Stephan Eisel2012 war ein gutes netzpolitisches Jahr, weil der schnelle Absturz der Piratenpartei gezeigt hat, dass wer die Chancen des Internets sinnvoll nutzen will, auch seine Grenzen kennen muss.

Erneut sieht der (N)ONLINER Atlas 2012 nur 38 Pro­zent der Bürger in der digitalen Alltagswelt angekommen. In der Demokratie darf es keine Ausschließlichkeit der digitalen Welt geben. Das Internet ist auch nicht per se demokratisch. Es offenbart gerade dort die Relativität seiner Relevanz, wo es als Abstimmungstool genutzt wird: Selbst von den Piraten, die sich über die kontinuierliche Entscheidungsfindung im Netz definieren, hat sich nur ein Drittel bei der internen Abstimmungsplattform „Liquid Feedback“ registriert. An den Einzelabstimmungen beteiligt sich nur ein harter Kern von weniger als fünf Prozent. 2012 hat mit dem Hype um die Piraten als Internetpartei begonnen und endet mit ihrem Niedergang. Damit hat sich die nüchterne reflektierte Betrachtung des Internets gegen naive Erlösungsphantasien durchgesetzt: Technikfaszination landet ohne Demokratiekompetenz eben in der Sackgasse.

Stephan Eisel ist Autor des Buchs „Internet und Demokratie“ und betreibt mehrere Internetblogs. Bis 2009 war er Mitglied des Deutschen Bundestages und ist seitdem in der Konrad-Adenauer-Stiftung Leiter des Projekts „Bürgerbeteiligung“.

Privacy Preference Center