Am Mittwoch, 02. August,
war Patrick Leclercq, ARD-Korrespondent im Libanon, zu Gast im tagesschau-Chat
in Kooperation mit politik-digital.de. Er berichtet
live aus Beirut über die israelischen Angriffe auf den Libanon,
die Situation der Bevölkerung und mögliche Lösungen
des Konfliktes.
Moderator: Zu Gast im tagesschau-Chat
ist heute der ARD-Korrespondent Patrick Leclercq. Er berichtet für
das Erste tägliche aus der Krisenregion Beirut. Von dort aus
ist er uns jetzt telefonisch zugeschaltet. Herr Leclercq telefoniert
von einer konventionellen Telefonleitung aus und das mitten im Krieg
– technische Probleme sind also möglich. Guten Tag, Herr Leclercq,
können wir beginnen?
Patrick Leclercq: Ja.
Mr. Sony: Sind Sie dort, wo Sie sich gerade befinden,
in akuter Gefahr oder in relativer Sicherheit?
Patrick Leclercq: Wir sind in relativer Sicherheit, wir sind in
Beirut selber. Wir wohnen in Westbeirut in einem Hotel, das schon
im Bürgerkrieg viele Journalisten beherbergt hat. Wir hatten
schon seit mehreren Tagen keine schweren Bombardierungen mehr, dass
Kampfgeschehen spielt sich ca. zwei Stunden Fahrzeit im Süden
ab und seit zwei Tagen auch wieder im Norden.
zaphod: Wie realistisch ist Israels Behauptung,
die Infrastruktur der Hisbollah sei zerstört?
Patrick Leclercq: Ich glaube, das hat eher damit zu tun, dass
der Ministerpräsident Olmert seine Leute, sein Volk beschwichtigen
will. Ich glaube nicht, dass es der israelischen Armee bisher tatsächlich
gelungen ist, den Großteil der Hisbollah zu entwaffnen, so
wie Olmert in einem Interview behauptet hat. Die Hisbollah hat sehr
viele Verstecke. Das können Häuser sein oder auch Bunker
oder auch natürliche Höhlen. Außerdem muss man davon
ausgehen, dass der Nachschub trotz zahlreicher Luftangriffe der
Israelis weiter funktioniert.
malla: Israels Armee hat die ersten Verluste zu
beklagen. Wie lange werden wohl die Israelis hinter den Entscheidungen
ihrer Regierung stehen?
Patrick Leclercq: Das ist eine ganz ausgezeichnete Frage, weil
in vergangenen Kriegen das eine wichtige Rolle gespielt hat. Ich
persönlich glaube, dass die Zeit für die israelische Regierung
abläuft, weil die Verluste verglichen mit ähnlichen Kampfhandlungen
doch sehr hoch sind.
Benjamin Stierl: Werter Herr Leclercq, denken
Sie, dass dieser Konflikt vermeidbar gewesen wäre?
Patrick Leclercq: Ich denke, er wäre absolut vermeidbar gewesen.
Israel hat nach meiner Meinung völlig überreagiert. Man
hätte sicher auch auf den Verhandlungsweg zu einer Lösung
kommen können.
Lahcene: Warum werden die schrecklichen Bilder,
die auf Al Jazeera zum Beispiel zu sehen sind, nicht auch bei uns
gezeigt? Das würde die Menschen vielleicht mal wachrütteln
zwischen Trendwende am Arbeitsmarkt und Rechtschreibregeln. Warum
verurteilen die Journalisten (wenn schon nicht die Politiker) das
israelische Vorgehen nicht auf das Schärfste. Die westliche
Welt macht sich absolut unglaubwürdig, wenn sie über Demokratie
und Menschenrechte spricht!
Patrick Leclercq: Zu den Bildern: Wir haben klare Richtlinien,
was wir zeigen und was wir nicht zeigen. Man muss immer bedenken,
dass auch bei uns Kinder und Menschen vor dem Fernseher sitzen,
die schockiert werden, wenn wir alles Bildmaterial zeigen würden.
Wir versuchen deshalb, so viel wie möglich zu zeigen, aber
trotzdem die Würde auch des toten Menschen noch zu wahren.
Was die Reaktion der internationalen Politik angeht, bin ich der
falsche Ansprechpartner.
mateo: Lieber Herr Leclercq, wieso können
sich die Vereinten Nationen auf keine Verurteilung Israels einigen?
Patrick Leclercq: Wenn sie sich mit der Geschichte der VN näher
befassen, werden sie feststellen, dass diese Institution schon immer
stark fraktioniert und interessenorientiert war. Es geht nicht immer,
wie man annehmen könnte, um das Wohl der Menschen, sondern
oft schlichtweg um politische Interessen.
MRauchfuss: Herr Leclercq, wie hoch schätzen
Sie die Gefahr ein, dass Syrien und/oder der Iran direkt in den
Konflikt interveniert?
Patrick Leclercq: Die Gefahr ist groß, weil beide Länder
für den Fall eines Angriffs Gegenmaßnahmen angekündigt
haben. Syrien hat seine Armee bereits in Alarmbereitschaft versetzt.
Dadurch, dass Israel immer wieder direkt an der syrisch-libanesischen
Grenze angreift, kann man leider nicht ausschließen, dass
sich der Konflikt plötzlich ausweitet.
Christian: In wie weit ist das harte israelische
Vorgehen für einen dauerhaften Frieden in der Region kontraproduktiv?
Manfred Jelting: Was müsste aus Ihrer Sicht
passieren, um ein dauerhaften Frieden in der Region zu erreichen?
Patrick Leclercq: Kontraproduktiv ist das Vorgehen deshalb, weil
mit den Angriffen, den Verlusten in der eigenen Familie ganze Generationen
neuer Widerstandskämpfer auf den Weg gebracht werden. Eine
Lösung im Nahen Osten kann nur erreicht werden, wenn das Palästinenser-Problem
befriedigend für die arabische Seite gelöst wird.
fembo: Deutsche Soldaten im Libanon? Können
Sie einschätzen, wie diese Möglichkeit in Israel aufgenommen
wird?
Patrick Leclercq: Ich glaube, Israel hätte damit aus nachvollziehbaren
Gründen ein großes Problem. Man muss sich vorstellen,
deutsche Soldaten versuchen, mit Waffen israelische Bodentruppen
im Südlibanon aufzuhalten. Das wäre ja dann ein mögliches
Szenario. Nach meiner Meinung wäre die Bundesregierung schlecht
beraten, wenn sie sich auf einen solchen Ansatz einließe.
SaLaBe: Wieviel hat die USA zur Aggressivität
von Israel beigetragen?
Patrick Leclercq: Die USA hat weitgehend überwiegend das Waffenarsenal
gestellt und stellt es noch. Außerdem hat der amerikanische
Präsident mit seiner Parole vom Kampf gegen den internationalen
Terrorismus sicher auch die israelische Regierung dazu motiviert,
so stark auf die Entführung der beiden Soldaten im Libanon
zu reagieren.
corzi: Was halten Sie von der Vermutung, dass
Bush auf diese Weise letztendlich an den Iran rangehen will? Bleiben
Sie uns gesund!
Patrick Leclercq: Danke für den Gruß. Das spielt sicher
mit eine ganz entscheidende Rolle. Ich glaube aber, dass auch Iran
ein Interesse hat, die Sache am köcheln zu halten, um eben
sozusagen ein Faustpfand zu haben im Hinblick auf das im August
ablaufende Ultimatum.
Le Clercq: Ich betrachte mich als ein Freund des
israelischen Volkes. Aber wie lang kann die Welt noch zuschauen,
wie eine demokratisch gewählte Regierung (unter dem Schutz
der USA) Völkerrecht am laufenden Band missachtet?
Patrick Leclercq: Dazu kann man sachlich feststellen, dass es in
den letzten Jahrzehnten sehr viele UN-Resolutionen gab, die nicht
umgesetzt wurden. Dann ist die Folgerung zulässig, dass sich
daran wenig ändern wird.
Meinecke: Gibt es Neuigkeiten darüber, was
den Verdacht gegenüber Israel betrifft, sie würden geächtete
biologische oder chemische Waffen gegen die Zivilbevölkerung
einsetzten.?
Patrick Leclercq: Wir wissen – bestätigt von internationalen
Ärzten – von so genannten Cluster-Bombs, d.h. Splitterbomben.
Die wurden von Israel auch schon 1982 während der so genannten
Operation "Galiläa" eingesetzt. Von biologischen
oder chemischen Bomben ist mir persönlich nichts bekannt.
che: Wann werden Sie Nasrallah interviewen?
Patrick Leclercq: So bald er mir sagt, wo er steckt. Es gibt keine
klaren Hinweise, wo er sich aufhält. Es gibt seit Wochen das
Gerücht, er könne in der iranischen Botschaft hier in
Beirut sein. Sicher ist wohl, dass er jede Nacht woanders schläft.
Mr. Sony: Wie beschaffen Sie Ihre Informationen
vor Ort? Nutzen Sie beispielsweise auch die vielzitierten Warblogs,
oder spielen diese aus Ihrer Sicht noch keine Rolle?
Patrick Leclercq: Die Warblogs spielen natürlich eine Rolle,
genauso wie Bildmaterial, das im Internet auftaucht. Entscheidend
für uns ist, ob wir die Informationen gegen checken, also verifizieren
können. Aber selbstverständlich werden alle Quellen genutzt.
caburger: Was können wir in Deutschland tun,
statt nur ohnmächtig und entsetzt zuzuschauen?
Patrick Leclercq: Das ist eine Frage, die ich nur so beantworten
kann: Es sollte möglichst viel Information über das Leid
der Menschen verbreitet werden, besonders über die Situation
der Kinder und der alten Menschen. Dann entsteht möglicherweise
ein humaner Druck, der die politisch Handelnden zum Überlegen
bringt.
mm02: Wie muss man sich die Hisbollah eigentlich
vorstellen? Sind das normale berufstätige Männer? Wie
ich gelesen habe, organisiert die Hisbollah sogar die Müllabfuhr.
Das klingt merkwürdig für eine so genannte "Terrororganisation".
Patrick Leclercq: Die Hisbollah hat ihre Wurzeln in der letzten
Invasion 1982, der so genannten Operation "Galiläa".
Damals fing sie als Hilfsorganisation an und hat z.B. die Müllabfuhr,
die Schulen, Krankenhäuser sowie Heime im Süden Beiruts
während dieser Kriegssituation am Leben gehalten. Ich kenne
selber Mitglieder der Hisbollah, die im Privatleben völlig
normalen Berufen nachgehen, wie Handwerker, Händler, selbst
Ingenieure, die aber in einer solchen Situation dann auch zur Waffe
greifen.
skyluke: Wie beurteilen Sie die Informationspolitik
der Hisbollah? Ist sie schon so professionell, wie es den Eindruck
hat – mit fingierten Nachrichten?
Patrick Leclercq: Die ist absolut professionell. Hisbollah hat
ja auch einen nach wie vor – trotz vieler Bombardierungen – funktionierenden
Propagandasender mit dem Namen "al-Manar", übersetzt
"der Leuchtturm". Wir haben dieses Programm bei uns ständig
laufen, weil bis ins kleinste Detail über den letzten Stand
der Kämpfe informiert wird. Natürlich sollte man davon
ausgehen, dass viele Informationen so nicht unbedingt stimmen. Aber
die Hisbollah ist insgesamt, was den Propagandakrieg angeht, ausgezeichnet
aufgestellt.
hasouneh: Was können Sie über die Angaben
der Todesopfer der Hisbollah-Kämpfer in den israelischen Medien
sagen. Realistisch?
Patrick Leclercq: Die Hisbollah selber gibt bisher keine Zahlen
über tote Kämpfer heraus. Was die israelischen Angaben
angeht, denke ich: Die sollte man mit Vorsicht genießen, eben,
weil wir uns in einem Krieg befinden.
noway: Welcher Erfolg für Israel ist im Höchstfall
durch die Militäroperationen überhaupt denkbar? Die Hisbollah
wird dadurch wohl kaum zerschlagen oder dauerhaft neutralisiert
werden?
Patrick Leclercq: Gute Frage. Maximal die Einrichtung einer Pufferzone,
die von internationalen Truppen überwacht wird. Man muss aber
davon ausgehen, dass es trotzdem immer wieder Angriffe auf den Staat
Israel geben wird. In den siebzigern und Anfang der achtziger Jahre
war das die PLO, dann folgten die Amman-Milizen, jetzt ist es die
Hisbollah – und wer weiß, wer es in 10 Jahren ist.
MarkusNRW: Sehr geehrter Herr Leclercq, wie stehen
Sie zu der Aussage von Ex-Außenminister Fischer, der sich
derzeit im Iran aufhält, der Iran könne eventuell als
Vermittler ins Kriegsgeschehen eingreifen? Ich wünsche Ihnen
und Ihrem Team alles Gute und bleiben Sie gesund!
Patrick Leclercq: Ich bedanke mich auch für mein Team und
glaube, Herr Fischer hat Recht. Der Iran war und ist der Pate oder
der Ziehvater der Hisbollah, nicht nur militärisch, sondern
mindestens genauso wichtig ideologisch. Wenn der Iran die Hisbollah
auffordert, etwas zu tun, dann hat das den Charakter eines Befehls.
marnie: Guten Morgen. Denken Sie, dass die Hisbollah
durch ein "Absägen" der oberen Führungsebene
entscheidend geschwächt würde oder würde sich innerhalb
kürzester Zeit eine neue Führungsebene ergeben und die
Kämpfe aufgrund der Autonomie der einzelnen Kampftruppen gleichermaßen
weitergehen?
Patrick Leclercq: Es hat in der Vergangenheit mehrere Führer
der Hisbollah gegeben. Nicht alle waren sicher so charismatisch
wie Hassan Nassrallah. Aber angenommen, er käme ums Leben wie
seine Vorgänger, würde das die ideologische und militärische
Kampfkraft der Hisbollah meiner Meinung nach nicht schwächen.
Es würden sich andere Führungskräfte finden. Auf
der Operationsbasis gingen die Kämpfe weiter wie bisher.
rttr: Wie ist die Stimmung unter der christlichen
Bevölkerung des Libanon – pro oder contra Israel/Hisbollah?
Patrick Leclercq: Die Stimmung war zu Beginn der Kämpfe eher
gegen die Hisbollah und ihr Vorgehen. Durch die hohe Zahl an Toten
Libanesen und die hohen materiellen Schäden und auch die Angriffe
selbst auf den christlichen Teil des Landes ist diese Stimmung gekippt.
Die Libanesen empfinden sich insgesamt im Krieg als Opfer, auch
die Christen, so dass im Moment die Hisbollah eher profitiert.
basti007: Wie wird Israel auf einen Beschuss Tel
Avivs reagieren? Droht dann ein wirklicher Krieg?
Patrick Leclercq: Ja, ich denke, wenn das passieren sollte, würde
sicher die komplette Kriegsmaschinerie ausgelöst. Im Moment
kann man sagen, dass "nur" begrenzt militärisch vorgegangen
wird.
StBKK: Kann man als westlich aussehender Mensch
in Beirut unbehelligt auf die Strasse gehen? Ist der Hass gegen
die USA und alles westliche groß? Wird differenziert zwischen
USA und Europa oder Deutschland?
Patrick Leclercq: Beirut ist traditionell eine Weltstadt wie London
oder Paris. Es ist für Europäer und selbst für Amerikaner
völlig unproblematisch, sich in Beirut zu bewegen oder zu leben.
Es ist nur in den südlichen Vororten, die überwiegend
schiitisch sind und die auch von der Hisbollah kontrolliert werden,
nicht ratsam für Ausländer, sich allein dort zu bewegen.
Das war aber auch schon lange vor dem Krieg so.
andreasw: Wären sie derzeit lieber an einem
anderen Ort als Korrespondent tätig? Wie würden sie ihr
persönliches Verhältnis zum Libanon beschreiben?
Patrick Leclercq: Ich habe ein, glaube ich, sehr persönliches
Verhältnis zum Libanon. Es ist in unserem Berichtsgebiet mein
Lieblingsland. Ich habe hier seit Jahrzehnten sehr viele Freunde,
nicht nur in Beirut, auch in anderen Teilen des Landes. Ich kann
sagen, ich fühle mich hier wohl, so komisch das unter diesen
Umständen klingen mag. Und ich hoffe nur, dass den Libanesen
ihr schönes Land nicht ganz kaputt gemacht wird.
nummer5: Fangen die kriegerischen Auseinandersetzungen,
die wir jetzt sehen, nicht schon in den Köpfen der Kinder an?
Woher kommt diese Bildung?
Patrick Leclercq: Das ist leider so der Fall. Und ist eben entsprechend
beschädigt.
Burgund: Ich vermute, dass es auf beiden Seiten
eine Menge Menschen gibt, die diesen Konflikt in keiner Weise befürworten.
Stimmt das? Und haben diese Menschen denn keinen Einfluss?
Patrick Leclercq: Das stimmt, das sind insbesondere die jungen
Leute, die eigentlich auf beide Seiten ihr Leben in Ruhe leben wollen,
auch entsprechend einem Beruf nachgehen wollen. Sie haben nur das
Pech, auch auf beiden Seiten, Opfer eines Konfliktes zu sein, der
die Welt seit über 50 Jahren immer wieder beschäftigt.
Und wo die internationale Gemeinschaft noch immer keine Lösung
gefunden hat.
rohe_m: Halten sie es für wahrscheinlich,
dass es in absehbarer Zeit zu einer erneuten, eventuell länger
andauernden Waffenruhe kommt, weil sie von Condoleeza Rice angesprochen
wurde?
Patrick Leclercq: Es wird in den nächsten Wochen zu einer
Waffenruhe kommen. Sie wird sicher auch eine gewisse Zeit anhalten,
allein aus dem Grunde, dass beide Konfliktparteien sich erst einmal
genug geschwächt haben. Das heißt aber nicht, dass in
der Zukunft solche Auseinandersetzungen nicht mehr stattfinden werden.
Lucks: Sehr geehrter Herr Leclercq, inwiefern
ist dieser Konflikt ein anderer, als der Krieg Israels von 1982
und die Okkupation bis 2002? Wodurch unterscheiden sich die Konflikte?
Patrick Leclercq: Der ganz große Unterschied ist dieses Mal,
dass Libanesen selbst gegen Israel kämpfen. Das heißt,
dass der Rückhalt im Libanon durch ein solches Vorgehen völlig
anders ist als z.B. damals für die PLO, die ja im Prinzip im
Libanon und im Beirut nichts zu suchen hatte.
supertobi: Halten sich denn noch israelische Kollegen
im Libanon auf? Falls ja: Wie wirkt sich denn das unsägliche
Leid dort auf ihre Arbeit aus?
Patrick Leclercq: Ich persönlich habe noch keine getroffen,
kann mich aber erinnern, dass das in früheren Zeiten durchaus
der Fall war. Das Problem dürfte dieses Mal für israelische
Kollegen die Einreise sein. Syrien würde sie mit Sicherheit
zurückweisen.
Moderator: Woher bekommen israelische Journalisten
ihre Informationen?
Patrick Leclercq: Die israelischen Journalisten befinden sich sozusagen
auf den Spuren der israelischen Armee. Sie müssen sich also
vorstellen, dass sie praktisch den israelischen Soldaten nachrücken
oder auch "embedded" sind und sich so ihre Informationen
beschaffen.
Mischa-E: Ständige Auseinandersetzungen mit
radikalen Palästinensern, jetzt ein Krieg mit der Hisbollah
im Libanon: Syrien und der Iran sind nicht weit von einer Beteiligung
entfernt. Wie weit kann Israel noch gehen und wie weit werden die
USA das mittragen?
Patrick Leclercq: Israel wird immer soweit gehen, wie es meint,
dass es notwendig ist, um seine Sicherheit zu gewährleisten.
Sicherheit ist das große Stichwort, wenn man die Politik Israels
verstehen will.
ojo: Wird in ihrem Arbeitsalltag von einer der
Seiten, oder beiden Seiten, versucht, auf Ihre Berichterstattung
Einfluss zu nehmen? Wenn ja, in welcher Form?
Patrick Leclercq: Hier im Libanon findet keinerlei Zensur statt
im Gegensatz zu anderen arabischen Ländern. Das war übrigens
schon immer so. Es gibt wahrscheinlich im Libanon die beste Presse
in der arabischen Welt. Auflagen gibt es, z.B. wenn wir Einrichtungen
der Hisbollah filmen wollen oder wenn wir uns in einem Gebiet bewegen
wollen, das von der Hisbollah kontrolliert wird.
Swann: Haben Sie Informationen, inwieweit die
Zivilbevölkerung aus dem Süden Libanons geflohen ist?
Wird diese Flucht möglicherweise von Dauer sein?
Patrick Leclercq: Es sind im Moment rund eine Million Menschen.
Man muss in diesem Zusammenhang, glaube ich, inzwischen von einer
Vertreibung sprechen. Es gibt Kollegen, die der Ansicht sind, dieses
sei ein auf Dauer angelegtes Szenario für den Süden des
Libanon. Ich persönlich glaube und hoffe das nicht. Ich denke,
die Menschen werden in einigen Wochen in ihre Dörfer zurückkehren
können. Allerdings: Die Dörfer sind großteils zerstört
und die Infrastruktur auch.
Moderator: Das waren 60 hochinteressante Minuten
tagesschau-Chat mit dem ARD-Korrespondent Patrick Leclercq. Wir
bedanken uns bei allen, die mitgemacht haben und bitten um Verständnis,
dass wir nicht alle Fragen berücksichtigen konnten. Besonderer
Dank gilt Patrick Leclercq, der sich trotz der schwierigen Umstände
Zeit für uns genommen hat.
Patrick Leclercq: Ich bedanke mich auch für
das große Interesse. Wir bekommen ja die Stimmungslage in
Deutschland nur zum kleinen Teil mit. Deshalb ergibt sich für
mich aus den Fragen ein hochinteressantes Bild.