Ist es verwunderlich, dass PRISM und prison so unglaublich ähnlich klingen? Nur wer ‘genau hinschaut’, erkennt den Unterschied, das tun aber offensichtlich nicht alle. Neue, künftige Debatten um Netzpolitik und die Sicherheit im Internet, Anonymität et cetera sind vorprogrammiert. Ob man sich nun auf föderaler Ebene oder mit extrem verminderter Geschwindigkeit den Themen nähert, ob man journalistisch zu Felde zieht oder die Ideen aus der Mitte des Volkes kommen… Vorsicht! Obacht! Augen auf! Es steht viel auf dem Spiel, nämlich nicht weniger als die Sicherheit, und zwar online wie offline.

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Was haben das Internet der Zukunft und ein ICE gemeinsam? Richtig, es gibt in beidem zwei Klassen. Der entscheidende Unterschied ist jedoch, dass man mit der Eisenbahn in der zweiten Klasse genauso schnell unterwegs ist wie in der ersten. Die Telekom tut bekanntermaßen ihr möglichstes, um dies im WWW zu unterbinden und ein Zwei-Klassen-Internet einzuführen. Dahinter können eigentlich nur ökonomische Interessen stecken, denn durch schnellere, stärkere (=teurere) Verbindungen für die Kunden und Verträge für vom normalen Flatrate-Traffic ausgenommene ‘Premiumanbieter’ lässt sich schön doppelt abkassieren. Die abzusehende Folge: Kunden, die sich keine leistungsstärkere Verbindung leisten können oder wollen, surfen nach Verbrauch eines bestimmten Datenvolumens in der Geschwindigkeit einer Museumsbahn; Contentanbieter, die keinen Premiumvertrag mit der Telekom schließen wollen oder können (z.B. aus finanziellen Gründen), werden über kurz oder lang wegsterben. Gern geschehen, Ihre Telekom.

Wir doch nicht!

Die PRISM-Enthüllung war eines der Top-Themen der vergangenen Woche. Neben der US-Regierung stehen dabei auch eine handvoll Internetkonzerne im Zentrum der Kritik; diese sollen die Sicherheitsbehörde NSA laut Informant Snowden auch ohne Gerichtsbechluss bereitwillig mit den Daten ihrer Nutzer versorgt haben. Im Social-Media-Land fürchtet man nun um die eigene Reputation und selbstverständlich auch um die Geschäfte; die aktuelle Debatte könnte zu einem vorsichtigeren Umgang mit persönlichen Daten im Internet führen. Google, Facebook und Twitter starteten nun die Flucht nach vorne und versicherten, dass niemand Zugang zu den Nutzerdaten habe und man freiwillig niemals Daten preisgebe, nur auf richterlichen Beschluss hin. Zudem wünscht man sich von Seiten der Regierung mehr Offenheit. Ob solch ein Blauer Brief im Weißen Haus für mehr Durchsicht sorgt, scheint allerdings unwahrscheinlich.

Sicher ist sicher

Digitale Überwachung soweit das Auge reicht. Soziale Netzwerke, E-Mails, Telefongespräche, der (US-amerikanische) Staat weiss nahezu alles über alles und jeden. Das ist ohne Frage ein Grund zur Besorgnis. Die Reaktionen aus Politik und Zivilgesellschaft fielen in den letzten Tagen entsprechend aus. Eine von Zeit Online in Auftrag gegebene Umfrage ermittelte nun jedoch, dass knapp die Hälfte aller Befragten sich “nicht von den USA überwacht” fühlen; 40% gaben gar an, die Überwachung der Kommunikation im Internet gut zu finden. Kommunikationsinstrumente wie Facebook, denen eine Mammutrolle bei der Beschaffung der gesammelten Daten vorgeworfen wird, scheinen bei den Nutzern scheinbar relativ unbeschadet davonzukommen: die Hälfte aller Befragten wollen die sozialen Dienste auch künftig für private Kommunikationszwecke nutzen. Der Grund dürfte die größere Angst vor Terroranschlägen als vor totaler Überwachung, sein, oder auch die Auffassung, keine sensiblen Informationen online auszutauschen.

Kein Klein-Klein

Medien- und Rundfunkpolitik ist in Deutschland Ländersache. Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) möchte nun auch die Netzpolitik im föderalen System verankern, die Medienkommission der Länder solle künftig für Fragen rund ums Internet zuständig sein. Der grüne Netzpolitiker Malte Spitz stellt sich dieser Idee der kompletten Regionalisierung netzpolitischer Angelegenheiten jedoch entschieden entgegen. Er bezweifelt, dass dies funktionieren würde und sinnvoll sei angesichts der globalen Auswirkungen des digitalen Wandels auf Gesellschaft, Wirtschaft und Demokratie. Spitz fürchtet explizit eine “intransparente Hinterzimmerpolitik”, die “landesbezogenen Einzelinteressen” in der Netzpolitik Vorschub leisten würde, nicht jedoch gesellschaftlichen Konsens herstellen würde. Vielmehr seien starke multinationale Strukturen nötig, um die weltweit auftretenden  Fragen und Probleme in Sachen Netzpolitik effizient angehen zu können.

Ein bisschen Anstand, bitte!

In der (angeblichen) Anonymität des Internets fällt es nicht schwer, auch mal beleidigend und abwertend zu werden, der Weg von der Tastatur bis unter die Gürtellinie ist nicht sehr weit. Man sollte es nicht meinen in der heutigen aufgeklärten Welt, aber dennoch sind häufig Frauen und besonders Feministinnen Opfer von Cyber-Mobbing.  Die Britin Laurie Penny, Feministin und Online-Aktivistin, erzählt im Interview, wie es ihr dabei ergangen ist und was es heißt, tiefe Beleidigungen unter selbst verfassten Texten im Netz lesen zu müssen. Das ging bei der jungen Journalistin so weit, dass sie daran dachte, ihre publizistische Arbeit einzustellen. “Ich spüre Sexismus stärker online als offline”, sagt sie und spricht sich daher auch dafür aus, gewalttätige Drohungen im Internet nicht als Bagatelle zu behandeln. “Wenn die Leute verstehen, dass ihre sexistischen Äußerungen online Auswirkungen auf ihr Leben offline haben, werden sie aufhorchen”. Bei aller Liebe zur Freiheit im Netz, manchmal trägt diese auch sehr faule Früchte, Online-Mobbing ist ein gesellschaftliches Problem!

Wo ein Wille ist, ist auch…?

Eine wichtige Errungenschaft der Demokratie ist die Mitbestimmung: Bürger sollen nicht nur am Wahltag durch zwei Kreuze für Partei und Kandidat in den politischen Prozess involviert werden, sondern auch ganz konkret, beispielsweise durch Petitionen, Gesetzesinitiativen anstoßen dürfen. Online-Petitionen sind dabei ein beliebtes Mittel, gesellschaftlich relevante Themen auf die Agenda zu setzen; siehe etwa die Petition zur Netzneutralität, die in den vergangenen Wochen über 75.000 Unterzeichner fand. Doch bewirkt solch ein Mitbestimmungsinstrument real überhaupt etwas? Bisher gab es bei täglich bis zu 60(!) Anträgen nur eine einzige Online-Petition, die letztendlich in ein Gesetz gegossen wurde; etwa 1.000 befinden sich “in der Prüfung”, manche sogar seit gut 6 Jahren. Zudem erschwert das für eine Anhörung im Petitionsausschuss des Bundestages nötige Quorum von 50.000 Unterzeichnern, das sinnfreie Anträge aussortieren soll, eine nähere Beschäftigung mit dem jeweiligen Thema. Alles in allem muss die Frage erlaubt sein, ob Online-Petitionen tatsächlich eine Politik im Sinne der Bürger ermöglichen sollen oder doch nur eine angestaubte demokratische Gepflogenheit ohne ernsthafte Umsetzungsbemühungen seitens der Volksvertreter darstellen.

Gehirn aus und Häkchen dran

Die Fraktion der Linken hat im Bundestag einen Gesetzesentwurf vorgestellt, der endlich das elfjährige und somit veraltete Urheberrecht auf den neusten Stand bringen soll. Viele Praktiker und Experten seien sich einig, dass dieser Entwurf alle relevanten Aspekte abdecke und die Rechte der Urheber effektiv stärke. Verbot von “Total-Buy-out”-Knebelverträgen, einfachere Durchsetzung einer angemessenen Vergütung der Urheber, stärkere kündigungs- und Rückrufrechte der Autoren gegenüber den Verwertern, all dies und noch einiges mehr enthalte der vernünftige Vorschlag der Linken. Dabei betrifft das Urheberrecht nicht nur Autoren oder Komponisten: Ein jeder Internetnutzer, der irgendwo in sozialen Netzwerken einen Haken an die AGBs setzt, sollte sich im Sinne der eigenen Urheberrechte damit auseinandersetzen: “Ich akzeptiere” ist dort oft gleichbedeutend mit der kompletten Abtretung jeglicher Rechte an die Plattformbetreiber, ganz freiwillig und, besonders schlimm, ohne jegliches Hinterfragen.
Scheitern wird der Entwurf wohl vor allem daran, dass er von der Linken kommt und deshalb aus ideologischen Gründen abgelehnt werde, völlig unabhängig vom Inhalt.