Wie weit ist das Thema Open Data heute schon in Gesellschaft und Verwaltung verankert? Zeigen Verwaltung und Behörden Bereitschaft zu mehr Datentransparenz? Welche Probleme treten bei der Umsetzung auf? Lorenz Matzat referierte dazu auf der re:publica (#rp13) und stellte sich im Gespräch unseren Fragen.
Open Data – das ist die Vision, der Gesellschaft alle Daten, die von Staat und Politik gesammelt und erhoben werden, ohne Einschränkung digital und maschinenlesbar zugänglich zu machen. Die Idee von Open Data speist sich aus der Forderung, mit Steuergeldern finanzierte Datensätze über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft dem Steuerzahler zur Verfügung zu stellen; er hat sie ja schließlich mitfinanziert. „Die Verwaltung sollte als eine Serviceeinrichtung des Bürgers agieren“, so das Plädoyer von Lorenz Matzat, Datenjournalist und Betreiber von OpenDataCity.
Politische Unterstützung? Fehlanzeige!
Konkret lautet die Forderung also, dass sich jeder unentgeltlich und mittels öffentlicher Daten über staatliches Handeln informieren können sollte. Und womit gleichzeitig ein höherer Grad an Partizipation ermöglicht würde. Dies ist bislang jedoch nur ein Wunschgedanke, eine Vision, denn von vollständiger Behördentransparenz kann heute noch keine Rede sein. Politische Unterstützung und Rückendeckung von obersten Stellen gibt es derzeit kaum. „Auf der Agenda des Bundesinnenministeriums ist das Thema Open Data höchstens marginal vertreten“, so Matzat, „auch ein möglicher Wechsel zu einer rot-grünen Bundesregierung im Herbst würde wohl kaum spürbare Verbesserungen bewirken.” Das Thema Open Data hätte sich zwar durchaus in einigen Wahlprogrammen, z.B. zu vergangenen Landtagswahlen gefunden, tatsächlich passiert sei bisher jedoch relativ wenig, begründet Matzat seine Enttäuschung. Auf staatliche Unterstützung und notwendige Gesetzesinitiativen, die zu einer vollumfänglichen Veröffentlichung von Daten verpflichten, darf man demnach wohl vorerst vergeblich hoffen. Lorenz Matzat merkt zudem an, dass die Umsetzung gar nicht nur aus Staat und Politik heraus geschehen sollte: „Parteien und Verwaltung sind oft zu sehr miteinander verwoben“. Ein Transparent-machen öffentlicher Daten scheitere demnach oftmals schon daran, dass Behörden in ihren Abläufen zu festgefahren seien und daher wenig Bereitschaft zeigten, Daten offenzulegen. „Open Data heißt auch, viele alte Zöpfe in der Verwaltung abzuschneiden. Die eigene Bereitschaft dazu ist natürlich nicht sonderlich groß“.
Wo lässt sich also ansetzen? Matzat findet: „Die Zivilgesellschaft ist in diesem Punkt gefragt. Die Verwaltung ist schlecht greifbar, deswegen müssen die Bürger Druck auf Politik und Parteien ausüben.” Open Data müsse notfalls auch gegen die Verwaltung und ihre institutionellen Interessen durchgesetzt werden.
Kommunale Forschritte
Herrscht also für Open Data gerade kompletter Stillstand? Nicht ganz. Experte Matzat hat auch positive Entwicklungen zu vermelden, etwa die EU-Richtlinie „Inspire“, die eine Offenlegung von Umwelt- und Geodaten und deren kostenlose, öffentliche Nutzung vorschreibt. „Das Bundesamt für Kartographie musste daraufhin Daten veröffentlichen, die vorher verkauft wurden“. Das Problem dabei: „Auch das geschah nur unter Zwang. Eigene Initiativen zur Datenveröffentlichung gibt es leider viel zu selten.“ Besser sehe es da auf kommunaler und regionaler Ebene aus, wo es mit Städten wie Hamburg, Bremen, Wuppertal und Rostock Orte mit großer Eigeninitiative gäbe. „Dies kommt aber leider nur vereinzelt vor. Die gesamtgesellschaftlich interessantesten Daten befinden sich ohnehin auf Bundesebene, wo die Datenveröffentlichung weit hinter unseren Vorstellungen hinterherhinkt“. Was sollte geschehen? „Die Gesellschaft muss erkennen, dass sie von offen zugänglichen Daten profitieren kann. Jeder sollte die Möglichkeit haben, sich anhand offener Daten in Echtzeit und ohne Zugangssperre umfassend über alle Vorgänge informieren zu können”. Offene Daten können so helfen, komplexe Vorgänge besser nachvollziehen zu können. “Es darf keine Zugangsbeschränkung zu Daten geben, die von allgemeinem und öffentlichem Interesse sind.” Was die staatlichen Bemühungen angeht, so sieht Matzat noch “viel Luft nach oben.“
Befürchtungen, der Datenschutz könnte mit der Veröffentlichung von persönlichen Daten ausgehebelt werden, kann Lorenz Matzat entkräften: „Bei Open Data geht es mitnichten darum, persönliche Daten offenzulegen! Vielmehr geht es ganz explizit um Daten, die den Staat und sein Handeln beschreiben und dadurch von gesellschaftlichem Nutzen sind.“
Bilder: Tobias Schwarz (CC BY SA)
Die ganze “open data” – Debatte sollte vielleicht mit dem Hintergrund diskutiert werden, inwieweit jedem einzelnen Bürger es überhaupt bewusst ist, was data und dem entsprechend open data ist.
Die meisten Menschen können sich nicht vorstellen wo und wie und vor allem was immer und überall mittlerweile an Daten gesammelt wird.
Schon gar nicht der Großteil der Gesellschaft, nämlich die “ältere Riege”, die keine “digital natives” sind.
Vielleicht ein Appell an vermehrte Aufklärungskampagnen. Dann kann auch über das Ja und Nein via Volksabstimmung entschieden werden.