Seit dem 12. September sammelt die Piratenpartei Unterschriften für ihre  Online-Petition gegen das umstrittene Leistungsschutzrecht. Bisher sind rund 8.300 Stimmen zusammengekommen. Noch bis Mitte Oktober können Bürgerinnen und Bürger die Petition unterzeichnen. Über die Kritik an dieser Petition sprach politik-digital.de mit Matthias Spielkamp von iRights.info.

Der Münchner Hauptpetent Bruno Kramm,  Musikproduzent und Mitglied der Piratenpartei, hofft auf die erforderlichen 50.000 Unterschriften, die es braucht, um die Petition im Bundestag vorlegen zu lassen. Sein Ansinnen ist lobenswert, Kramm möchte erreichen, dass die Bundesregierung das geplante Leistungsschutzrecht für Presseverlage endgültig ablehnt. Doch liest man den Inhalt der Petitionim Wortlaut, finden sich einige Unklarheiten, die viele Bürger davon abhalten könnten, zu unterzeichnen.

Damit die Petition am 10. Oktober im Bundestag behandelt wird, müssen insgesamt 50.000 Menschen unterzeichnet haben. Seitens der Piratenpartei wurde dafür eine seit Beginn laufende E-Mail- und Social Media-Kamagne gestartet, die über den Umfang und die Auswirkungen des Leistungsschutzrechts (LSR) informieren soll. Für Oktober sind ein runder Tisch sowie Demonstrationen geplant, um die Öffentlichkeit auf das Thema aufmerksam zu machen. Zudem hat die Partei die ihrer Einschätzung nach wichtigsten Argumente gegen ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage zusammengetragen.

Zu schwammig, zu ungenau und nicht ganz durchdacht

Dass die Piraten die Initiative ergriffen haben, ist ohne Zweifel lobenswert und trotz der Kritik kann man die Petition guten Gewissens unterschreiben. Doch die fast unachtsam herangezogenen Artikel, die die Initiatoren offenbar dem Grundgesetz zuordnen, die teils vagen Formulierungen und nicht zuletzt der unübersichtliche Fließtext lassen eine gewisse Sorgsamkeit vermissen. Über juristische Ungenauigkeiten in der Begründung und die Erfolgswahrscheinlichkeit der Petition sprach politik-digital.de mit dem Journalisten und Betreiber des Informationsportals irights.info Matthias Spielkamp.

Spielkamp stört sich an den ungenauen Formulierungen und vor allem an den bezugslosen Artikeln am Anfang des Begründungstexts. Bereits kurz nach dem Start der E-Petition konnte man in den Kommentaren auf der Seite der „Petition 35009“  lesen, dass die Nutzer den Vorwurf der Verfassungswidrigkeit kritisieren. So ist in einem Kommentar zu lesen: „Keine Mitzeichnung. Nach ‘verfassungswidrig nach Artikel 3, 5 oder 19’ habe ich aufgehört, die Begründung zu lesen.“  Ähnlich problematisch sieht das auch Matthias Spielkamp: „Es hätte eigentlich genau an dieser Stelle eine Erläuterung erfolgen müssen. So einen starken Vorwurf wie die Verfassungswidrigkeit darf man nicht ohne Begründung stehen lassen. Das führt dazu, dass die Petition unverständlich wird und der Zweck bzw. die Idee einer solchen verloren geht. Das ist für eine derart wichtige Petition leider keine Auszeichnung.“

Seitens der Initiatoren gibt es zu der strittigen Formulierung im ersten Satz des Begründungstexts bisher nur eine einzige Antwort. In der heißt es sinngemäß, man habe sich von Juristen beraten lassen, und diese hätten den Text in Kooperation so aufgesetzt. Der kritische Kommentar war mit Links unterlegt, die als Erklärung dienten. Doch die sind auf der Seite nicht mehr zu finden. Sie wurden offenbar gelöscht. Matthias Spielkamp kann sich das nicht erklären. Dem Kommentar von Nina Galla dazu ist zu entnehmen: „Die Links (URLs) wurden vom Moderator gelöscht, da Links (URLs) auf andere Webseiten nicht zugelassen sind. Links (URLs) sind nur als Quellenangabe für ein Zitat erlaubt. Bitte beachten Sie die Richtlinie.“ Für das Löschen findet Spielkamp trotzdem deutliche Worte: „Das ist keine gute Strategie. Es wäre auch hilfreich, wenn sich Bruno Kramm zu den kritischen Kommentaren äußern würde.“

50.000 Unterschriften – da muss noch was passieren

Auf die Frage, wie hoch er die Chance einschätzt, dass das nötige Quorum erreicht wird, antwortet Spielkamp vorsichtig: „Es müsste noch etwas passieren, was sehr viel Aufmerksamkeit erregt und positiv besetzt ist. Diejenigen, die sich ausschließlich über die Kommentare informieren, werden wohl kaum geneigt sein, zu unterschreiben.“

Auch stimmt Spielkamp dem Netzaktivisten  Markus Beckedahl zu, der es als „suboptimal“ bezeichnete, dass sich eine politische Partei einer Petition annehme, die eigentlich von allgemeinem Interesse sein sollte. So würden potentielle Unterzeichner aus anderen politischen Lagern abgeschreckt, bemängelt Spielkamp. „Es gäbe doch genügend Aktivisten, die sich bestens mit dem Thema auskennen. Wieso haben die bisher nichts in dieser Richtung unternommen?“, fragt er.

Die bisherige Informations- und Öffentlichkeitsarbeit der Piratenpartei fällt auch eher dürftig  aus. In der kurzen noch verbleibenden Zeit müsste mehr getan werden. Es sollten dringend alle Kommentare mit dazugehörigen Links gespeichert und sichtbar bleiben. Ebenso sollten sich offizielle Piratenvertreter vermehrt zu Wort melden und auf die Kommentare reagieren, damit die Initiative glaubwürdig bleibt, empfiehlt auch Matthias Spielkamp.

Dass das Leistungsschutzrecht ein komplexes Thema ist und es einigen Informationsaufwand im Vorfeld bedarf, bestätigt Spielkamp. Aus den gemachten Fehlern sollte man nun lernen. Falls diese Petition scheitert, könnte eine neue, klarer verständliche und präzise begründete Petition gestartet werden. Dass die  bislang fehlenden  41.700 Unterschriften noch rechtzeitig zusammenkommen, hält Matthias Spielkamp für unrealistisch. „Das ist leider eine große vertane Chance.“