vergangenen Monate habe er „intensiv mitverfolgt“ und mahnte mit Blick auf seine Erfahrungen in der EU-Kommission, wiederum unter Verweis auf China, vor dem Thema „Diebstahl geistigen Eigentums im Online-Zeitalter“. Die Internetnutzer müssten akzeptieren, „dass der Rohstoff Geist auch im Netz geschützt werden muss“. Eine Reform des Urheberrechts sei in diesem Zusammenhang unumgänglich.

Das Zukunftsfeld Netzpolitik dürfte man nicht „irgendwelchen Sektierern“ überlassen. Mit diesem und einigen weiteren Seitenhieben auf die Piratenpartei sowie einem Appell zur Verortung des Internet „in der Mitte von Politik und Gesellschaft“ beendete Stoiber seine Rede, an die sich eine weitere von Bär und Dirk Heckmann moderierte Diskussion sowie ein Rollenspiel des Passauer Professors anschlossen.