Im Zuge der Entwicklung des Internets unter dem Schlagwort Web 2.0 sprießen immer mehr stark partizipative, web-basierte Services aus dem digitalen Boden. Robert Thurnher hat sich eines der noch nicht so bekannten Angebote,
Digg.com für politik-digital.de angesehen.


Der Name der Webanwendung Digg.com ist eine Anspielung auf „to dig“ (engl. für „graben“) und Programm. Die Funktion der Site ist simpel und schnell erklärt: Digg.com ist ein News-Portal. Es unterscheidet sich vor allem in der Art, wie die Berichte für die Website ausgewählt werden, denn bei Digg werden die Beiträge nicht etwa automatisiert oder von einer Redaktion ausgewählt, sondern durch seine Nutzer. Inhaltlich beschränkt sich Digg.com auf News aus dem Bereich Netztechnologie und veröffentlicht hauptsächlich englischsprachig.

Wie Digg.com funktioniert

Jeder bei Digg.com registrierte Nutzer kann anderen Nutzern Artikel empfehlen, die er auf einer beliebigen (News-) Site findet. Dazu trägt der Finder die URL des jeweiligen News-„Fundstücks“ auf Digg.com ein und schreibt noch ein paar beschreibende Zeilen dazu. Dieser Beitrag wird dann auf Digg.com veröffentlicht und steht zur „Bewertung“ durch andere Nutzer bereit. Diese Bewertung geschieht durch die Vergabe sogenannter „Diggs“, den Bewertungspunkten der empfohlenen Artikel. Jeder Nutzer kann einem Beitrag jeweils einen solchen Digg verleihen. Sobald eine bestimmte Anzahl Diggs für den jeweiligen Artikel erreicht wird, erscheint der Beitrag offiziell auf der Startseite/Homepage von Digg.com. Außerdem können die Beiträge kommentiert und mittels personalisierbarer Feeds abonniert werden. Posts, die das Prinzip von Digg missbrauchen, können gemeldet werden.

Der „Digg-Effekt“

Was eine auf die Startseite gediggte Story für Auswirkungen haben kann, lässt sich u.a. an
diesem Beispiel ersehen . Es handelte sich hierbei um einen „Amateur“-Artikel bzgl. „small budget photography“, dessen Popularität nach seinem Erscheinen auf Digg.com explosionsartig zunahm.

Vom Consumer zum Prosumer

Der Erfolg des Wandels im Agenda-Setting von Digg.com, weg von der zentralen Instanz einer Redaktion hin zum Gatekeeping durch die Nutzer, steht und fällt somit mit den Nutzern. Hier lässt sich eine Parallele zur Wikipedia ziehen, denn auch hier wird der Inhalt von den Nutzern kreiert und trotz einiger Probleme mit dieser Form des Publizierens scheint sich das Konzept zu bewähren. Hinweise hierzu liefert z.B. eine Untersuchung des
Wissenschafts-Journals Nature.

Digg.com – eine Erfolgsstory?

Seit seinem Start von etwa einem Jahr ist Digg eingeschlagen wie eine Bombe. Das behaupten jedenfalls das Web 2.0 Blog
„TechCrunch“ oder das Magazin
„Wired“. Hier wird Digg.com prognostiziert, seinem größten „Konkurrenten“
Slashdot.org früher oder später den Rang abzulaufen. Slashdot ist der bisherige Standard im Bereich „Tech-News“. Allerdings mitunter weniger stark partizipativ angelegt als Digg.

Die Zukunft?

Es gibt bereits einige Nachahmer und Erweiterungen sowie Web-2.0-typische Mashups . Letztere verknüpfen kurz und einfach gesagt wiederum einzelne partizipative Webangebote miteinander. Ein solcher Mashup ist
diggdot.us: Es handelt sich hierbei gewissermaßen um eine fusionierte Darstellung von Beiträgen auf Digg.com, Slashdot, sowie populären Bookmarks auf
del.icio.us. Ein Beispiel für eine Site, die Digg-Beiträge und Slashdot-Beiträgen chronologisch sortiert und bewertend gegenüberstellt, ist
diggvsdot.com.

Des Weiteren lässt sich
memeorandum.com nennen. Es ist eine Art News-Portal, das die neuesten und populärsten News, gemessen an der stärksten Verlinkung in der Blogosphäre, aus ca. 1000 ausgewählten Weblogs darstellt. Inhaltlich gibt es hier neben der (scheinbar zumindest bislang obligatorischen)
Tech-News-Rubrik eben auch bereits eine für Politik. Im Bereich der News-Publikationen ist also noch Einiges zu erwarten.

Nur ein Anfang?

Diese Art von Grassroot-Formaten wird derzeit immer populärer und es gilt abzuwarten, wie und wohin sich diese partizipativen Angebote weiterentwickeln werden. Ob sie, wie von Einigen propagiert, den klassischen Gatekeeper-Journalismus verdrängen, ist aber eher fraglich. Eine Verdrängung ist allerdings auch eigentlich gar nicht wirklich der Sinn und Zweck dieser Angebote. Es geht den Initiatoren vielmehr darum, den Angebotsmarkt um Alternativen zu bereichern. Angesichts einer offensichtlich immer stärker werdenden Medienkonzentration wird es mehr und mehr notwendig, adäquate Mittel und Wege für die Wahrung einer publizistischen Vielfalt zu finden und der Informationsflut Herr zu werden.